schaftlichen Widersacher in Bewegung zu setzen. Um diese Absichten konnten und durften indeß nur Wenige wissen; und jemehr dadurch seine Entfernung als die Folge seiner Zwistigkeiten mit Loucadou erschien, um so schmerzlicher und un- muthiger war das allgemeine Bedauern, womit die Zeitung von derselben das ganze Publikum in unserm Orte erfüllte.
Jn diesen Tagen war es auch, wo ich mit dem bekannten Heinrich v. Bülow einen, in sei- ner Art sonderbaren Auftritt erlebte. Man weiß, daß es bei'm Ausbruch des Krieges für angemes- sen befunden wurde, diesen in seiner Originalität verkommenen Mann zu uns nach Colberg zu schaffen, wo er einige Zeit verblieb; von Vielen als ein Wunderthier angestaunt, von Andern mit unbilliger Geringschätzung behandelt, aber immer noch im Genuß einer leidlichen Freiheit, wie Staatsgefangene sie geniessen können. Leider suchte er nun in dieser letzten Zeit, und so auch bei uns, seine Grillen in der Flasche zu ersäu- fen; und so war er eines Abends, im trunknen Muthe, auf der Straße in Verdrießlichkeiten ge- rathen, worüber eine Bürger-Patrouille hinzu- kam und ihn, auf geleisteten Widerstand, auf der Hauptwache in einstweiligen Verwahrsam brachte.
Man kann denken, daß er gegen eine solche Maaßregel viel und mancherlei dreinzureden hatte. Jch kam zufällig darüber zu; hörte sein Toben
3. Bändchen. (7)
ſchaftlichen Widerſacher in Bewegung zu ſetzen. Um dieſe Abſichten konnten und durften indeß nur Wenige wiſſen; und jemehr dadurch ſeine Entfernung als die Folge ſeiner Zwiſtigkeiten mit Loucadou erſchien, um ſo ſchmerzlicher und un- muthiger war das allgemeine Bedauern, womit die Zeitung von derſelben das ganze Publikum in unſerm Orte erfuͤllte.
Jn dieſen Tagen war es auch, wo ich mit dem bekannten Heinrich v. Buͤlow einen, in ſei- ner Art ſonderbaren Auftritt erlebte. Man weiß, daß es bei’m Ausbruch des Krieges fuͤr angemeſ- ſen befunden wurde, dieſen in ſeiner Originalitaͤt verkommenen Mann zu uns nach Colberg zu ſchaffen, wo er einige Zeit verblieb; von Vielen als ein Wunderthier angeſtaunt, von Andern mit unbilliger Geringſchaͤtzung behandelt, aber immer noch im Genuß einer leidlichen Freiheit, wie Staatsgefangene ſie genieſſen koͤnnen. Leider ſuchte er nun in dieſer letzten Zeit, und ſo auch bei uns, ſeine Grillen in der Flaſche zu erſaͤu- fen; und ſo war er eines Abends, im trunknen Muthe, auf der Straße in Verdrießlichkeiten ge- rathen, woruͤber eine Buͤrger-Patrouille hinzu- kam und ihn, auf geleiſteten Widerſtand, auf der Hauptwache in einſtweiligen Verwahrſam brachte.
Man kann denken, daß er gegen eine ſolche Maaßregel viel und mancherlei dreinzureden hatte. Jch kam zufaͤllig daruͤber zu; hoͤrte ſein Toben
3. Bändchen. (7)
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ſchaftlichen Widerſacher in Bewegung zu ſetzen.
Um dieſe Abſichten konnten und durften indeß
nur Wenige wiſſen; und jemehr dadurch ſeine
Entfernung als die Folge ſeiner Zwiſtigkeiten mit
Loucadou erſchien, um ſo ſchmerzlicher und un-
muthiger war das allgemeine Bedauern, womit
die Zeitung von derſelben das ganze Publikum
in unſerm Orte erfuͤllte.
Jn dieſen Tagen war es auch, wo ich mit
dem bekannten Heinrich v. Buͤlow einen, in ſei-
ner Art ſonderbaren Auftritt erlebte. Man weiß,
daß es bei’m Ausbruch des Krieges fuͤr angemeſ-
ſen befunden wurde, dieſen in ſeiner Originalitaͤt
verkommenen Mann zu uns nach Colberg zu
ſchaffen, wo er einige Zeit verblieb; von Vielen
als ein Wunderthier angeſtaunt, von Andern mit
unbilliger Geringſchaͤtzung behandelt, aber immer
noch im Genuß einer leidlichen Freiheit, wie
Staatsgefangene ſie genieſſen koͤnnen. Leider
ſuchte er nun in dieſer letzten Zeit, und ſo auch
bei uns, ſeine Grillen in der Flaſche zu erſaͤu-
fen; und ſo war er eines Abends, im trunknen
Muthe, auf der Straße in Verdrießlichkeiten ge-
rathen, woruͤber eine Buͤrger-Patrouille hinzu-
kam und ihn, auf geleiſteten Widerſtand, auf
der Hauptwache in einſtweiligen Verwahrſam
brachte.
Man kann denken, daß er gegen eine ſolche
Maaßregel viel und mancherlei dreinzureden hatte.
Jch kam zufaͤllig daruͤber zu; hoͤrte ſein Toben
3. Bändchen. (7)
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/113>, abgerufen am 16.07.2024.
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