schien und einmal ein Exempel statuirt werden mußte! Gleich des andern Tages also kriegt' ich eine Vorladung vom Magistrat, am nächsten Morgen dieserwegen zu Rathhause zu erscheinen.
Jnzwischen hatt' es der Zufall gefügt, daß bei einem Gange durch die Stadt meine Augen auf das Mauerwerk der Kupferschmieds-Brücke sie- len, wo ich wahrnahm, daß beide Stirnmauern, auf welchen das Gebälke der Brücke ruhte, in sehr schadhaftem Stande, und die Eine derselben sogar zum Theil niedergeschossen sey; so daß durch das nächste, etwas schwere Fuhrwerk, das hin- über passirte, leicht ein Unglück entstehen könnte. Dies hatt' ich auch sofort, nach Bürgerpflicht, dem Stadt-Dirigenten, Landrath Sehlert, an- gezeigt, der sich von der vorhandenen Gefahr zur Stelle überzeugte und von Stund' an die Brücke sperren ließ. Daneben hatt' ich ihm vorgeschla- gen, daß es, zu Erneurung des Gemäuers kei- nes weiteren kostbaren Unterbaues und Gerüstes bedürfen werde, wenn man nur einen Bagger- Prahm von der Colberger Münde herbeischaffte und unter die Brücke brächte. Er billigte das; und ich hatte den Prahm auch wirklich herbei- geholt und unter der Brücke befestigt. Die Mau- rer aber waren seitdem auf demselben mit ihrer Arbeit beschäftigt.
Jndem ich nun zu der beschiedenen Zeit auf dem Wege nach dem Rathhause begriffen war, um meine Strafsentenz zu empfangen, sah ich
ſchien und einmal ein Exempel ſtatuirt werden mußte! Gleich des andern Tages alſo kriegt’ ich eine Vorladung vom Magiſtrat, am naͤchſten Morgen dieſerwegen zu Rathhauſe zu erſcheinen.
Jnzwiſchen hatt’ es der Zufall gefuͤgt, daß bei einem Gange durch die Stadt meine Augen auf das Mauerwerk der Kupferſchmieds-Bruͤcke ſie- len, wo ich wahrnahm, daß beide Stirnmauern, auf welchen das Gebaͤlke der Bruͤcke ruhte, in ſehr ſchadhaftem Stande, und die Eine derſelben ſogar zum Theil niedergeſchoſſen ſey; ſo daß durch das naͤchſte, etwas ſchwere Fuhrwerk, das hin- uͤber paſſirte, leicht ein Ungluͤck entſtehen koͤnnte. Dies hatt’ ich auch ſofort, nach Buͤrgerpflicht, dem Stadt-Dirigenten, Landrath Sehlert, an- gezeigt, der ſich von der vorhandenen Gefahr zur Stelle uͤberzeugte und von Stund’ an die Bruͤcke ſperren ließ. Daneben hatt’ ich ihm vorgeſchla- gen, daß es, zu Erneurung des Gemaͤuers kei- nes weiteren koſtbaren Unterbaues und Geruͤſtes beduͤrfen werde, wenn man nur einen Bagger- Prahm von der Colberger Muͤnde herbeiſchaffte und unter die Bruͤcke braͤchte. Er billigte das; und ich hatte den Prahm auch wirklich herbei- geholt und unter der Bruͤcke befeſtigt. Die Mau- rer aber waren ſeitdem auf demſelben mit ihrer Arbeit beſchaͤftigt.
Jndem ich nun zu der beſchiedenen Zeit auf dem Wege nach dem Rathhauſe begriffen war, um meine Strafſentenz zu empfangen, ſah ich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0026"n="10"/>ſchien und einmal ein Exempel ſtatuirt werden<lb/>
mußte! Gleich des andern Tages alſo kriegt’ ich<lb/>
eine Vorladung vom Magiſtrat, am naͤchſten<lb/>
Morgen dieſerwegen zu Rathhauſe zu erſcheinen.</p><lb/><p>Jnzwiſchen hatt’ es der Zufall gefuͤgt, daß<lb/>
bei einem Gange durch die Stadt meine Augen<lb/>
auf das Mauerwerk der Kupferſchmieds-Bruͤcke ſie-<lb/>
len, wo ich wahrnahm, daß beide Stirnmauern,<lb/>
auf welchen das Gebaͤlke der Bruͤcke ruhte, in<lb/>ſehr ſchadhaftem Stande, und die Eine derſelben<lb/>ſogar zum Theil niedergeſchoſſen ſey; ſo daß durch<lb/>
das naͤchſte, etwas ſchwere Fuhrwerk, das hin-<lb/>
uͤber paſſirte, leicht ein Ungluͤck entſtehen koͤnnte.<lb/>
Dies hatt’ ich auch ſofort, nach Buͤrgerpflicht,<lb/>
dem Stadt-Dirigenten, Landrath Sehlert, an-<lb/>
gezeigt, der ſich von der vorhandenen Gefahr zur<lb/>
Stelle uͤberzeugte und von Stund’ an die Bruͤcke<lb/>ſperren ließ. Daneben hatt’ ich ihm vorgeſchla-<lb/>
gen, daß es, zu Erneurung des Gemaͤuers kei-<lb/>
nes weiteren koſtbaren Unterbaues und Geruͤſtes<lb/>
beduͤrfen werde, wenn man nur einen Bagger-<lb/>
Prahm von der Colberger Muͤnde herbeiſchaffte<lb/>
und unter die Bruͤcke braͤchte. Er billigte das;<lb/>
und ich hatte den Prahm auch wirklich herbei-<lb/>
geholt und unter der Bruͤcke befeſtigt. Die Mau-<lb/>
rer aber waren ſeitdem auf demſelben mit ihrer<lb/>
Arbeit beſchaͤftigt.</p><lb/><p>Jndem ich nun zu der beſchiedenen Zeit auf<lb/>
dem Wege nach dem Rathhauſe begriffen war,<lb/>
um meine Strafſentenz zu empfangen, ſah ich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[10/0026]
ſchien und einmal ein Exempel ſtatuirt werden
mußte! Gleich des andern Tages alſo kriegt’ ich
eine Vorladung vom Magiſtrat, am naͤchſten
Morgen dieſerwegen zu Rathhauſe zu erſcheinen.
Jnzwiſchen hatt’ es der Zufall gefuͤgt, daß
bei einem Gange durch die Stadt meine Augen
auf das Mauerwerk der Kupferſchmieds-Bruͤcke ſie-
len, wo ich wahrnahm, daß beide Stirnmauern,
auf welchen das Gebaͤlke der Bruͤcke ruhte, in
ſehr ſchadhaftem Stande, und die Eine derſelben
ſogar zum Theil niedergeſchoſſen ſey; ſo daß durch
das naͤchſte, etwas ſchwere Fuhrwerk, das hin-
uͤber paſſirte, leicht ein Ungluͤck entſtehen koͤnnte.
Dies hatt’ ich auch ſofort, nach Buͤrgerpflicht,
dem Stadt-Dirigenten, Landrath Sehlert, an-
gezeigt, der ſich von der vorhandenen Gefahr zur
Stelle uͤberzeugte und von Stund’ an die Bruͤcke
ſperren ließ. Daneben hatt’ ich ihm vorgeſchla-
gen, daß es, zu Erneurung des Gemaͤuers kei-
nes weiteren koſtbaren Unterbaues und Geruͤſtes
beduͤrfen werde, wenn man nur einen Bagger-
Prahm von der Colberger Muͤnde herbeiſchaffte
und unter die Bruͤcke braͤchte. Er billigte das;
und ich hatte den Prahm auch wirklich herbei-
geholt und unter der Bruͤcke befeſtigt. Die Mau-
rer aber waren ſeitdem auf demſelben mit ihrer
Arbeit beſchaͤftigt.
Jndem ich nun zu der beſchiedenen Zeit auf
dem Wege nach dem Rathhauſe begriffen war,
um meine Strafſentenz zu empfangen, ſah ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/26>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.