Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Filamon.
dieses erlernet? wisset ihr nicht daß Cupido
sein eigener Lehrmeister ist: und gleich wie
alle kleine Kinder von Natur/ ihre Speise
aus den Brüsten zu suchen/ ohn einigen Vn-
terricht wissen; also auch find alle Verliebte.
Denn was sonst der Vernunfft zu hoch/ das
zeiget ihnen die Natur der Liebe/ als welche
ohne das eine Erfinderin aller Klugen Lie-
bes-Renke/ sonder alles unterweiset.
Jch
wolte wahrhafftig schweren/ sagte Belliflora/
wo es müglich were/ daß jetziger Zeit der Tyri-
sche Jüngling Clitophon, dessen Standthaffte Eh-
ren-Liebe in gantz Phoenicia, Ja nun mehr auch
bey uns satsam bekandt/ noch am Leben were/ daß
ihr solche ebentheurliche und anmuthige Liebes-
Possen eintzig von ihm erfahren hettet. Angemerkt
schon gedachter Edeler Clitiphon gegen seiner
hertzallerliebsten/ und biß in den Todt geliebten
Leucippen/ sich gleichmessiger Erfindung ge-
brauchet/ und also zu gewunschter Geniessung
seiner keuschen Liebe augelanget. Auß diesen und
dergleichen huldreichen Worten seiner liebsten
Schäferinnen/ hat ersatsam vermerket/ daß sie gegen
ihn gleichfals etlicher massen hertzlich verliebet we-
re. Derowegen er Sie bey den zuchtigsten Hände-
lein/ wie höfflich er je vermocht/ gefasset/ und dienst-
fleissig gebeten/ daß sie doch neben ihr beyhaben-
den Gespielschafft mit Jhm ein wenig in den schö-
nen lustigen Wald hinein spatzieren möchte/ wor-
in auch Sie sich/ ob sie gleich bester massen/ wie sich
gebühret/ sich entschuldiget/ Noch dennoch hat
sie sich/ nach aller Jungfern Art und Weise/

wel-
n v

Filamon.
dieſes erlernet? wiſſet ihr nicht daß Cupido
ſein eigener Lehrmeiſter iſt: und gleich wie
alle kleine Kinder von Natur/ ihre Speiſe
aus den Bruͤſten zu ſuchen/ ohn einigen Vn-
terricht wiſſen; alſo auch find alle Verliebte.
Denn was ſonſt der Vernunfft zu hoch/ das
zeiget ihnen die Natur der Liebe/ als welche
ohne das eine Erfinderin aller Klugen Lie-
bes-Renke/ ſonder alles unterweiſet.
Jch
wolte wahrhafftig ſchweren/ ſagte Belliflora/
wo es muͤglich were/ daß jetziger Zeit der Tyri-
ſche Juͤngling Clitophon, deſſen Standthaffte Eh-
ren-Liebe in gantz Phœnicia, Ja nun mehr auch
bey uns ſatſam bekandt/ noch am Leben were/ daß
ihr ſolche ebentheurliche und anmuthige Liebes-
Poſſen eintzig von ihm erfahren hettet. Angemerkt
ſchon gedachter Edeler Clitiphon gegen ſeiner
hertzallerliebſten/ und biß in den Todt geliebten
Leucippen/ ſich gleichmeſſiger Erfindung ge-
brauchet/ und alſo zu gewůnſchter Genieſſung
ſeiner keuſchen Liebe augelanget. Auß dieſen und
dergleichen huldreichen Worten ſeiner liebſten
Schaͤfeꝛiñen/ hat erſatſam veꝛmeꝛket/ daß ſie gegen
ihn gleichfals etlicher maſſẽ hertzlich verliebet we-
re. Derowegen er Sie bey den zuchtigſten Haͤnde-
lein/ wie hoͤfflich er je vermocht/ gefaſſet/ uñ dienſt-
fleiſſig gebeten/ daß ſie doch neben ihr beyhaben-
den Geſpielſchafft mit Jhm ein wenig in den ſchoͤ-
nen luſtigen Wald hinein ſpatzieren moͤchte/ wor-
in auch Sie ſich/ ob ſie gleich beſteꝛ maſſen/ wie ſich
gebuͤhret/ ſich entſchuldiget/ Noch dennoch hat
ſie ſich/ nach aller Jungfern Art und Weiſe/

wel-
n v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0375" n="297"/><fw place="top" type="header">Filamon.</fw><lb/>
die&#x017F;es erlernet? <hi rendition="#fr">wi&#x017F;&#x017F;et ihr nicht daß Cupido<lb/>
&#x017F;ein eigener Lehrmei&#x017F;ter i&#x017F;t: und gleich wie<lb/>
alle kleine Kinder von Natur/ ihre Spei&#x017F;e<lb/>
aus den Bru&#x0364;&#x017F;ten zu &#x017F;uchen/ ohn einigen Vn-<lb/>
terricht wi&#x017F;&#x017F;en; al&#x017F;o auch find alle Verliebte.<lb/>
Denn was &#x017F;on&#x017F;t der Vernunfft zu hoch/ das<lb/>
zeiget ihnen die Natur der Liebe/ als welche<lb/>
ohne das eine Erfinderin aller Klugen Lie-<lb/>
bes-Renke/ &#x017F;onder alles unterwei&#x017F;et.</hi> Jch<lb/>
wolte wahrhafftig &#x017F;chweren/ &#x017F;agte Belliflora/<lb/>
wo es mu&#x0364;glich were/ daß jetziger Zeit der Tyri-<lb/>
&#x017F;che Ju&#x0364;ngling <hi rendition="#aq">Clitophon,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Standthaffte Eh-<lb/>
ren-Liebe in gantz <hi rendition="#aq">Ph&#x0153;nicia,</hi> Ja nun mehr auch<lb/>
bey uns &#x017F;at&#x017F;am bekandt/ noch am Leben were/ daß<lb/>
ihr &#x017F;olche ebentheurliche und anmuthige Liebes-<lb/>
Po&#x017F;&#x017F;en eintzig von ihm erfahren hettet. Angemerkt<lb/>
&#x017F;chon gedachter Edeler <hi rendition="#aq">Clitiphon</hi> gegen &#x017F;einer<lb/>
hertzallerlieb&#x017F;ten/ und biß in den Todt geliebten<lb/>
Leucippen/ &#x017F;ich gleichme&#x017F;&#x017F;iger Erfindung ge-<lb/>
brauchet/ und al&#x017F;o zu gew&#x016F;n&#x017F;chter Genie&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
&#x017F;einer keu&#x017F;chen Liebe augelanget. Auß die&#x017F;en und<lb/>
dergleichen huldreichen Worten &#x017F;einer lieb&#x017F;ten<lb/>
Scha&#x0364;fe&#xA75B;in&#x0303;en/ hat er&#x017F;at&#x017F;am ve&#xA75B;me&#xA75B;ket/ daß &#x017F;ie gegen<lb/>
ihn gleichfals etlicher ma&#x017F;&#x017F;e&#x0303; hertzlich verliebet we-<lb/>
re. Derowegen er Sie bey den zuchtig&#x017F;ten Ha&#x0364;nde-<lb/>
lein/ wie ho&#x0364;fflich er je vermocht/ gefa&#x017F;&#x017F;et/ un&#x0303; dien&#x017F;t-<lb/>
flei&#x017F;&#x017F;ig gebeten/ daß &#x017F;ie doch neben ihr beyhaben-<lb/>
den Ge&#x017F;piel&#x017F;chafft mit Jhm ein wenig in den &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen lu&#x017F;tigen Wald hinein &#x017F;patzieren mo&#x0364;chte/ wor-<lb/>
in auch Sie &#x017F;ich/ ob &#x017F;ie gleich be&#x017F;te&#xA75B; ma&#x017F;&#x017F;en/ wie &#x017F;ich<lb/>
gebu&#x0364;hret/ &#x017F;ich ent&#x017F;chuldiget/ Noch dennoch hat<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich/ nach aller Jungfern Art und Wei&#x017F;e/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">n v</fw><fw place="bottom" type="catch">wel-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0375] Filamon. dieſes erlernet? wiſſet ihr nicht daß Cupido ſein eigener Lehrmeiſter iſt: und gleich wie alle kleine Kinder von Natur/ ihre Speiſe aus den Bruͤſten zu ſuchen/ ohn einigen Vn- terricht wiſſen; alſo auch find alle Verliebte. Denn was ſonſt der Vernunfft zu hoch/ das zeiget ihnen die Natur der Liebe/ als welche ohne das eine Erfinderin aller Klugen Lie- bes-Renke/ ſonder alles unterweiſet. Jch wolte wahrhafftig ſchweren/ ſagte Belliflora/ wo es muͤglich were/ daß jetziger Zeit der Tyri- ſche Juͤngling Clitophon, deſſen Standthaffte Eh- ren-Liebe in gantz Phœnicia, Ja nun mehr auch bey uns ſatſam bekandt/ noch am Leben were/ daß ihr ſolche ebentheurliche und anmuthige Liebes- Poſſen eintzig von ihm erfahren hettet. Angemerkt ſchon gedachter Edeler Clitiphon gegen ſeiner hertzallerliebſten/ und biß in den Todt geliebten Leucippen/ ſich gleichmeſſiger Erfindung ge- brauchet/ und alſo zu gewůnſchter Genieſſung ſeiner keuſchen Liebe augelanget. Auß dieſen und dergleichen huldreichen Worten ſeiner liebſten Schaͤfeꝛiñen/ hat erſatſam veꝛmeꝛket/ daß ſie gegen ihn gleichfals etlicher maſſẽ hertzlich verliebet we- re. Derowegen er Sie bey den zuchtigſten Haͤnde- lein/ wie hoͤfflich er je vermocht/ gefaſſet/ uñ dienſt- fleiſſig gebeten/ daß ſie doch neben ihr beyhaben- den Geſpielſchafft mit Jhm ein wenig in den ſchoͤ- nen luſtigen Wald hinein ſpatzieren moͤchte/ wor- in auch Sie ſich/ ob ſie gleich beſteꝛ maſſen/ wie ſich gebuͤhret/ ſich entſchuldiget/ Noch dennoch hat ſie ſich/ nach aller Jungfern Art und Weiſe/ wel- n v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/375
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/375>, abgerufen am 29.11.2024.