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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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,Aber Unglück und Mangel, läßt sich besser in
"der Nähe abhelfen, ohne daß man die Seinigen
"verlasse.'

,Ach! mir ist niemand übrig, der mich vermissen
"könnte, niemand ist (die Thränen flossen ihm von
"den abgehärmten Wangen,) in diesem ganzen Welt-
"theile, den ich den Meinigen nennen könnte.'

,Du bist also nicht verheurathet, Freund, hast
"keine Kinder?' -- Er sah den Sebaldus starr an
und seufzete. --

,Ach meine Frau ist längst unter Kummer und
"Unglück erlegen. Kinder? Ach ja, leider! ich habe
"Kinder. Eine Tochter, die meiner ganz unwürdig ist,
"einen Sohn, der in der Welt herumirret, seinen
"Vater längst vergessen hat, -- oder vielleicht auch, --'
setzte er verzweifelnd hinzu, -- ,nicht mehr herum-
"irret, denn seit zwey Jahren, habe ich keine Nach-
"richt von ihm.'

,Und du nennest dich unglücklich, Freund! da du
"Kinder hast? Siehe mich an!' Er bedeckte sein
Angesicht mit der Rechten, -- ,Mein einziger Sohn
"ist tod! die Stütze meines Alters ist dahin! -- wollte
"Gott! er irrte noch in der Welt herum. -- Jch
"wollte sein warten, Jahre lang sein warten! Hätte
"er Fehler begangen? welches göttliche Vergnü-

"gen,


‚Aber Ungluͤck und Mangel, laͤßt ſich beſſer in
„der Naͤhe abhelfen, ohne daß man die Seinigen
„verlaſſe.‛

‚Ach! mir iſt niemand uͤbrig, der mich vermiſſen
„koͤnnte, niemand iſt (die Thraͤnen floſſen ihm von
„den abgehaͤrmten Wangen,) in dieſem ganzen Welt-
„theile, den ich den Meinigen nennen koͤnnte.‛

‚Du biſt alſo nicht verheurathet, Freund, haſt
„keine Kinder?‛ — Er ſah den Sebaldus ſtarr an
und ſeufzete. —

‚Ach meine Frau iſt laͤngſt unter Kummer und
„Ungluͤck erlegen. Kinder? Ach ja, leider! ich habe
„Kinder. Eine Tochter, die meiner ganz unwuͤrdig iſt,
„einen Sohn, der in der Welt herumirret, ſeinen
„Vater laͤngſt vergeſſen hat, — oder vielleicht auch, —‛
ſetzte er verzweifelnd hinzu, — ‚nicht mehr herum-
„irret, denn ſeit zwey Jahren, habe ich keine Nach-
„richt von ihm.‛

‚Und du nenneſt dich ungluͤcklich, Freund! da du
„Kinder haſt? Siehe mich an!‛ Er bedeckte ſein
Angeſicht mit der Rechten, — ‚Mein einziger Sohn
„iſt tod! die Stuͤtze meines Alters iſt dahin! — wollte
„Gott! er irrte noch in der Welt herum. — Jch
„wollte ſein warten, Jahre lang ſein warten! Haͤtte
„er Fehler begangen? welches goͤttliche Vergnuͤ-

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[8[7]/0014] ‚Aber Ungluͤck und Mangel, laͤßt ſich beſſer in „der Naͤhe abhelfen, ohne daß man die Seinigen „verlaſſe.‛ ‚Ach! mir iſt niemand uͤbrig, der mich vermiſſen „koͤnnte, niemand iſt (die Thraͤnen floſſen ihm von „den abgehaͤrmten Wangen,) in dieſem ganzen Welt- „theile, den ich den Meinigen nennen koͤnnte.‛ ‚Du biſt alſo nicht verheurathet, Freund, haſt „keine Kinder?‛ — Er ſah den Sebaldus ſtarr an und ſeufzete. — ‚Ach meine Frau iſt laͤngſt unter Kummer und „Ungluͤck erlegen. Kinder? Ach ja, leider! ich habe „Kinder. Eine Tochter, die meiner ganz unwuͤrdig iſt, „einen Sohn, der in der Welt herumirret, ſeinen „Vater laͤngſt vergeſſen hat, — oder vielleicht auch, —‛ ſetzte er verzweifelnd hinzu, — ‚nicht mehr herum- „irret, denn ſeit zwey Jahren, habe ich keine Nach- „richt von ihm.‛ ‚Und du nenneſt dich ungluͤcklich, Freund! da du „Kinder haſt? Siehe mich an!‛ Er bedeckte ſein Angeſicht mit der Rechten, — ‚Mein einziger Sohn „iſt tod! die Stuͤtze meines Alters iſt dahin! — wollte „Gott! er irrte noch in der Welt herum. — Jch „wollte ſein warten, Jahre lang ſein warten! Haͤtte „er Fehler begangen? welches goͤttliche Vergnuͤ- „gen,

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 8[7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/14>, abgerufen am 21.11.2024.