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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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Walde herausführte. Dahin ward der Wagen be-
schieden, und Säugling gieng in das Gebüsch, mit
der Schreibtafel in der Hand, um, unter den Ein-
flüssen der schönen Gegend, einer Scene in seinem
empfindsamen Romane nachzudenken.

Er war schon, eine geraume Zeit, in aller Wollust
der Autorempfängniß, fortgewandelt, als er, ohnge-
fähr dreißig Schritte vom Fußsteige ab, im Walde
einen angenehmen Gesang zu hören glaubte. Er
ward dadurch noch mehr aufmerksam gemacht, da
ihm die Melodie bekannt war, noch mehr, da es ihm
bey näherm Hinzugehen, eines seiner Lieder zu seyn
schien, noch mehr, da ihm die Stimme Marianens
Stimme zu seyn bedünkte. Er eilte durch das Ge-
sträuch. Es war wirklich Mariane, die bey ihrem
gewöhnlichen einsamen Abendspaziergange, sich am
Ufer des kleinen Baches niedergesetzt hatte, ihren
schwermüthigen Gedanken, über ihren geliebten ihr
so frühzeitig geraubten Säugling nachzuhängen,
und in diesem süßen Staunen, ein von demselben ehe-
mals an sie gerichtetes Lied sang.

Als sie Säuglingen erblickte, sprang sie auf, und
that einen lauten Schrey, weil sie glaubte ein Ge-
spenst zu sehen. Er überzeugte sie aber bald, daß er
lebte, da er sie aufs feurigste in seine Arme schloß,

und



Walde herausfuͤhrte. Dahin ward der Wagen be-
ſchieden, und Saͤugling gieng in das Gebuͤſch, mit
der Schreibtafel in der Hand, um, unter den Ein-
fluͤſſen der ſchoͤnen Gegend, einer Scene in ſeinem
empfindſamen Romane nachzudenken.

Er war ſchon, eine geraume Zeit, in aller Wolluſt
der Autorempfaͤngniß, fortgewandelt, als er, ohnge-
faͤhr dreißig Schritte vom Fußſteige ab, im Walde
einen angenehmen Geſang zu hoͤren glaubte. Er
ward dadurch noch mehr aufmerkſam gemacht, da
ihm die Melodie bekannt war, noch mehr, da es ihm
bey naͤherm Hinzugehen, eines ſeiner Lieder zu ſeyn
ſchien, noch mehr, da ihm die Stimme Marianens
Stimme zu ſeyn beduͤnkte. Er eilte durch das Ge-
ſtraͤuch. Es war wirklich Mariane, die bey ihrem
gewoͤhnlichen einſamen Abendſpaziergange, ſich am
Ufer des kleinen Baches niedergeſetzt hatte, ihren
ſchwermuͤthigen Gedanken, uͤber ihren geliebten ihr
ſo fruͤhzeitig geraubten Saͤugling nachzuhaͤngen,
und in dieſem ſuͤßen Staunen, ein von demſelben ehe-
mals an ſie gerichtetes Lied ſang.

Als ſie Saͤuglingen erblickte, ſprang ſie auf, und
that einen lauten Schrey, weil ſie glaubte ein Ge-
ſpenſt zu ſehen. Er uͤberzeugte ſie aber bald, daß er
lebte, da er ſie aufs feurigſte in ſeine Arme ſchloß,

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[125[]/0137] Walde herausfuͤhrte. Dahin ward der Wagen be- ſchieden, und Saͤugling gieng in das Gebuͤſch, mit der Schreibtafel in der Hand, um, unter den Ein- fluͤſſen der ſchoͤnen Gegend, einer Scene in ſeinem empfindſamen Romane nachzudenken. Er war ſchon, eine geraume Zeit, in aller Wolluſt der Autorempfaͤngniß, fortgewandelt, als er, ohnge- faͤhr dreißig Schritte vom Fußſteige ab, im Walde einen angenehmen Geſang zu hoͤren glaubte. Er ward dadurch noch mehr aufmerkſam gemacht, da ihm die Melodie bekannt war, noch mehr, da es ihm bey naͤherm Hinzugehen, eines ſeiner Lieder zu ſeyn ſchien, noch mehr, da ihm die Stimme Marianens Stimme zu ſeyn beduͤnkte. Er eilte durch das Ge- ſtraͤuch. Es war wirklich Mariane, die bey ihrem gewoͤhnlichen einſamen Abendſpaziergange, ſich am Ufer des kleinen Baches niedergeſetzt hatte, ihren ſchwermuͤthigen Gedanken, uͤber ihren geliebten ihr ſo fruͤhzeitig geraubten Saͤugling nachzuhaͤngen, und in dieſem ſuͤßen Staunen, ein von demſelben ehe- mals an ſie gerichtetes Lied ſang. Als ſie Saͤuglingen erblickte, ſprang ſie auf, und that einen lauten Schrey, weil ſie glaubte ein Ge- ſpenſt zu ſehen. Er uͤberzeugte ſie aber bald, daß er lebte, da er ſie aufs feurigſte in ſeine Arme ſchloß, und

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 125[]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/137>, abgerufen am 21.11.2024.