Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775."des Glaubens und der Kleidung, der zu Luthers "Zeiten allen guten Leuten gemein war, endlich das "Symbolum eines besondern Standes blieb. Und "dennoch befürchte ich, es gehe, noch in einer andern "Absicht, der Konformität mit den symbolischen Bü- "chern, wie den Aermeln und den Mänteln der Geist- "lichen. Obgleich jene immer Orthodoxie heißt, "und diese immer schwarz bleiben, so haben sie beide "doch, sonderlich seit funßig Jahren, so viel kleine, "aber wesentliche Veränderungen erlitten, daß im "Grunde, ein guter alter orthodoxer Dorfpastor, der, "seit Buddeus Zeiten, an keine Veränderungen we- "der in der Gelehrsamkeit noch in Rockschößen und "Perücken gedacht hat, von einem jungen orthodoxen "Diakon itziger Zeit, der vier Jahre lang in adelichen "Häusern Hofmeister gewesen ist, aller Konformität "unerachtet, eben so stark in der Kleidertracht, als in "der Glaubenslehre verschieden ist. ,Sebaldus sagte lächelnd, es dünckt mich doch fast, ,Jch dächte nicht. Sie haben nur auf jene Ver- "ist
”des Glaubens und der Kleidung, der zu Luthers ”Zeiten allen guten Leuten gemein war, endlich das ”Symbolum eines beſondern Standes blieb. Und ”dennoch befuͤrchte ich, es gehe, noch in einer andern ”Abſicht, der Konformitaͤt mit den ſymboliſchen Buͤ- ”chern, wie den Aermeln und den Maͤnteln der Geiſt- ”lichen. Obgleich jene immer Orthodoxie heißt, ”und dieſe immer ſchwarz bleiben, ſo haben ſie beide ”doch, ſonderlich ſeit funſzig Jahren, ſo viel kleine, ”aber weſentliche Veraͤnderungen erlitten, daß im ”Grunde, ein guter alter orthodoxer Dorfpaſtor, der, ”ſeit Buddeus Zeiten, an keine Veraͤnderungen we- ”der in der Gelehrſamkeit noch in Rockſchoͤßen und ”Peruͤcken gedacht hat, von einem jungen orthodoxen ”Diakon itziger Zeit, der vier Jahre lang in adelichen ”Haͤuſern Hofmeiſter geweſen iſt, aller Konformitaͤt ”unerachtet, eben ſo ſtark in der Kleidertracht, als in ”der Glaubenslehre verſchieden iſt. ‚Sebaldus ſagte laͤchelnd, es duͤnckt mich doch faſt, ‚Jch daͤchte nicht. Sie haben nur auf jene Ver- ”iſt
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”des Glaubens und der Kleidung, der zu Luthers
”Zeiten allen guten Leuten gemein war, endlich das
”Symbolum eines beſondern Standes blieb. Und
”dennoch befuͤrchte ich, es gehe, noch in einer andern
”Abſicht, der Konformitaͤt mit den ſymboliſchen Buͤ-
”chern, wie den Aermeln und den Maͤnteln der Geiſt-
”lichen. Obgleich jene immer Orthodoxie heißt,
”und dieſe immer ſchwarz bleiben, ſo haben ſie beide
”doch, ſonderlich ſeit funſzig Jahren, ſo viel kleine,
”aber weſentliche Veraͤnderungen erlitten, daß im
”Grunde, ein guter alter orthodoxer Dorfpaſtor, der,
”ſeit Buddeus Zeiten, an keine Veraͤnderungen we-
”der in der Gelehrſamkeit noch in Rockſchoͤßen und
”Peruͤcken gedacht hat, von einem jungen orthodoxen
”Diakon itziger Zeit, der vier Jahre lang in adelichen
”Haͤuſern Hofmeiſter geweſen iſt, aller Konformitaͤt
”unerachtet, eben ſo ſtark in der Kleidertracht, als in
”der Glaubenslehre verſchieden iſt.
‚Sebaldus ſagte laͤchelnd, es duͤnckt mich doch faſt,
”die Dogmatik habe ſeit meiner Jugend mehrere Ver-
”aͤnderungen erlitten, als die Kleidertracht. Jch daͤch-
”te die Geiſtlichen giengen noch eben ſo, wie vor vier-
”zig Jahren, in Roͤcken, und in Kragen und Maͤnteln.‛
‚Jch daͤchte nicht. Sie haben nur auf jene Ver-
”aͤnderung mehr acht gegeben, als auf dieſe. Sie
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