Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.pflegte sie der Franzosen mit einem wiedrigen Seiten- blicke zu gedenken, und über den zureichenden und determinirenden Grund, waren ihre Gedanken ihres Mannes Gedanken so schnurstracks zuwider, daß weder Sebaldus das Wort zureichend, noch Wil- helmine das Wort determinirend jemals in den Mund zu nehmen pflegte. Es geschahe also hier, was immer zu geschehen pflegt, daß die gefällige Freundlichkeit eines Frauenzimmers die besten Gründe einer Mannsperson unkräftig machte. Sebaldus wählte einen schicklichen Text für den Den
pflegte ſie der Franzoſen mit einem wiedrigen Seiten- blicke zu gedenken, und uͤber den zureichenden und determinirenden Grund, waren ihre Gedanken ihres Mannes Gedanken ſo ſchnurſtracks zuwider, daß weder Sebaldus das Wort zureichend, noch Wil- helmine das Wort determinirend jemals in den Mund zu nehmen pflegte. Es geſchahe alſo hier, was immer zu geſchehen pflegt, daß die gefaͤllige Freundlichkeit eines Frauenzimmers die beſten Gruͤnde einer Mannsperſon unkraͤftig machte. Sebaldus waͤhlte einen ſchicklichen Text fuͤr den Den
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pflegte ſie der Franzoſen mit einem wiedrigen Seiten-
blicke zu gedenken, und uͤber den zureichenden und
determinirenden Grund, waren ihre Gedanken ihres
Mannes Gedanken ſo ſchnurſtracks zuwider, daß
weder Sebaldus das Wort zureichend, noch Wil-
helmine das Wort determinirend jemals in den
Mund zu nehmen pflegte. Es geſchahe alſo hier,
was immer zu geſchehen pflegt, daß die gefaͤllige
Freundlichkeit eines Frauenzimmers die beſten Gruͤnde
einer Mannsperſon unkraͤftig machte.
Sebaldus waͤhlte einen ſchicklichen Text fuͤr den
naͤchſten Sonntag aus der Apocalypſe, und da die-
ſes das erſte mahl war, daß er uͤber einen Text aus
dieſem von ihm ſo geliebten Buche predigte, ſo hielt
er ſeine Predigt, vom Tode fuͤrs Vaterland, in
einem enthuſiaſtiſchen Feuer, das ſeine Gemeine ſonſt
an ihm nicht gewohnt war. Als er aus der Kirche
nach Hauſe gieng, bemerkte er ſogleich die Frucht ſei-
nes Eifers. Er ſahe auf dem Kirchhofe einen ziem-
lichen Anflauf, und hoͤrte jemand ſehr laut reden. Als
er naͤher hinzu kam, hoͤrte er, daß ein im Dorfe lie-
gender Unterofficier, der mit in der Kirche geweſen,
zu ſeiner Predigt einen epanorthotiſchen Uſum hinzu
that, und nicht ohne Frucht, denn zehn junge, ra-
ſche Bauerkerl, nahmen auf der Stelle Dienſte.
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