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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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und jede Art in zierliche Schichten übereinander zu se-
tzen. Jn diesem Jahrhunderte hätten Baumeister
kommen sollen, die aus diesen Materialien, dem mensch-
lichen Geschlechte zum besten, Gebäude gebauet hätten.
Aber jeder Gelehrte fährt fort, sein Schichtchen Back-
steine vor sich her dicht aufeinander zu legen, und
nennt es ein Lehrgebäude. Jst jemand so glücklich
auf seinem Spaziergange ein paar einzelne Steine zu
finden, und sie in guter Ordnung zu seinem Häufchen
hinzuzulegen, so heißt er ein Erfinder. Derjenige der
große Quadersteine in Graben neben einander wälzt,
daß sie einmahl künftig einem Gebäude zum Grunde
dienen könnten, heißt ein tiefsinniger gründlicher Mann.
So thun unsere sämtliche Gelehrten nichts, als Mate-
rialien in Ordnung bringen und einen Grund legen.
Fängt aber jemand an, aus den verschiedenen großen
Haufen Materialien die Jahrhunderte lang dicht auf-
einander gelegen haben, auf den schon gelegten Grund
ein Gebäude zu bauen, so verspottet man ihn als einen
seichten Kopf, der Materialien und Grund von an-
dern nimmt, und dessen Ordnung voller Lücken ist.
Man bedenkt nicht, daß durch diese Lücken das Licht
in das Gebäude fällt, und daß durch dieselben, Men-
schen in das Gebäude hineingehen können, dahinge-
gen in den dichten Haufen weder Licht noch Wärme

dringen



und jede Art in zierliche Schichten uͤbereinander zu ſe-
tzen. Jn dieſem Jahrhunderte haͤtten Baumeiſter
kommen ſollen, die aus dieſen Materialien, dem menſch-
lichen Geſchlechte zum beſten, Gebaͤude gebauet haͤtten.
Aber jeder Gelehrte faͤhrt fort, ſein Schichtchen Back-
ſteine vor ſich her dicht aufeinander zu legen, und
nennt es ein Lehrgebaͤude. Jſt jemand ſo gluͤcklich
auf ſeinem Spaziergange ein paar einzelne Steine zu
finden, und ſie in guter Ordnung zu ſeinem Haͤufchen
hinzuzulegen, ſo heißt er ein Erfinder. Derjenige der
große Quaderſteine in Graben neben einander waͤlzt,
daß ſie einmahl kuͤnftig einem Gebaͤude zum Grunde
dienen koͤnnten, heißt ein tiefſinniger gruͤndlicher Mann.
So thun unſere ſaͤmtliche Gelehrten nichts, als Mate-
rialien in Ordnung bringen und einen Grund legen.
Faͤngt aber jemand an, aus den verſchiedenen großen
Haufen Materialien die Jahrhunderte lang dicht auf-
einander gelegen haben, auf den ſchon gelegten Grund
ein Gebaͤude zu bauen, ſo verſpottet man ihn als einen
ſeichten Kopf, der Materialien und Grund von an-
dern nimmt, und deſſen Ordnung voller Luͤcken iſt.
Man bedenkt nicht, daß durch dieſe Luͤcken das Licht
in das Gebaͤude faͤllt, und daß durch dieſelben, Men-
ſchen in das Gebaͤude hineingehen koͤnnen, dahinge-
gen in den dichten Haufen weder Licht noch Waͤrme

dringen
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[125/0149] und jede Art in zierliche Schichten uͤbereinander zu ſe- tzen. Jn dieſem Jahrhunderte haͤtten Baumeiſter kommen ſollen, die aus dieſen Materialien, dem menſch- lichen Geſchlechte zum beſten, Gebaͤude gebauet haͤtten. Aber jeder Gelehrte faͤhrt fort, ſein Schichtchen Back- ſteine vor ſich her dicht aufeinander zu legen, und nennt es ein Lehrgebaͤude. Jſt jemand ſo gluͤcklich auf ſeinem Spaziergange ein paar einzelne Steine zu finden, und ſie in guter Ordnung zu ſeinem Haͤufchen hinzuzulegen, ſo heißt er ein Erfinder. Derjenige der große Quaderſteine in Graben neben einander waͤlzt, daß ſie einmahl kuͤnftig einem Gebaͤude zum Grunde dienen koͤnnten, heißt ein tiefſinniger gruͤndlicher Mann. So thun unſere ſaͤmtliche Gelehrten nichts, als Mate- rialien in Ordnung bringen und einen Grund legen. Faͤngt aber jemand an, aus den verſchiedenen großen Haufen Materialien die Jahrhunderte lang dicht auf- einander gelegen haben, auf den ſchon gelegten Grund ein Gebaͤude zu bauen, ſo verſpottet man ihn als einen ſeichten Kopf, der Materialien und Grund von an- dern nimmt, und deſſen Ordnung voller Luͤcken iſt. Man bedenkt nicht, daß durch dieſe Luͤcken das Licht in das Gebaͤude faͤllt, und daß durch dieſelben, Men- ſchen in das Gebaͤude hineingehen koͤnnen, dahinge- gen in den dichten Haufen weder Licht noch Waͤrme dringen

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/149>, abgerufen am 23.11.2024.