Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.hat, ein verbindliches Compliment macht, und auch nicht vergißt, der Mamsell im besten zu gedenken. Hievon wußte Mariane gar nichts. Sie war Mariane hatte von Jugend auf eine große Sorg- und *) Ungelehrten Vätern und Müttern zu gute, sey hier ange-
merkt, daß die Gelehrten mit diesem griechischen Worte die Kunst der Erziehung andeuten. Diese feyerliche Be- nennung wird gebraucht, seitdem die Gelehrten diese Kunst in verschiedene Systeme gebracht haben, deren jedes für sich sehr genau zusammenhängt, nur daß eines dem andern schnurstracks widerspricht. hat, ein verbindliches Compliment macht, und auch nicht vergißt, der Mamſell im beſten zu gedenken. Hievon wußte Mariane gar nichts. Sie war Mariane hatte von Jugend auf eine große Sorg- und *) Ungelehrten Vaͤtern und Muͤttern zu gute, ſey hier ange-
merkt, daß die Gelehrten mit dieſem griechiſchen Worte die Kunſt der Erziehung andeuten. Dieſe feyerliche Be- nennung wird gebraucht, ſeitdem die Gelehrten dieſe Kunſt in verſchiedene Syſteme gebracht haben, deren jedes fuͤr ſich ſehr genau zuſammenhaͤngt, nur daß eines dem andern ſchnurſtracks widerſpricht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0208" n="182"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> hat, ein verbindliches Compliment macht, und auch<lb/> nicht vergißt, der Mamſell im beſten zu gedenken.</p><lb/> <p>Hievon wußte <hi rendition="#fr">Mariane</hi> gar nichts. Sie war<lb/> vielmehr beym Antritte ihres Amts ſo unerfahren, daß<lb/> ſie ihren Fraͤulein eine anſtaͤndige Beſcheidenheit an-<lb/> pries; eine Eigenſchaft, die gar nicht glaͤnzend iſt,<lb/> und die die Frau von <hi rendition="#fr">Hohenauf</hi> aufs hoͤchſte an<lb/> ihren Bedienten lobte. Sie wuͤrde alſo <hi rendition="#fr">Ma-<lb/> rianen</hi> ſehr bald uͤberdruͤßig geworden ſeyn, wenn<lb/> nicht ein kleiner Umſtand, davon in keinem der Sy-<lb/> ſteme der <hi rendition="#fr">Paͤdagogik</hi><note place="foot" n="*)">Ungelehrten Vaͤtern und Muͤttern zu gute, ſey hier ange-<lb/> merkt, daß die Gelehrten mit dieſem griechiſchen Worte<lb/> die <hi rendition="#fr">Kunſt der Erziehung</hi> andeuten. Dieſe feyerliche Be-<lb/> nennung wird gebraucht, ſeitdem die Gelehrten dieſe<lb/> Kunſt in verſchiedene Syſteme gebracht haben, deren<lb/> jedes fuͤr ſich ſehr genau zuſammenhaͤngt, nur daß eines<lb/> dem andern ſchnurſtracks widerſpricht.</note>, worin noch ein Kapitel<lb/> von <hi rendition="#fr">franzoͤſiſchen Mamſellen</hi> befindlich iſt, ein<lb/> einziges Woͤrtchen angetroffen wird.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Mariane</hi> hatte von Jugend auf eine große Sorg-<lb/> ſalt fuͤr ihre eigene Perſon getragen. Sie hielt ſich<lb/> uͤberaus reinlich in Kleidung und Waͤſche. Sie hatte<lb/> die natuͤrliche Gabe, allen weiblichen Putz ſogleich<lb/> nach deſſen Beſtandtheilen zu uͤberſehen, alſo auch ihn<lb/> nachzumachen, nach ihrem Geſchmacke zu verbeſſern,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0208]
hat, ein verbindliches Compliment macht, und auch
nicht vergißt, der Mamſell im beſten zu gedenken.
Hievon wußte Mariane gar nichts. Sie war
vielmehr beym Antritte ihres Amts ſo unerfahren, daß
ſie ihren Fraͤulein eine anſtaͤndige Beſcheidenheit an-
pries; eine Eigenſchaft, die gar nicht glaͤnzend iſt,
und die die Frau von Hohenauf aufs hoͤchſte an
ihren Bedienten lobte. Sie wuͤrde alſo Ma-
rianen ſehr bald uͤberdruͤßig geworden ſeyn, wenn
nicht ein kleiner Umſtand, davon in keinem der Sy-
ſteme der Paͤdagogik *), worin noch ein Kapitel
von franzoͤſiſchen Mamſellen befindlich iſt, ein
einziges Woͤrtchen angetroffen wird.
Mariane hatte von Jugend auf eine große Sorg-
ſalt fuͤr ihre eigene Perſon getragen. Sie hielt ſich
uͤberaus reinlich in Kleidung und Waͤſche. Sie hatte
die natuͤrliche Gabe, allen weiblichen Putz ſogleich
nach deſſen Beſtandtheilen zu uͤberſehen, alſo auch ihn
nachzumachen, nach ihrem Geſchmacke zu verbeſſern,
und
*) Ungelehrten Vaͤtern und Muͤttern zu gute, ſey hier ange-
merkt, daß die Gelehrten mit dieſem griechiſchen Worte
die Kunſt der Erziehung andeuten. Dieſe feyerliche Be-
nennung wird gebraucht, ſeitdem die Gelehrten dieſe
Kunſt in verſchiedene Syſteme gebracht haben, deren
jedes fuͤr ſich ſehr genau zuſammenhaͤngt, nur daß eines
dem andern ſchnurſtracks widerſpricht.
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