regelmäßige Zahlung der Löhnungen beinahe un- möglich gemacht wurde. Das Gouvernement, nachdem es die Bürger vergeblich zu einer baaren Anleihe aufgefordert (wozu zwar die Armen ihr Scherflein willig darbrachten, während die gro- ßen Kapitalisten dermalen nicht zu Hause waren) dachte auf einige Abhülfe durch Einführung einer eigenen Noth- und Belagerungs-Münze, wozu das Metall einer zersprungenen großen metalle- nen Kanone angewandt werden sollte. Allein es verstand sich Niemand in der Stadt auf's Prä- gen, und es war auch nicht die geringste Vor- richtung dazu vorhanden. Da erinnerte ich mich, daß ich vormals im holländischen Amerika eine Art von Papiergeld, zur Erleichterung des klei- nen Verkehrs unter den Pflanzern, im Gange gefunden hatte; und ich fand es zweckmäßig, die Einführung ähnlicher, obrigkeitlich gestempelter Münzzettel zu einem bestimmten Werthe zu em- pfehlen. Der Vorschlag wurde beachtet und durch eine, aus Seglerhaus-Verwandten und Bürger- Repräsentanten zusammengesetzte Commission wirk- lich ausgeführt. Die Billets, von zwei, vier und acht Groschen im Werthe, und auf der Rückseite durch den Stempel des Königl. Gouvernements- Siegels authorisirt, fanden willigen Eingang, wurden in der Folge eingelöst und viele, als Denkzeichen der überstandenen Drangsale, inne behalten oder, selbst über ihren Nennwerth, als
regelmaͤßige Zahlung der Loͤhnungen beinahe un- moͤglich gemacht wurde. Das Gouvernement, nachdem es die Buͤrger vergeblich zu einer baaren Anleihe aufgefordert (wozu zwar die Armen ihr Scherflein willig darbrachten, waͤhrend die gro- ßen Kapitaliſten dermalen nicht zu Hauſe waren) dachte auf einige Abhuͤlfe durch Einfuͤhrung einer eigenen Noth- und Belagerungs-Muͤnze, wozu das Metall einer zerſprungenen großen metalle- nen Kanone angewandt werden ſollte. Allein es verſtand ſich Niemand in der Stadt auf’s Praͤ- gen, und es war auch nicht die geringſte Vor- richtung dazu vorhanden. Da erinnerte ich mich, daß ich vormals im hollaͤndiſchen Amerika eine Art von Papiergeld, zur Erleichterung des klei- nen Verkehrs unter den Pflanzern, im Gange gefunden hatte; und ich fand es zweckmaͤßig, die Einfuͤhrung aͤhnlicher, obrigkeitlich geſtempelter Muͤnzzettel zu einem beſtimmten Werthe zu em- pfehlen. Der Vorſchlag wurde beachtet und durch eine, aus Seglerhaus-Verwandten und Buͤrger- Repraͤſentanten zuſammengeſetzte Commiſſion wirk- lich ausgefuͤhrt. Die Billets, von zwei, vier und acht Groſchen im Werthe, und auf der Ruͤckſeite durch den Stempel des Koͤnigl. Gouvernements- Siegels authoriſirt, fanden willigen Eingang, wurden in der Folge eingeloͤst und viele, als Denkzeichen der uͤberſtandenen Drangſale, inne behalten oder, ſelbſt uͤber ihren Nennwerth, als
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regelmaͤßige Zahlung der Loͤhnungen beinahe un-
moͤglich gemacht wurde. Das Gouvernement,
nachdem es die Buͤrger vergeblich zu einer baaren
Anleihe aufgefordert (wozu zwar die Armen ihr
Scherflein willig darbrachten, waͤhrend die gro-
ßen Kapitaliſten dermalen nicht zu Hauſe waren)
dachte auf einige Abhuͤlfe durch Einfuͤhrung einer
eigenen Noth- und Belagerungs-Muͤnze, wozu
das Metall einer zerſprungenen großen metalle-
nen Kanone angewandt werden ſollte. Allein es
verſtand ſich Niemand in der Stadt auf’s Praͤ-
gen, und es war auch nicht die geringſte Vor-
richtung dazu vorhanden. Da erinnerte ich mich,
daß ich vormals im hollaͤndiſchen Amerika eine
Art von Papiergeld, zur Erleichterung des klei-
nen Verkehrs unter den Pflanzern, im Gange
gefunden hatte; und ich fand es zweckmaͤßig, die
Einfuͤhrung aͤhnlicher, obrigkeitlich geſtempelter
Muͤnzzettel zu einem beſtimmten Werthe zu em-
pfehlen. Der Vorſchlag wurde beachtet und durch
eine, aus Seglerhaus-Verwandten und Buͤrger-
Repraͤſentanten zuſammengeſetzte Commiſſion wirk-
lich ausgefuͤhrt. Die Billets, von zwei, vier und
acht Groſchen im Werthe, und auf der Ruͤckſeite
durch den Stempel des Koͤnigl. Gouvernements-
Siegels authoriſirt, fanden willigen Eingang,
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/141>, abgerufen am 16.07.2024.
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