Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.gen können, daß ich glücklich und zufrieden lebte, Da fiel mir's denn schwer und immer schwe- gen koͤnnen, daß ich gluͤcklich und zufrieden lebte, Da fiel mir’s denn ſchwer und immer ſchwe- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0226" n="210"/> gen koͤnnen, daß ich gluͤcklich und zufrieden lebte,<lb/> wenn ich irgend bei meinen Hausgenoſſen, durch<lb/> die ich meine Geſchaͤfte betreiben mußte, nur<lb/> etwas von der Treue und Anhaͤnglichkeit gefun-<lb/> den haͤtte, auf die ich rechnete und die ich be-<lb/> durfte. Wenn aber das Geſinde, gegen fruͤhere<lb/> Zeiten gehalten, ſchon vor dem Kriege ziemlich<lb/> aus der Art geſchlagen ſchien, ſo hatte es nun-<lb/> mehr der Krieg ſelbſt, und das Beiſpiel der lo-<lb/> ckern franzoͤſiſchen Sitten, vollends verdorben;<lb/> und wenn ich auch zugeben wollte, daß ich, mit<lb/> meinen vorgeruͤckten Jahren, in meinen Forde-<lb/> rungen an die junge Welt etwas ſtrenger, und<lb/> mitunter auch wohl wunderlicher geworden, als<lb/> jene gutheiſſen wollte; ſo iſt’s darum nicht min-<lb/> der wahr, daß die, ſo mich zunaͤchſt umgaben,<lb/> nur ihrem eignen unerlaubten Nutzen nachgien-<lb/> gen und mich in meinem Haushalt auf jede moͤg-<lb/> liche Weiſe uͤbervortheilten.</p><lb/> <p>Da fiel mir’s denn ſchwer und immer ſchwe-<lb/> rer auf’s Herz, daß ich ſo ganz abgeſondert und<lb/> verlaſſen in der Welt daſtand. Jch zaͤhlte bereits<lb/> 75 Jahre; und in meinen Gedanken hatt’ ich<lb/> meine Lebensrechnung ſehr viel fruͤher abgeſchloſ-<lb/> ſen. Was ſollte mit mir werden, wenn Gott<lb/> mich noch nicht wollte? wenn nun die unver-<lb/> meidlichen Schwachheiten des Alters naͤher herzu-<lb/> traten? wenn Kraͤnklichkeit und koͤrperliche Lei-<lb/> den bei mir uͤberhand nahmen? wenn meine ed-<lb/> leren Sinne mich verlieſſen? wenn ich unver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0226]
gen koͤnnen, daß ich gluͤcklich und zufrieden lebte,
wenn ich irgend bei meinen Hausgenoſſen, durch
die ich meine Geſchaͤfte betreiben mußte, nur
etwas von der Treue und Anhaͤnglichkeit gefun-
den haͤtte, auf die ich rechnete und die ich be-
durfte. Wenn aber das Geſinde, gegen fruͤhere
Zeiten gehalten, ſchon vor dem Kriege ziemlich
aus der Art geſchlagen ſchien, ſo hatte es nun-
mehr der Krieg ſelbſt, und das Beiſpiel der lo-
ckern franzoͤſiſchen Sitten, vollends verdorben;
und wenn ich auch zugeben wollte, daß ich, mit
meinen vorgeruͤckten Jahren, in meinen Forde-
rungen an die junge Welt etwas ſtrenger, und
mitunter auch wohl wunderlicher geworden, als
jene gutheiſſen wollte; ſo iſt’s darum nicht min-
der wahr, daß die, ſo mich zunaͤchſt umgaben,
nur ihrem eignen unerlaubten Nutzen nachgien-
gen und mich in meinem Haushalt auf jede moͤg-
liche Weiſe uͤbervortheilten.
Da fiel mir’s denn ſchwer und immer ſchwe-
rer auf’s Herz, daß ich ſo ganz abgeſondert und
verlaſſen in der Welt daſtand. Jch zaͤhlte bereits
75 Jahre; und in meinen Gedanken hatt’ ich
meine Lebensrechnung ſehr viel fruͤher abgeſchloſ-
ſen. Was ſollte mit mir werden, wenn Gott
mich noch nicht wollte? wenn nun die unver-
meidlichen Schwachheiten des Alters naͤher herzu-
traten? wenn Kraͤnklichkeit und koͤrperliche Lei-
den bei mir uͤberhand nahmen? wenn meine ed-
leren Sinne mich verlieſſen? wenn ich unver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |