Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.Jndem ich nun wieder zu der Brücke kam, Der Abhang des Walles war steil und schlüpf- Jndem ich nun wieder zu der Bruͤcke kam, Der Abhang des Walles war ſteil und ſchluͤpf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0034" n="18"/> <p>Jndem ich nun wieder zu der Bruͤcke kam,<lb/> ſtoͤberte mein bloßer Anblick, als waͤr’ ich der<lb/> Knecht Ruprecht geweſen, Alles auseinander, was<lb/> da noch ſtand und Maulaffen feil hatte. Sie<lb/> mochten ſich wohl vor einer neuen Strafpredigt<lb/> fuͤrchten. An Ort und Stelle ſann und ſann ich<lb/> nun, wie das Ding am ſchicklichſten anzugreifen<lb/> und wie, vor allen Dingen, ein tuͤchtiger Kum-<lb/> pan zu finden ſey, der ſeine Hand mit anlegte.<lb/> Da kam, im gluͤcklichſten Moment, von dieſem<lb/> Allen noch nichts wiſſend, mein guter, alter Freund,<lb/> der Brauer Martin Blank, ehemals mein See-<lb/> kamerad, von einem Gange auswaͤrts daherge-<lb/> ſchritten. Dem erzaͤhlt’ ich nun mit kurzen Wor-<lb/> ten, was mich auf dem Herzen druͤckte, und<lb/> ſchloß damit: „Bruderherz, du biſt ein Mann<lb/> von meinem Schlage: <hi rendition="#g">du</hi> wirſt mir helfen!‟<lb/> — „Ja, das will ich!‟ war ſeine Antwort, in-<lb/> dem er ſeinen Mantelrock abzog und auf das<lb/> Bruͤckengelaͤnder warf. Jch gieng voran, und er<lb/> folgte.</p><lb/> <p>Der Abhang des Walles war ſteil und ſchluͤpf-<lb/> rig, und unten, am Rande des Grabens, ließ<lb/> ſich nur mit Muͤhe fußen. Mein Gefaͤhrte mußte<lb/> mich oben am Kragen halten, waͤhrend ich mich<lb/> niederbog, den naͤchſten Leichnam zu erfaſſen:<lb/> aber der Ort war ſo gefaͤhrlich, daß wenig fehlte,<lb/> wenn ich nicht das Gleichgewicht verlor und der<lb/> Dritte unten im Graben war; wiewohl das we-<lb/> niger zu ſagen hatte, da ich ſchwimmen konnte.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0034]
Jndem ich nun wieder zu der Bruͤcke kam,
ſtoͤberte mein bloßer Anblick, als waͤr’ ich der
Knecht Ruprecht geweſen, Alles auseinander, was
da noch ſtand und Maulaffen feil hatte. Sie
mochten ſich wohl vor einer neuen Strafpredigt
fuͤrchten. An Ort und Stelle ſann und ſann ich
nun, wie das Ding am ſchicklichſten anzugreifen
und wie, vor allen Dingen, ein tuͤchtiger Kum-
pan zu finden ſey, der ſeine Hand mit anlegte.
Da kam, im gluͤcklichſten Moment, von dieſem
Allen noch nichts wiſſend, mein guter, alter Freund,
der Brauer Martin Blank, ehemals mein See-
kamerad, von einem Gange auswaͤrts daherge-
ſchritten. Dem erzaͤhlt’ ich nun mit kurzen Wor-
ten, was mich auf dem Herzen druͤckte, und
ſchloß damit: „Bruderherz, du biſt ein Mann
von meinem Schlage: du wirſt mir helfen!‟
— „Ja, das will ich!‟ war ſeine Antwort, in-
dem er ſeinen Mantelrock abzog und auf das
Bruͤckengelaͤnder warf. Jch gieng voran, und er
folgte.
Der Abhang des Walles war ſteil und ſchluͤpf-
rig, und unten, am Rande des Grabens, ließ
ſich nur mit Muͤhe fußen. Mein Gefaͤhrte mußte
mich oben am Kragen halten, waͤhrend ich mich
niederbog, den naͤchſten Leichnam zu erfaſſen:
aber der Ort war ſo gefaͤhrlich, daß wenig fehlte,
wenn ich nicht das Gleichgewicht verlor und der
Dritte unten im Graben war; wiewohl das we-
niger zu ſagen hatte, da ich ſchwimmen konnte.
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