Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.also, um sie in kirchlicher Zucht zu halten, auf ein recht derbes Gesetzpredigen. Er mahlte ihnen den hölli- schen Schwefelpfuhl recht schrecklich, und die Mar- tern der Verdammten recht gräßlich vor, wobei er denn mit einem holen klagenden Tone das Wort ewig! ewig! ewig! sehr oft erschallen ließ. So streng und unerbittlich er aber auf der Kanzel gegen die Sünder war, so gefällig und nachgebend war er gegen seine Frau, die er aus so vornehmen Händen empfangen hatte. Sie regierte ihn ganz. Unglücklicherweise aber für Sebaldus war sie auf denselben und seine Frau auch sehr übel zu sprechen. Sie konnte es ihm noch nicht vergeben, daß er ihre Hand und mit ihr das ein- trägliche Amt ausgeschlagen hatte, bloß um eine jün- gere und schönere Person zu heirathen. Wenn also D. Stauzius gegen Sebaldus nur ein verdries- liches Wort sagte, so setzte sie noch zwey oder drey hinzu, und brachte sowohl ihren itzigen Mann, als ihren gewesenen Herrn wider ihn auf. Welch Wun- der also, daß Sebaldus sehr oft, auch bei den ge- ringfügigsten Vorfällen nachdrückliche Verweise aus dem Consistorium bekam. Die gegenwärtige Sache hingegen war zu wichtig, Person
alſo, um ſie in kirchlicher Zucht zu halten, auf ein recht derbes Geſetzpredigen. Er mahlte ihnen den hoͤlli- ſchen Schwefelpfuhl recht ſchrecklich, und die Mar- tern der Verdammten recht graͤßlich vor, wobei er denn mit einem holen klagenden Tone das Wort ewig! ewig! ewig! ſehr oft erſchallen ließ. So ſtreng und unerbittlich er aber auf der Kanzel gegen die Suͤnder war, ſo gefaͤllig und nachgebend war er gegen ſeine Frau, die er aus ſo vornehmen Haͤnden empfangen hatte. Sie regierte ihn ganz. Ungluͤcklicherweiſe aber fuͤr Sebaldus war ſie auf denſelben und ſeine Frau auch ſehr uͤbel zu ſprechen. Sie konnte es ihm noch nicht vergeben, daß er ihre Hand und mit ihr das ein- traͤgliche Amt ausgeſchlagen hatte, bloß um eine juͤn- gere und ſchoͤnere Perſon zu heirathen. Wenn alſo D. Stauzius gegen Sebaldus nur ein verdries- liches Wort ſagte, ſo ſetzte ſie noch zwey oder drey hinzu, und brachte ſowohl ihren itzigen Mann, als ihren geweſenen Herrn wider ihn auf. Welch Wun- der alſo, daß Sebaldus ſehr oft, auch bei den ge- ringfuͤgigſten Vorfaͤllen nachdruͤckliche Verweiſe aus dem Conſiſtorium bekam. Die gegenwaͤrtige Sache hingegen war zu wichtig, Perſon
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alſo, um ſie in kirchlicher Zucht zu halten, auf ein recht
derbes Geſetzpredigen. Er mahlte ihnen den hoͤlli-
ſchen Schwefelpfuhl recht ſchrecklich, und die Mar-
tern der Verdammten recht graͤßlich vor, wobei er denn
mit einem holen klagenden Tone das Wort ewig!
ewig! ewig! ſehr oft erſchallen ließ. So ſtreng und
unerbittlich er aber auf der Kanzel gegen die Suͤnder
war, ſo gefaͤllig und nachgebend war er gegen ſeine
Frau, die er aus ſo vornehmen Haͤnden empfangen
hatte. Sie regierte ihn ganz. Ungluͤcklicherweiſe aber
fuͤr Sebaldus war ſie auf denſelben und ſeine Frau
auch ſehr uͤbel zu ſprechen. Sie konnte es ihm noch
nicht vergeben, daß er ihre Hand und mit ihr das ein-
traͤgliche Amt ausgeſchlagen hatte, bloß um eine juͤn-
gere und ſchoͤnere Perſon zu heirathen. Wenn alſo
D. Stauzius gegen Sebaldus nur ein verdries-
liches Wort ſagte, ſo ſetzte ſie noch zwey oder drey
hinzu, und brachte ſowohl ihren itzigen Mann, als
ihren geweſenen Herrn wider ihn auf. Welch Wun-
der alſo, daß Sebaldus ſehr oft, auch bei den ge-
ringfuͤgigſten Vorfaͤllen nachdruͤckliche Verweiſe aus
dem Conſiſtorium bekam.
Die gegenwaͤrtige Sache hingegen war zu wichtig,
als daß ſie mit einem bloßen ſchriftlichen Verweiſe
konnte abgemacht werden. Sebaldus ward alſo in
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