Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.Hinhören begreifen kan, aber ihre wichtigste Wahr- heiten würden sie entbehren müssen, weil sie nicht durch eine flüchtige Lectur, sondern nur durch ein gründli- ches Studium begriffen werden können. Jch erin- nere mich gehört zu haben, daß die Franzosen auf diese Art verschiedenen Wissenschaften geschadet haben, weil sie popular vortragen wolten, was sich nicht popular vortragen läst. Man würde auch den Gelehrten alle Begierde nach neuen Entdeckungen nehmen, wenn er nie für die Gelehrten, sondern nur für die Unwissen- den schreiben sollte. Es müssen also gelehrte Bücher, bloß für Gelehrte geschrieben werden. Hier. Ganz recht! Nur wenn die Nation durch Seb. Aber wenn nun bey uns in Deutschland die ten
Hinhoͤren begreifen kan, aber ihre wichtigſte Wahr- heiten wuͤrden ſie entbehren muͤſſen, weil ſie nicht durch eine fluͤchtige Lectur, ſondern nur durch ein gruͤndli- ches Studium begriffen werden koͤnnen. Jch erin- nere mich gehoͤrt zu haben, daß die Franzoſen auf dieſe Art verſchiedenen Wiſſenſchaften geſchadet haben, weil ſie popular vortragen wolten, was ſich nicht popular vortragen laͤſt. Man wuͤrde auch den Gelehrten alle Begierde nach neuen Entdeckungen nehmen, wenn er nie fuͤr die Gelehrten, ſondern nur fuͤr die Unwiſſen- den ſchreiben ſollte. Es muͤſſen alſo gelehrte Buͤcher, bloß fuͤr Gelehrte geſchrieben werden. Hier. Ganz recht! Nur wenn die Nation durch Seb. Aber wenn nun bey uns in Deutſchland die ten
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Hinhoͤren begreifen kan, aber ihre wichtigſte Wahr-
heiten wuͤrden ſie entbehren muͤſſen, weil ſie nicht durch
eine fluͤchtige Lectur, ſondern nur durch ein gruͤndli-
ches Studium begriffen werden koͤnnen. Jch erin-
nere mich gehoͤrt zu haben, daß die Franzoſen auf dieſe
Art verſchiedenen Wiſſenſchaften geſchadet haben, weil
ſie popular vortragen wolten, was ſich nicht popular
vortragen laͤſt. Man wuͤrde auch den Gelehrten alle
Begierde nach neuen Entdeckungen nehmen, wenn er
nie fuͤr die Gelehrten, ſondern nur fuͤr die Unwiſſen-
den ſchreiben ſollte. Es muͤſſen alſo gelehrte Buͤcher,
bloß fuͤr Gelehrte geſchrieben werden.
Hier. Ganz recht! Nur wenn die Nation durch
die Schriften der Gelehrten ſoll erleuchtet werden, ſo
muß ſich die Anzahl der bloß fuͤr Gelehrten geſchrie-
benen Buͤcher, zu den fuͤr das ganze menſchliche Ge-
ſchlecht geſchriebenen Buͤchern verhalten, wie die An-
zahl der Gelehrten zu dem uͤbrigen menſchlichen Ge-
ſchlechte, vielleicht wie 1 zu 1000, vielleicht wie 1 zu
2000. Jch befuͤrchte aber, es wird in Deutſchland ge-
rade umgekehrt ſeyn.
Seb. Aber wenn nun bey uns in Deutſchland die
Anzahl der Gelehrten groͤßer iſt, die ſich faͤhig finden,
durch neue Erfindungen die Graͤnzen der Wiſſenſchaf-
ten
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