Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.doppelte Beerdigung die Gebühren zu bezahlen. Tuf- felius bezeigte über des Sebaldus Unfälle ein christli- ches Mitleiden, versicherte, daß er gegen denselben gar keine Feindschaft hege, und um sein verträgliches Gemüth zu zeigen, erbot er sich sogar, der sel. Frau Pastorin eine öffentliche Leichenpredigt zu halten, wenn es dem Herrn Hieronymus beliebte die Gebühren dafür zu entrichten. Dieser fand es aber eben nicht nöthig, und kehrte nach dem Bauerhause zurück, wo er mit Beyhülfe des gutherzigen Bauern die Beer- digung beider Leichen besorgte, und unmittelbar dar- auf Sebaldus und Marianen mit sich nach der Stadt nahm. Sie hielten sich einige Monate in Hieronymus anlas-
doppelte Beerdigung die Gebuͤhren zu bezahlen. Tuf- felius bezeigte uͤber des Sebaldus Unfaͤlle ein chriſtli- ches Mitleiden, verſicherte, daß er gegen denſelben gar keine Feindſchaft hege, und um ſein vertraͤgliches Gemuͤth zu zeigen, erbot er ſich ſogar, der ſel. Frau Paſtorin eine oͤffentliche Leichenpredigt zu halten, wenn es dem Herrn Hieronymus beliebte die Gebuͤhren dafuͤr zu entrichten. Dieſer fand es aber eben nicht noͤthig, und kehrte nach dem Bauerhauſe zuruͤck, wo er mit Beyhuͤlfe des gutherzigen Bauern die Beer- digung beider Leichen beſorgte, und unmittelbar dar- auf Sebaldus und Marianen mit ſich nach der Stadt nahm. Sie hielten ſich einige Monate in Hieronymus anlaſ-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0096" n="72"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> doppelte Beerdigung die Gebuͤhren zu bezahlen. <hi rendition="#fr">Tuf-<lb/> felius</hi> bezeigte uͤber des <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> Unfaͤlle ein chriſtli-<lb/> ches Mitleiden, verſicherte, daß er gegen denſelben<lb/> gar keine Feindſchaft hege, und um ſein vertraͤgliches<lb/> Gemuͤth zu zeigen, erbot er ſich ſogar, der ſel. Frau<lb/> Paſtorin eine oͤffentliche Leichenpredigt zu halten, wenn<lb/> es dem Herrn <hi rendition="#fr">Hieronymus</hi> beliebte die Gebuͤhren<lb/> dafuͤr zu entrichten. Dieſer fand es aber eben nicht<lb/> noͤthig, und kehrte nach dem Bauerhauſe zuruͤck, wo<lb/> er mit Beyhuͤlfe des gutherzigen Bauern die Beer-<lb/> digung beider Leichen beſorgte, und unmittelbar dar-<lb/> auf <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> und <hi rendition="#fr">Marianen</hi> mit ſich nach der<lb/> Stadt nahm.</p><lb/> <p>Sie hielten ſich einige Monate in <hi rendition="#fr">Hieronymus</hi><lb/> Hauſe auf, ohne daß ihnen der geringſte Unfall be-<lb/> gegnet waͤre. Zwar hielt <hi rendition="#fr">D. Stauzius,</hi> den Sonn-<lb/> tag nach ihrer Ankunft, eine ſcharfe Geſetzpredigt uͤber<lb/> den Spruch: <hi rendition="#fr">einen ketzeriſchen Menſchen meide,</hi><lb/> worinn er ſehr deutlich zeigte, daß derjenige, der einen<lb/> ketzeriſchen Menſchen beherberget, ſich ſeiner Suͤnden<lb/> theilhaftig machet, welches er mit 2 Joh. v. 10. be-<lb/> ſtaͤtigte. Doch hatte er das Misvergnuͤgen, daß dieſe<lb/> Predigt gar nicht auf <hi rendition="#fr">Sebaldus,</hi> ſondern auf einen<lb/> katholiſchen Zuckerbecker gedeutet ward, den der Fuͤrſt<lb/> hatte aus Wien kommen laſſen. Und da durch Ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">anlaſ-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0096]
doppelte Beerdigung die Gebuͤhren zu bezahlen. Tuf-
felius bezeigte uͤber des Sebaldus Unfaͤlle ein chriſtli-
ches Mitleiden, verſicherte, daß er gegen denſelben
gar keine Feindſchaft hege, und um ſein vertraͤgliches
Gemuͤth zu zeigen, erbot er ſich ſogar, der ſel. Frau
Paſtorin eine oͤffentliche Leichenpredigt zu halten, wenn
es dem Herrn Hieronymus beliebte die Gebuͤhren
dafuͤr zu entrichten. Dieſer fand es aber eben nicht
noͤthig, und kehrte nach dem Bauerhauſe zuruͤck, wo
er mit Beyhuͤlfe des gutherzigen Bauern die Beer-
digung beider Leichen beſorgte, und unmittelbar dar-
auf Sebaldus und Marianen mit ſich nach der
Stadt nahm.
Sie hielten ſich einige Monate in Hieronymus
Hauſe auf, ohne daß ihnen der geringſte Unfall be-
gegnet waͤre. Zwar hielt D. Stauzius, den Sonn-
tag nach ihrer Ankunft, eine ſcharfe Geſetzpredigt uͤber
den Spruch: einen ketzeriſchen Menſchen meide,
worinn er ſehr deutlich zeigte, daß derjenige, der einen
ketzeriſchen Menſchen beherberget, ſich ſeiner Suͤnden
theilhaftig machet, welches er mit 2 Joh. v. 10. be-
ſtaͤtigte. Doch hatte er das Misvergnuͤgen, daß dieſe
Predigt gar nicht auf Sebaldus, ſondern auf einen
katholiſchen Zuckerbecker gedeutet ward, den der Fuͤrſt
hatte aus Wien kommen laſſen. Und da durch Ver-
anlaſ-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |