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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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erbietungen ausschlug, um Deutsch zu reden, ziemlich
aus der Fassang gebracht, und deshalb, um Un-
deutsch zu reden, nicht wenig intriguirt.

Das Fräulein übersah mit Einem Blicke, daß ihr
Mariane ihre beiden Liebhaber raubte, und setzte
alle Kräfte der Schönheit und der Koketterie in Be-
wegung, um über sie den Sieg davon zu tragen.

Jndeß daß alle diese Personen ihre kleinen Ent-
würfe machten, dachte Rambold, Säuglings
Hofmeister, einen Meisterstreich auszuführen. Ram-
bold
war ein schwarzhäriger, rothbäckiger, wohl-
bewadeter Magister, der auf Universitäten zwar sehr
locker gelebt, aber doch auch, mit Hülfe eines offnen
Kopfes, so viel von den Wissenschaften erschnappt
hatte, daß er ziemlich fertig davon plaudern konnte.
Er hielt sich selbst für sehr gelehrt, weil er, mit der
Selbstgenügsamkeit eines Gecken, der von allem hat
reden hören, und über nichts nachgedacht hat, über
alles entscheiden konnte. Sein Eigendünkel trieb
ihn, jedermann zu hohnnecken, auch der klüger war,
als er, und zu widersprechen, ehe er noch wußte, was
er sagen wollte. War jemand einer Meinung, so
war dieß für ihn genug, das Gegentheil zu behaupten,
und er glaubte, er zeige seinen Witz, wenn er den
andern niederschreyen, und seinen Scharfsinn, wenn

er



erbietungen ausſchlug, um Deutſch zu reden, ziemlich
aus der Faſſang gebracht, und deshalb, um Un-
deutſch zu reden, nicht wenig intriguirt.

Das Fraͤulein uͤberſah mit Einem Blicke, daß ihr
Mariane ihre beiden Liebhaber raubte, und ſetzte
alle Kraͤfte der Schoͤnheit und der Koketterie in Be-
wegung, um uͤber ſie den Sieg davon zu tragen.

Jndeß daß alle dieſe Perſonen ihre kleinen Ent-
wuͤrfe machten, dachte Rambold, Saͤuglings
Hofmeiſter, einen Meiſterſtreich auszufuͤhren. Ram-
bold
war ein ſchwarzhaͤriger, rothbaͤckiger, wohl-
bewadeter Magiſter, der auf Univerſitaͤten zwar ſehr
locker gelebt, aber doch auch, mit Huͤlfe eines offnen
Kopfes, ſo viel von den Wiſſenſchaften erſchnappt
hatte, daß er ziemlich fertig davon plaudern konnte.
Er hielt ſich ſelbſt fuͤr ſehr gelehrt, weil er, mit der
Selbſtgenuͤgſamkeit eines Gecken, der von allem hat
reden hoͤren, und uͤber nichts nachgedacht hat, uͤber
alles entſcheiden konnte. Sein Eigenduͤnkel trieb
ihn, jedermann zu hohnnecken, auch der kluͤger war,
als er, und zu widerſprechen, ehe er noch wußte, was
er ſagen wollte. War jemand einer Meinung, ſo
war dieß fuͤr ihn genug, das Gegentheil zu behaupten,
und er glaubte, er zeige ſeinen Witz, wenn er den
andern niederſchreyen, und ſeinen Scharfſinn, wenn

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[164/0174] erbietungen ausſchlug, um Deutſch zu reden, ziemlich aus der Faſſang gebracht, und deshalb, um Un- deutſch zu reden, nicht wenig intriguirt. Das Fraͤulein uͤberſah mit Einem Blicke, daß ihr Mariane ihre beiden Liebhaber raubte, und ſetzte alle Kraͤfte der Schoͤnheit und der Koketterie in Be- wegung, um uͤber ſie den Sieg davon zu tragen. Jndeß daß alle dieſe Perſonen ihre kleinen Ent- wuͤrfe machten, dachte Rambold, Saͤuglings Hofmeiſter, einen Meiſterſtreich auszufuͤhren. Ram- bold war ein ſchwarzhaͤriger, rothbaͤckiger, wohl- bewadeter Magiſter, der auf Univerſitaͤten zwar ſehr locker gelebt, aber doch auch, mit Huͤlfe eines offnen Kopfes, ſo viel von den Wiſſenſchaften erſchnappt hatte, daß er ziemlich fertig davon plaudern konnte. Er hielt ſich ſelbſt fuͤr ſehr gelehrt, weil er, mit der Selbſtgenuͤgſamkeit eines Gecken, der von allem hat reden hoͤren, und uͤber nichts nachgedacht hat, uͤber alles entſcheiden konnte. Sein Eigenduͤnkel trieb ihn, jedermann zu hohnnecken, auch der kluͤger war, als er, und zu widerſprechen, ehe er noch wußte, was er ſagen wollte. War jemand einer Meinung, ſo war dieß fuͤr ihn genug, das Gegentheil zu behaupten, und er glaubte, er zeige ſeinen Witz, wenn er den andern niederſchreyen, und ſeinen Scharfſinn, wenn er

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/174>, abgerufen am 21.11.2024.