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Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.

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wäldchens andere Abtheilung.
Wo ihm nicht hin gebührt; Er isset lieber Speise
Die frisch gekochet ist/ nach seiner öfftern Weise
Jn seines Nachbarn Hauß/ als auffgewärmten Kohl
Daheim. Es ist auch recht. Denn fremdes Brod
schmekkt wol.
Wer wolte doch wol sein ein solcher grosser Gekke/
(Gedänket er bey sich) der nicht viel lieber Wekke/
Und schöne süsse Milch genösse/ wenn ers hat/
Als sauer Bier und Brod von dem er müd' und satt.
So treibt mans in der Welt/ so wird die ädle Tugend
Fast gar hindan gesetzt/ so wird die zarte Jugend
So liederlich verderbt/ und jämmerlich verkürtzt
An ihrer Lebenszeit/ ja auch wol gar gesturtzt
Jn heisses Leid und Angst. Ach was für bittre Schmertzen
Fühlt mancher nachmals doch/ wenn er in seinem Hertzen
Die geile Liebeslust; den lebendigen Tod;
Das zukkersüsse Gift; den Ursprung vieler Noht/
Dem er so nachgestrebt mit brennendem Gemühte/
Dem er so nachgerennt mit eyfrigem Geblühte/
Mit später Reu erwegt. Doch/ man ist Fryger Ahrt.
Nach Schaden wird man klug. Wenn man noch auff
der Fahrt
Jn voller Wollust ist/ so wil man nicht gedänken
Wo's endlich wil hinauß/ und wo sich hin wil lenken
Die dolle Narrenlieb'. O welch ein Unterscheid
Jst zwischen dieser nun/ als die sich iederzeit
Jm tieffen Sündenkoht gleich einem Schweine wühlet/
Und jener keuschen Brunst/ so niemals künfftig fühlet
Was Hertz und Seele kränkt; die/ sag ich/ nur allein
Jn reiner Lust besteht; die ausser allem Schein'
Und falschem Heucheln ist; die ihren Ursprung nimmet
Von einem solchen Feur/ das nur von Tugend glimmet
Und treuer Redligteit; Die allzeit sich ergetzt
Mit dem was Erbar ist; die ihren Fuß gesetzt/
Auf einen solchen Grund/ den Gott hat selbst geleget;
Auf einen solchen Grund/ der niemals wird beweget
Von ungezähmter Lust; Kurtz/ welcher Ehrensinn
Alleine nur auff Gott und Keuschheit ziehlet hin.
Ver
G iiij
waͤldchens andere Abtheilung.
Wo ihm nicht hin gebuͤhrt; Er iſſet lieber Speiſe
Die friſch gekochet iſt/ nach ſeiner oͤfftern Weiſe
Jn ſeines Nachbarn Hauß/ als auffgewaͤrmten Kohl
Daheim. Es iſt auch recht. Denn fremdes Brod
ſchmekkt wol.
Wer wolte doch wol ſein ein ſolcher groſſer Gekke/
(Gedaͤnket er bey ſich) der nicht viel lieber Wekke/
Und ſchoͤne ſuͤſſe Milch genoͤſſe/ wenn ers hat/
Als ſauer Bier und Brod von dem er muͤd’ und ſatt.
So treibt mans in der Welt/ ſo wird die aͤdle Tugend
Faſt gar hindan geſetzt/ ſo wird die zarte Jugend
So liederlich verderbt/ und jaͤmmerlich verkuͤrtzt
An ihrer Lebenszeit/ ja auch wol gar geſturtzt
Jn heiſſes Leid und Angſt. Ach was fuͤr bittre Schmertzen
Fuͤhlt mancher nachmals doch/ wenn er in ſeinem Hertzen
Die geile Liebesluſt; den lebendigen Tod;
Das zukkerſuͤſſe Gift; den Urſprung vieler Noht/
Dem er ſo nachgeſtrebt mit brennendem Gemuͤhte/
Dem er ſo nachgerennt mit eyfrigem Gebluͤhte/
Mit ſpaͤter Reu erwegt. Doch/ man iſt Fryger Ahrt.
Nach Schaden wird man klug. Wenn man noch auff
der Fahrt
Jn voller Wolluſt iſt/ ſo wil man nicht gedaͤnken
Wo’s endlich wil hinauß/ und wo ſich hin wil lenken
Die dolle Narrenlieb’. O welch ein Unterſcheid
Jſt zwiſchen dieſer nun/ als die ſich iederzeit
Jm tieffen Suͤndenkoht gleich einem Schweine wuͤhlet/
Und jener keuſchen Brunſt/ ſo niemals kuͤnfftig fuͤhlet
Was Hertz und Seele kraͤnkt; die/ ſag ich/ nur allein
Jn reiner Luſt beſteht; die auſſer allem Schein’
Und falſchem Heucheln iſt; die ihren Urſprung nimmet
Von einem ſolchen Feur/ das nur von Tugend glimmet
Und treuer Redligteit; Die allzeit ſich ergetzt
Mit dem was Erbar iſt; die ihren Fuß geſetzt/
Auf einen ſolchen Grund/ den Gott hat ſelbſt geleget;
Auf einen ſolchen Grund/ der niemals wird beweget
Von ungezaͤhmter Luſt; Kurtz/ welcher Ehrenſinn
Alleine nur auff Gott und Keuſchheit ziehlet hin.
Ver
G iiij
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[151/0177] waͤldchens andere Abtheilung. Wo ihm nicht hin gebuͤhrt; Er iſſet lieber Speiſe Die friſch gekochet iſt/ nach ſeiner oͤfftern Weiſe Jn ſeines Nachbarn Hauß/ als auffgewaͤrmten Kohl Daheim. Es iſt auch recht. Denn fremdes Brod ſchmekkt wol. Wer wolte doch wol ſein ein ſolcher groſſer Gekke/ (Gedaͤnket er bey ſich) der nicht viel lieber Wekke/ Und ſchoͤne ſuͤſſe Milch genoͤſſe/ wenn ers hat/ Als ſauer Bier und Brod von dem er muͤd’ und ſatt. So treibt mans in der Welt/ ſo wird die aͤdle Tugend Faſt gar hindan geſetzt/ ſo wird die zarte Jugend So liederlich verderbt/ und jaͤmmerlich verkuͤrtzt An ihrer Lebenszeit/ ja auch wol gar geſturtzt Jn heiſſes Leid und Angſt. Ach was fuͤr bittre Schmertzen Fuͤhlt mancher nachmals doch/ wenn er in ſeinem Hertzen Die geile Liebesluſt; den lebendigen Tod; Das zukkerſuͤſſe Gift; den Urſprung vieler Noht/ Dem er ſo nachgeſtrebt mit brennendem Gemuͤhte/ Dem er ſo nachgerennt mit eyfrigem Gebluͤhte/ Mit ſpaͤter Reu erwegt. Doch/ man iſt Fryger Ahrt. Nach Schaden wird man klug. Wenn man noch auff der Fahrt Jn voller Wolluſt iſt/ ſo wil man nicht gedaͤnken Wo’s endlich wil hinauß/ und wo ſich hin wil lenken Die dolle Narrenlieb’. O welch ein Unterſcheid Jſt zwiſchen dieſer nun/ als die ſich iederzeit Jm tieffen Suͤndenkoht gleich einem Schweine wuͤhlet/ Und jener keuſchen Brunſt/ ſo niemals kuͤnfftig fuͤhlet Was Hertz und Seele kraͤnkt; die/ ſag ich/ nur allein Jn reiner Luſt beſteht; die auſſer allem Schein’ Und falſchem Heucheln iſt; die ihren Urſprung nimmet Von einem ſolchen Feur/ das nur von Tugend glimmet Und treuer Redligteit; Die allzeit ſich ergetzt Mit dem was Erbar iſt; die ihren Fuß geſetzt/ Auf einen ſolchen Grund/ den Gott hat ſelbſt geleget; Auf einen ſolchen Grund/ der niemals wird beweget Von ungezaͤhmter Luſt; Kurtz/ welcher Ehrenſinn Alleine nur auff Gott und Keuſchheit ziehlet hin. Ver G iiij

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/177>, abgerufen am 21.11.2024.