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Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.

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wäldchens andere Abtheilung.
Getrieben auff und ab; Myrtillus sey verliebt
Der Freyheit gantz entsetzt/ und hertzlichen betrübt;
Auf/ auff Süd-Oost von Oost mit deinem schnellen Wehen/
Eyl nach dem Themsenfluß' und mach daselst verstehen
Die liebe Brüderschafft/ daß es üm mich geschehn/
Daß ich nicht mehr Myrtill den sie zuvor gesehn;
Kehr dich recht Südenwerts in die Pariser Felder/
Auch in mein liebes Genfund dessen schöne Wälder/
Da ich so manchesmal vor dem in stoltzer Ruh
Mein Vieh geweidet hab'. Ach! was doch bin ich nu?
Jch bin fast nicht mein selbst/ ich weiß nicht was ich mache/
Ja/ ja ich geh'/ ich steh'/ ich fitz'/ ich schlaff'/ ich wache/
So bin ich doch betrübt; Die traurig' Einsamkeit
Such' ich bey Tag' und Nacht/ womit ich meine Zeit
Mit seufftzen bringe zu: mein Hertze wird benaget (plaget
Von mancher Sorg' und Furcht; die schwartze Schwermut
Und schwächet mein Gehirn; bald werd' ich da beschweret
Von mancher Noht und Angst; bald werd' ich hie verzehret
Von eitler Eyfersucht; die traurige Gedanken
Die steigen hin und her/ durch stetigs Wechsel-wanken.
Und solches dieß mein Leid ist keinem so bekant/
Als Vaterland dir dir/ du liebes Oberland.
Wie offtmals hab' ich doch fast meiner sebst vergessen;
Wie offtmals bin ich doch bey meinem Vieh gesessen/
Und mir ein Grab gewündscht; mein grosser Uberdruß
Hat offtmals nachgehallt bey dem Passarger Fluß
Jn dieser Wildnüß hier/ so/ daß auch mit mir armen
Der stumme Baum und Pusch gehabet ein Erbarmen-
Und alles dieses Leid und hertzliches Beschwehr
Rührt eintzig und allein von Eufrosillen her.
Doch solte diese Qual mich nicht so sehr betrüben
Wenn mich das liebe Kind nur hertzlich wolte lieben/
Wenn sie nur möchte sehn in treuer Hertzensgunst
Wie groß mein Liebesleid/ und meine heisse Brunst/
Das angelegte Feur/ so über sich zusammen
Jn meinem Hertzen schlägt mit vollen Flatterflammen.
Wenn/ sag' ich/ dieses wer'/ alsdenn wolt' ich mein Leid/
Versenken tief hinab in die Vergessenheit.
Ach!
G vi
waͤldchens andere Abtheilung.
Getrieben auff und ab; Myrtillus ſey verliebt
Der Freyheit gantz entſetzt/ und hertzlichen betruͤbt;
Auf/ auff Suͤd-Ooſt von Ooſt mit deinem ſchnellen Wehẽ/
Eyl nach dem Themſenfluß’ und mach daſelſt verſtehen
Die liebe Bruͤderſchafft/ daß es uͤm mich geſchehn/
Daß ich nicht mehr Myrtill den ſie zuvor geſehn;
Kehr dich recht Suͤdenwerts in die Pariſer Felder/
Auch in mein liebes Genfund deſſen ſchoͤne Waͤlder/
Da ich ſo manchesmal vor dem in ſtoltzer Ruh
Mein Vieh geweidet hab’. Ach! was doch bin ich nu?
Jch bin faſt nicht mein ſelbſt/ ich weiß nicht was ich mache/
Ja/ ja ich geh’/ ich ſteh’/ ich fitz’/ ich ſchlaff’/ ich wache/
So bin ich doch betruͤbt; Die traurig’ Einſamkeit
Such’ ich bey Tag’ und Nacht/ womit ich meine Zeit
Mit ſeufftzen bringe zu: mein Hertze wird benaget (plaget
Von mancher Sorg’ uñ Furcht; die ſchwartze Schwermut
Uñ ſchwaͤchet mein Gehirn; bald werd’ ich da beſchweret
Von mancher Noht uñ Angſt; bald werd’ ich hie verzehꝛet
Von eitler Eyferſucht; die traurige Gedanken
Die ſteigen hin und her/ durch ſtetigs Wechſel-wanken.
Und ſolches dieß mein Leid iſt keinem ſo bekant/
Als Vaterland dir dir/ du liebes Oberland.
Wie offtmals hab’ ich doch faſt meiner ſebſt vergeſſen;
Wie offtmals bin ich doch bey meinem Vieh geſeſſen/
Und mir ein Grab gewuͤndſcht; mein groſſer Uberdruß
Hat offtmals nachgehallt bey dem Paſſarger Fluß
Jn dieſer Wildnuͤß hier/ ſo/ daß auch mit mir armen
Der ſtumme Baum und Puſch gehabet ein Erbarmen-
Und alles dieſes Leid und hertzliches Beſchwehr
Ruͤhrt eintzig und allein von Eufroſillen her.
Doch ſolte dieſe Qual mich nicht ſo ſehr betruͤben
Wenn mich das liebe Kind nur hertzlich wolte lieben/
Wenn ſie nur moͤchte ſehn in treuer Hertzensgunſt
Wie groß mein Liebesleid/ und meine heiſſe Brunſt/
Das angelegte Feur/ ſo uͤber ſich zuſammen
Jn meinem Hertzen ſchlaͤgt mit vollen Flatterflammen.
Wenn/ ſag’ ich/ dieſes wer’/ alsdenn wolt’ ich mein Leid/
Verſenken tief hinab in die Vergeſſenheit.
Ach!
G vi
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[143/0169] waͤldchens andere Abtheilung. Getrieben auff und ab; Myrtillus ſey verliebt Der Freyheit gantz entſetzt/ und hertzlichen betruͤbt; Auf/ auff Suͤd-Ooſt von Ooſt mit deinem ſchnellen Wehẽ/ Eyl nach dem Themſenfluß’ und mach daſelſt verſtehen Die liebe Bruͤderſchafft/ daß es uͤm mich geſchehn/ Daß ich nicht mehr Myrtill den ſie zuvor geſehn; Kehr dich recht Suͤdenwerts in die Pariſer Felder/ Auch in mein liebes Genfund deſſen ſchoͤne Waͤlder/ Da ich ſo manchesmal vor dem in ſtoltzer Ruh Mein Vieh geweidet hab’. Ach! was doch bin ich nu? Jch bin faſt nicht mein ſelbſt/ ich weiß nicht was ich mache/ Ja/ ja ich geh’/ ich ſteh’/ ich fitz’/ ich ſchlaff’/ ich wache/ So bin ich doch betruͤbt; Die traurig’ Einſamkeit Such’ ich bey Tag’ und Nacht/ womit ich meine Zeit Mit ſeufftzen bringe zu: mein Hertze wird benaget (plaget Von mancher Sorg’ uñ Furcht; die ſchwartze Schwermut Uñ ſchwaͤchet mein Gehirn; bald werd’ ich da beſchweret Von mancher Noht uñ Angſt; bald werd’ ich hie verzehꝛet Von eitler Eyferſucht; die traurige Gedanken Die ſteigen hin und her/ durch ſtetigs Wechſel-wanken. Und ſolches dieß mein Leid iſt keinem ſo bekant/ Als Vaterland dir dir/ du liebes Oberland. Wie offtmals hab’ ich doch faſt meiner ſebſt vergeſſen; Wie offtmals bin ich doch bey meinem Vieh geſeſſen/ Und mir ein Grab gewuͤndſcht; mein groſſer Uberdruß Hat offtmals nachgehallt bey dem Paſſarger Fluß Jn dieſer Wildnuͤß hier/ ſo/ daß auch mit mir armen Der ſtumme Baum und Puſch gehabet ein Erbarmen- Und alles dieſes Leid und hertzliches Beſchwehr Ruͤhrt eintzig und allein von Eufroſillen her. Doch ſolte dieſe Qual mich nicht ſo ſehr betruͤben Wenn mich das liebe Kind nur hertzlich wolte lieben/ Wenn ſie nur moͤchte ſehn in treuer Hertzensgunſt Wie groß mein Liebesleid/ und meine heiſſe Brunſt/ Das angelegte Feur/ ſo uͤber ſich zuſammen Jn meinem Hertzen ſchlaͤgt mit vollen Flatterflammen. Wenn/ ſag’ ich/ dieſes wer’/ alsdenn wolt’ ich mein Leid/ Verſenken tief hinab in die Vergeſſenheit. Ach! G vi

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/169>, abgerufen am 21.11.2024.