Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Probeschüsse aus dem dort aufgeführten schweren
Wurfgeschütz. Trotz der ansehnlichen Entfernung,
aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher
unschädlich geblieben waren, verfehlten doch diese
Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derselben
tödtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor
der Hauptwache. Die Wirksamkeit des nunmehr
zu erwartenden Bombardements stand uns also
klar vor Augen; und war bei dem bisherigen
Beschiessen nicht nur manches Haus zertrümmert,
sondern auch manches Menschenleben gefährdet
worden: so ließ sich, nicht ohne heimliches Grau-
sen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der
nächsten Zukunft bevorstehen möchte.

Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten,
stand uns von des Feindes Thätigkeit bereits in
der nächsten Nacht auf den 18. Mai bevor, in-
dem er die Schanze auf dem Wolfsberge über-
fiel und stürmte. Die Gegenwehr der Unsrigen,
so brav sie war, blieb dennoch der Ueberzahl und
dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachsen. Ein
Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das
Aussenwerk gieng verloren! Auf jede Weise aber
war dieser Verlust zu bedeutend und der Nach-
theil, wenn ein so wichtiger Punkt in Feindes
Händen bleiben sollte, zu empfindlich, als daß
unser Commandant nicht schnell und mit Anstren-
gung jeder Kraft darauf gesonnen hätte, sich wie-
derum Meister davon zu machen. Die größere
Hälfte der Besatzung ward aufgeboten, in Ko-

Probeſchuͤſſe aus dem dort aufgefuͤhrten ſchweren
Wurfgeſchuͤtz. Trotz der anſehnlichen Entfernung,
aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher
unſchaͤdlich geblieben waren, verfehlten doch dieſe
Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derſelben
toͤdtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor
der Hauptwache. Die Wirkſamkeit des nunmehr
zu erwartenden Bombardements ſtand uns alſo
klar vor Augen; und war bei dem bisherigen
Beſchieſſen nicht nur manches Haus zertruͤmmert,
ſondern auch manches Menſchenleben gefaͤhrdet
worden: ſo ließ ſich, nicht ohne heimliches Grau-
ſen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der
naͤchſten Zukunft bevorſtehen moͤchte.

Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten,
ſtand uns von des Feindes Thaͤtigkeit bereits in
der naͤchſten Nacht auf den 18. Mai bevor, in-
dem er die Schanze auf dem Wolfsberge uͤber-
fiel und ſtuͤrmte. Die Gegenwehr der Unſrigen,
ſo brav ſie war, blieb dennoch der Ueberzahl und
dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachſen. Ein
Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das
Auſſenwerk gieng verloren! Auf jede Weiſe aber
war dieſer Verluſt zu bedeutend und der Nach-
theil, wenn ein ſo wichtiger Punkt in Feindes
Haͤnden bleiben ſollte, zu empfindlich, als daß
unſer Commandant nicht ſchnell und mit Anſtren-
gung jeder Kraft darauf geſonnen haͤtte, ſich wie-
derum Meiſter davon zu machen. Die groͤßere
Haͤlfte der Beſatzung ward aufgeboten, in Ko-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="116"/>
Probe&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aus dem dort aufgefu&#x0364;hrten &#x017F;chweren<lb/>
Wurfge&#x017F;chu&#x0364;tz. Trotz der an&#x017F;ehnlichen Entfernung,<lb/>
aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher<lb/>
un&#x017F;cha&#x0364;dlich geblieben waren, verfehlten doch die&#x017F;e<lb/>
Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine der&#x017F;elben<lb/>
to&#x0364;dtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor<lb/>
der Hauptwache. Die Wirk&#x017F;amkeit des nunmehr<lb/>
zu erwartenden Bombardements &#x017F;tand uns al&#x017F;o<lb/>
klar vor Augen; und war bei dem bisherigen<lb/>
Be&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en nicht nur manches Haus zertru&#x0364;mmert,<lb/>
&#x017F;ondern auch manches Men&#x017F;chenleben gefa&#x0364;hrdet<lb/>
worden: &#x017F;o ließ &#x017F;ich, nicht ohne heimliches Grau-<lb/>
&#x017F;en, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;ten Zukunft bevor&#x017F;tehen mo&#x0364;chte.</p><lb/>
        <p>Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten,<lb/>
&#x017F;tand uns von des Feindes Tha&#x0364;tigkeit bereits in<lb/>
der na&#x0364;ch&#x017F;ten Nacht auf den 18. Mai bevor, in-<lb/>
dem er die Schanze auf dem Wolfsberge u&#x0364;ber-<lb/>
fiel und &#x017F;tu&#x0364;rmte. Die Gegenwehr der Un&#x017F;rigen,<lb/>
&#x017F;o brav &#x017F;ie war, blieb dennoch der Ueberzahl und<lb/>
dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewach&#x017F;en. Ein<lb/>
Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das<lb/>
Au&#x017F;&#x017F;enwerk gieng verloren! Auf jede Wei&#x017F;e aber<lb/>
war die&#x017F;er Verlu&#x017F;t zu bedeutend und der Nach-<lb/>
theil, wenn ein &#x017F;o wichtiger Punkt in Feindes<lb/>
Ha&#x0364;nden bleiben &#x017F;ollte, zu empfindlich, als daß<lb/>
un&#x017F;er Commandant nicht &#x017F;chnell und mit An&#x017F;tren-<lb/>
gung jeder Kraft darauf ge&#x017F;onnen ha&#x0364;tte, &#x017F;ich wie-<lb/>
derum Mei&#x017F;ter davon zu machen. Die gro&#x0364;ßere<lb/>
Ha&#x0364;lfte der Be&#x017F;atzung ward aufgeboten, in Ko-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0132] Probeſchuͤſſe aus dem dort aufgefuͤhrten ſchweren Wurfgeſchuͤtz. Trotz der anſehnlichen Entfernung, aus welcher die feindlichen Granaten uns bisher unſchaͤdlich geblieben waren, verfehlten doch dieſe Bomben ihres Zieles nicht: denn Eine derſelben toͤdtete einen Grenadier mitten in der Stadt vor der Hauptwache. Die Wirkſamkeit des nunmehr zu erwartenden Bombardements ſtand uns alſo klar vor Augen; und war bei dem bisherigen Beſchieſſen nicht nur manches Haus zertruͤmmert, ſondern auch manches Menſchenleben gefaͤhrdet worden: ſo ließ ſich, nicht ohne heimliches Grau- ſen, ahnen, wieviel Schreckliches uns noch in der naͤchſten Zukunft bevorſtehen moͤchte. Allein Schlimmeres noch, als wir ahneten, ſtand uns von des Feindes Thaͤtigkeit bereits in der naͤchſten Nacht auf den 18. Mai bevor, in- dem er die Schanze auf dem Wolfsberge uͤber- fiel und ſtuͤrmte. Die Gegenwehr der Unſrigen, ſo brav ſie war, blieb dennoch der Ueberzahl und dem wohlgeleiteten Angriff nicht gewachſen. Ein Theil fiel, ein Theil ward gefangen, und das Auſſenwerk gieng verloren! Auf jede Weiſe aber war dieſer Verluſt zu bedeutend und der Nach- theil, wenn ein ſo wichtiger Punkt in Feindes Haͤnden bleiben ſollte, zu empfindlich, als daß unſer Commandant nicht ſchnell und mit Anſtren- gung jeder Kraft darauf geſonnen haͤtte, ſich wie- derum Meiſter davon zu machen. Die groͤßere Haͤlfte der Beſatzung ward aufgeboten, in Ko-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/132
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/132>, abgerufen am 25.11.2024.