Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Landung in den Weg; und die grim-
migen Blicke, die er auf mich schoß, liessen
mich nicht zweifelhaft, daß er mich für sei-
nen Angeber erkannte, dessen Aussagen ihn
ohne Zweifel in's Verderben stürzen würden.
Jndessen mußte ihn doch gleich sein erstes
Verhör eines Bessern belehrt und er gefun-
den haben, daß im Gegentheil meine abgege-
bene Erklärung zu seinem Vortheil lautete:
denn er ließ mich am andern Tage zu sich
bitten, fiel mir dankbar um den Hals, wußte
nicht, was er mir zu Liebe thun sollte, und
nöthigte mich, eine Rolle Taback, sammt 20
Pfund Zucker, zum Geschenk von ihm an-
zunehmen.

Obwohl nun mein Geschäft an diesem
Platze beendigt war, so hielt mich doch Herr
Peter Wortmann von Einem Tage zum An-
dern bei sich auf; sey es, daß er irgend ein
absonderliches Wohlgefallen an mir gefunden,
oder daß sonst Neugier und Langeweile ihn
plagten: denn des Fragens, sowohl nach
meinen persönlichen Umständen, als überhaupt
nach Neuigkeiten aus Europa, wollte kein
Ende werden. Das war freilich auch eben
so erklärbar, als verzeihlich. Die Ansiedler
in diesen afrikanischen Niederlassungen leben
so abgeschieden von der ganzen übrigen Welt,
daß sie nur in langen Zwischenräumen er-
fahren, was sich daheim und andrer Orten

ſeiner Landung in den Weg; und die grim-
migen Blicke, die er auf mich ſchoß, lieſſen
mich nicht zweifelhaft, daß er mich fuͤr ſei-
nen Angeber erkannte, deſſen Ausſagen ihn
ohne Zweifel in’s Verderben ſtuͤrzen wuͤrden.
Jndeſſen mußte ihn doch gleich ſein erſtes
Verhoͤr eines Beſſern belehrt und er gefun-
den haben, daß im Gegentheil meine abgege-
bene Erklaͤrung zu ſeinem Vortheil lautete:
denn er ließ mich am andern Tage zu ſich
bitten, fiel mir dankbar um den Hals, wußte
nicht, was er mir zu Liebe thun ſollte, und
noͤthigte mich, eine Rolle Taback, ſammt 20
Pfund Zucker, zum Geſchenk von ihm an-
zunehmen.

Obwohl nun mein Geſchaͤft an dieſem
Platze beendigt war, ſo hielt mich doch Herr
Peter Wortmann von Einem Tage zum An-
dern bei ſich auf; ſey es, daß er irgend ein
abſonderliches Wohlgefallen an mir gefunden,
oder daß ſonſt Neugier und Langeweile ihn
plagten: denn des Fragens, ſowohl nach
meinen perſoͤnlichen Umſtaͤnden, als uͤberhaupt
nach Neuigkeiten aus Europa, wollte kein
Ende werden. Das war freilich auch eben
ſo erklaͤrbar, als verzeihlich. Die Anſiedler
in dieſen afrikaniſchen Niederlaſſungen leben
ſo abgeſchieden von der ganzen uͤbrigen Welt,
daß ſie nur in langen Zwiſchenraͤumen er-
fahren, was ſich daheim und andrer Orten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="26"/>
&#x017F;einer Landung in den Weg; und die grim-<lb/>
migen Blicke, die er auf mich &#x017F;choß, lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
mich nicht zweifelhaft, daß er mich fu&#x0364;r &#x017F;ei-<lb/>
nen Angeber erkannte, de&#x017F;&#x017F;en Aus&#x017F;agen ihn<lb/>
ohne Zweifel in&#x2019;s Verderben &#x017F;tu&#x0364;rzen wu&#x0364;rden.<lb/>
Jnde&#x017F;&#x017F;en mußte ihn doch gleich &#x017F;ein er&#x017F;tes<lb/>
Verho&#x0364;r eines Be&#x017F;&#x017F;ern belehrt und er gefun-<lb/>
den haben, daß im Gegentheil meine abgege-<lb/>
bene Erkla&#x0364;rung zu &#x017F;einem Vortheil lautete:<lb/>
denn er ließ mich am andern Tage zu &#x017F;ich<lb/>
bitten, fiel mir dankbar um den Hals, wußte<lb/>
nicht, was er mir zu Liebe thun &#x017F;ollte, und<lb/>
no&#x0364;thigte mich, eine Rolle Taback, &#x017F;ammt 20<lb/>
Pfund Zucker, zum Ge&#x017F;chenk von ihm an-<lb/>
zunehmen.</p><lb/>
        <p>Obwohl nun mein Ge&#x017F;cha&#x0364;ft an die&#x017F;em<lb/>
Platze beendigt war, &#x017F;o hielt mich doch Herr<lb/>
Peter Wortmann von Einem Tage zum An-<lb/>
dern bei &#x017F;ich auf; &#x017F;ey es, daß er irgend ein<lb/>
ab&#x017F;onderliches Wohlgefallen an mir gefunden,<lb/>
oder daß &#x017F;on&#x017F;t Neugier und Langeweile ihn<lb/>
plagten: denn des Fragens, &#x017F;owohl nach<lb/>
meinen per&#x017F;o&#x0364;nlichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, als u&#x0364;berhaupt<lb/>
nach Neuigkeiten aus Europa, wollte kein<lb/>
Ende werden. Das war freilich auch eben<lb/>
&#x017F;o erkla&#x0364;rbar, als verzeihlich. Die An&#x017F;iedler<lb/>
in die&#x017F;en afrikani&#x017F;chen Niederla&#x017F;&#x017F;ungen leben<lb/>
&#x017F;o abge&#x017F;chieden von der ganzen u&#x0364;brigen Welt,<lb/>
daß &#x017F;ie nur in langen Zwi&#x017F;chenra&#x0364;umen er-<lb/>
fahren, was &#x017F;ich daheim und andrer Orten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0030] ſeiner Landung in den Weg; und die grim- migen Blicke, die er auf mich ſchoß, lieſſen mich nicht zweifelhaft, daß er mich fuͤr ſei- nen Angeber erkannte, deſſen Ausſagen ihn ohne Zweifel in’s Verderben ſtuͤrzen wuͤrden. Jndeſſen mußte ihn doch gleich ſein erſtes Verhoͤr eines Beſſern belehrt und er gefun- den haben, daß im Gegentheil meine abgege- bene Erklaͤrung zu ſeinem Vortheil lautete: denn er ließ mich am andern Tage zu ſich bitten, fiel mir dankbar um den Hals, wußte nicht, was er mir zu Liebe thun ſollte, und noͤthigte mich, eine Rolle Taback, ſammt 20 Pfund Zucker, zum Geſchenk von ihm an- zunehmen. Obwohl nun mein Geſchaͤft an dieſem Platze beendigt war, ſo hielt mich doch Herr Peter Wortmann von Einem Tage zum An- dern bei ſich auf; ſey es, daß er irgend ein abſonderliches Wohlgefallen an mir gefunden, oder daß ſonſt Neugier und Langeweile ihn plagten: denn des Fragens, ſowohl nach meinen perſoͤnlichen Umſtaͤnden, als uͤberhaupt nach Neuigkeiten aus Europa, wollte kein Ende werden. Das war freilich auch eben ſo erklaͤrbar, als verzeihlich. Die Anſiedler in dieſen afrikaniſchen Niederlaſſungen leben ſo abgeſchieden von der ganzen uͤbrigen Welt, daß ſie nur in langen Zwiſchenraͤumen er- fahren, was ſich daheim und andrer Orten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/30
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/30>, abgerufen am 24.11.2024.