Dem Sebaldus klopfte hiebey ein wenig das Herz, aber Wilhelmine jubilirte über den glücklichen Erfolg ihres Vorschlags. Sie wendete auf dem Wege aus der Kirche nach Hause alles an, um ihrem Mann eben so freudige Gesinnungen mitzutheilen. Es wür- de ihr vielleicht gelungen seyn, wenn nicht zween Briefe, die sie bey ihrer Ankunft zu Hause fanden, ihre Freude etwas niedergeschlagen hätten. Der eine war von ei- nem Professor der Universität wo ihr ältester Sohn studierte. Er meldete ihnen ohne Umschweife, daß ihr Sohn, mit Hinterlaßung vieler Schulden davon gelaufen sey, und daß niemand wisse, wohin. Beide Aeltern fuhren bei dieser unvermutheten Nachricht zu- sammen, und zitterten für den zweyten Brief. Als sie auf der Aufschrift ihres Sohnes Hand erblickten, so riß ihn Wilhelmine aus Sebaldus Händen, und laß ihn. Der Sohn meldete darinn, ohne von seinen Schulden etwas zu erwehnen, "daß er es für einen "guten Bürger für schimpflich halte, stille zu sitzen "wenn das Vaterland in Noth sey; daß die Römer "und Griechen in ihrer Jugend Kriegsdienste gethan "hätten, daß er diesem glorreichen Exempel folgen "wolte, und daher auch zur Armee gegangen sey. Er "meldete zu gleicher Zeit seinen Eltern, daß er vor der "Hand einen fremden Namen angenommen habe,
"und
Erster Theil. C
Dem Sebaldus klopfte hiebey ein wenig das Herz, aber Wilhelmine jubilirte uͤber den gluͤcklichen Erfolg ihres Vorſchlags. Sie wendete auf dem Wege aus der Kirche nach Hauſe alles an, um ihrem Mann eben ſo freudige Geſinnungen mitzutheilen. Es wuͤr- de ihr vielleicht gelungen ſeyn, wenn nicht zween Briefe, die ſie bey ihrer Ankunft zu Hauſe fanden, ihre Freude etwas niedergeſchlagen haͤtten. Der eine war von ei- nem Profeſſor der Univerſitaͤt wo ihr aͤlteſter Sohn ſtudierte. Er meldete ihnen ohne Umſchweife, daß ihr Sohn, mit Hinterlaßung vieler Schulden davon gelaufen ſey, und daß niemand wiſſe, wohin. Beide Aeltern fuhren bei dieſer unvermutheten Nachricht zu- ſammen, und zitterten fuͤr den zweyten Brief. Als ſie auf der Aufſchrift ihres Sohnes Hand erblickten, ſo riß ihn Wilhelmine aus Sebaldus Haͤnden, und laß ihn. Der Sohn meldete darinn, ohne von ſeinen Schulden etwas zu erwehnen, „daß er es fuͤr einen „guten Buͤrger fuͤr ſchimpflich halte, ſtille zu ſitzen „wenn das Vaterland in Noth ſey; daß die Roͤmer „und Griechen in ihrer Jugend Kriegsdienſte gethan „haͤtten, daß er dieſem glorreichen Exempel folgen „wolte, und daher auch zur Armee gegangen ſey. Er „meldete zu gleicher Zeit ſeinen Eltern, daß er vor der „Hand einen fremden Namen angenommen habe,
„und
Erſter Theil. C
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Dem Sebaldus klopfte hiebey ein wenig das
Herz, aber Wilhelmine jubilirte uͤber den gluͤcklichen
Erfolg ihres Vorſchlags. Sie wendete auf dem Wege
aus der Kirche nach Hauſe alles an, um ihrem Mann
eben ſo freudige Geſinnungen mitzutheilen. Es wuͤr-
de ihr vielleicht gelungen ſeyn, wenn nicht zween Briefe,
die ſie bey ihrer Ankunft zu Hauſe fanden, ihre Freude
etwas niedergeſchlagen haͤtten. Der eine war von ei-
nem Profeſſor der Univerſitaͤt wo ihr aͤlteſter Sohn
ſtudierte. Er meldete ihnen ohne Umſchweife, daß
ihr Sohn, mit Hinterlaßung vieler Schulden davon
gelaufen ſey, und daß niemand wiſſe, wohin. Beide
Aeltern fuhren bei dieſer unvermutheten Nachricht zu-
ſammen, und zitterten fuͤr den zweyten Brief. Als
ſie auf der Aufſchrift ihres Sohnes Hand erblickten,
ſo riß ihn Wilhelmine aus Sebaldus Haͤnden, und
laß ihn. Der Sohn meldete darinn, ohne von ſeinen
Schulden etwas zu erwehnen, „daß er es fuͤr einen
„guten Buͤrger fuͤr ſchimpflich halte, ſtille zu ſitzen
„wenn das Vaterland in Noth ſey; daß die Roͤmer
„und Griechen in ihrer Jugend Kriegsdienſte gethan
„haͤtten, daß er dieſem glorreichen Exempel folgen
„wolte, und daher auch zur Armee gegangen ſey. Er
„meldete zu gleicher Zeit ſeinen Eltern, daß er vor der
„Hand einen fremden Namen angenommen habe,
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/53>, abgerufen am 16.02.2025.
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