Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

ben dürfen. Niemand von den zahlreichen Be-
wohnern hatte sich einer solchen gewaltsamen
Maaßregel versehen; Niemand war in diesem Au-
genblick darauf vorbereitet; -- am wenigsten,
daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausführung
so unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei-
ne halbe Stunde Zeit ward den Unglücklichen zur
Rettung ihrer Haabe gestattet; Viele mußten,
wie sie giengen und standen, ihr Eigenthum ver-
lassen. Hundert Familien wurden in wenigen
Minuten zu Bettlern, und suchten nun in der
ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kümmerli-
ches Unterkommen.

Man fragte sich damals, (und zwar mit gu-
tem Rechte) warum, wenn doch einmal gesengt
und gebrannt seyn sollte, diese Maaßregel nicht
schon früher die Altstadt getroffen habe, die im
unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der sich
zwischen den Gebäuden derselben einnistete und
uns durch seine, hinter denselben angelegte Wurf-
Batterie in der Folge so nachtheilig wurde? Als
der Fehler aber einmal begangen war, blieb je-
der Versuch zur Abhülfe vergeblich. Selbst alle
Mühe, die wir uns gaben, die Altstadt durch
unser Geschütz zu demoliren oder in Brand zu
stecken, leistete, die ganze Belagerung hindurch,
nicht, was wir davon erwarteten. -- Was indeß
hier versäumt war, suchte der Rittmeister v.
Schill an seiner Seite in der Maikuhle nach
Möglichkeit wieder gut zu machen, indem er sich

ben duͤrfen. Niemand von den zahlreichen Be-
wohnern hatte ſich einer ſolchen gewaltſamen
Maaßregel verſehen; Niemand war in dieſem Au-
genblick darauf vorbereitet; — am wenigſten,
daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausfuͤhrung
ſo unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei-
ne halbe Stunde Zeit ward den Ungluͤcklichen zur
Rettung ihrer Haabe geſtattet; Viele mußten,
wie ſie giengen und ſtanden, ihr Eigenthum ver-
laſſen. Hundert Familien wurden in wenigen
Minuten zu Bettlern, und ſuchten nun in der
ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kuͤmmerli-
ches Unterkommen.

Man fragte ſich damals, (und zwar mit gu-
tem Rechte) warum, wenn doch einmal geſengt
und gebrannt ſeyn ſollte, dieſe Maaßregel nicht
ſchon fruͤher die Altſtadt getroffen habe, die im
unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der ſich
zwiſchen den Gebaͤuden derſelben einniſtete und
uns durch ſeine, hinter denſelben angelegte Wurf-
Batterie in der Folge ſo nachtheilig wurde? Als
der Fehler aber einmal begangen war, blieb je-
der Verſuch zur Abhuͤlfe vergeblich. Selbſt alle
Muͤhe, die wir uns gaben, die Altſtadt durch
unſer Geſchuͤtz zu demoliren oder in Brand zu
ſtecken, leiſtete, die ganze Belagerung hindurch,
nicht, was wir davon erwarteten. — Was indeß
hier verſaͤumt war, ſuchte der Rittmeiſter v.
Schill an ſeiner Seite in der Maikuhle nach
Moͤglichkeit wieder gut zu machen, indem er ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="69"/>
ben du&#x0364;rfen. Niemand von den zahlreichen Be-<lb/>
wohnern hatte &#x017F;ich einer &#x017F;olchen gewalt&#x017F;amen<lb/>
Maaßregel ver&#x017F;ehen; Niemand war in die&#x017F;em Au-<lb/>
genblick darauf vorbereitet; &#x2014; am wenig&#x017F;ten,<lb/>
daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausfu&#x0364;hrung<lb/>
&#x017F;o unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei-<lb/>
ne halbe Stunde Zeit ward den Unglu&#x0364;cklichen zur<lb/>
Rettung ihrer Haabe ge&#x017F;tattet; Viele mußten,<lb/>
wie &#x017F;ie giengen und &#x017F;tanden, ihr Eigenthum ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Hundert Familien wurden in wenigen<lb/>
Minuten zu Bettlern, und &#x017F;uchten nun in der<lb/>
ohnehin ziemlich beengten Stadt ein ku&#x0364;mmerli-<lb/>
ches Unterkommen.</p><lb/>
        <p>Man fragte &#x017F;ich damals, (und zwar mit gu-<lb/>
tem Rechte) warum, wenn doch einmal ge&#x017F;engt<lb/>
und gebrannt &#x017F;eyn &#x017F;ollte, die&#x017F;e Maaßregel nicht<lb/>
&#x017F;chon fru&#x0364;her die Alt&#x017F;tadt getroffen habe, die im<lb/>
unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der &#x017F;ich<lb/>
zwi&#x017F;chen den Geba&#x0364;uden der&#x017F;elben einni&#x017F;tete und<lb/>
uns durch &#x017F;eine, hinter den&#x017F;elben angelegte Wurf-<lb/>
Batterie in der Folge &#x017F;o nachtheilig wurde? Als<lb/>
der Fehler aber einmal begangen war, blieb je-<lb/>
der Ver&#x017F;uch zur Abhu&#x0364;lfe vergeblich. Selb&#x017F;t alle<lb/>
Mu&#x0364;he, die wir uns gaben, die Alt&#x017F;tadt durch<lb/>
un&#x017F;er Ge&#x017F;chu&#x0364;tz zu demoliren oder in Brand zu<lb/>
&#x017F;tecken, lei&#x017F;tete, die ganze Belagerung hindurch,<lb/>
nicht, was wir davon erwarteten. &#x2014; Was indeß<lb/>
hier ver&#x017F;a&#x0364;umt war, &#x017F;uchte der Rittmei&#x017F;ter v.<lb/>
Schill an &#x017F;einer Seite in der Maikuhle nach<lb/>
Mo&#x0364;glichkeit wieder gut zu machen, indem er &#x017F;ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0085] ben duͤrfen. Niemand von den zahlreichen Be- wohnern hatte ſich einer ſolchen gewaltſamen Maaßregel verſehen; Niemand war in dieſem Au- genblick darauf vorbereitet; — am wenigſten, daß dem dazu ertheilten Befehl die Ausfuͤhrung ſo unmittelbar auf dem Fuße folgen werde. Kei- ne halbe Stunde Zeit ward den Ungluͤcklichen zur Rettung ihrer Haabe geſtattet; Viele mußten, wie ſie giengen und ſtanden, ihr Eigenthum ver- laſſen. Hundert Familien wurden in wenigen Minuten zu Bettlern, und ſuchten nun in der ohnehin ziemlich beengten Stadt ein kuͤmmerli- ches Unterkommen. Man fragte ſich damals, (und zwar mit gu- tem Rechte) warum, wenn doch einmal geſengt und gebrannt ſeyn ſollte, dieſe Maaßregel nicht ſchon fruͤher die Altſtadt getroffen habe, die im unmittelbaren Bereich des Feindes lag, der ſich zwiſchen den Gebaͤuden derſelben einniſtete und uns durch ſeine, hinter denſelben angelegte Wurf- Batterie in der Folge ſo nachtheilig wurde? Als der Fehler aber einmal begangen war, blieb je- der Verſuch zur Abhuͤlfe vergeblich. Selbſt alle Muͤhe, die wir uns gaben, die Altſtadt durch unſer Geſchuͤtz zu demoliren oder in Brand zu ſtecken, leiſtete, die ganze Belagerung hindurch, nicht, was wir davon erwarteten. — Was indeß hier verſaͤumt war, ſuchte der Rittmeiſter v. Schill an ſeiner Seite in der Maikuhle nach Moͤglichkeit wieder gut zu machen, indem er ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/85
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/85>, abgerufen am 21.11.2024.