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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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Schuld, daß die Frau Gertrudtinn seine Erklä-
rung der dritten Posaune so schnöde verworfen
hatte. Er fieng an, sich die Gründe für seine
Meinung ausführlich zu wiederholen. Je mehr
er darüber nachdachte, desto richtiger fand er seine
Meinung, und destomehr beruhigte er sich über
den Widerspruch der ungelehrten Frau, so daß
er endlich einschlief.

Der junge Säugling und Mariane, hatten
jedes vor sich eine schlaflose Nacht, und zwar
aus einerley Ursach, nehmlich, weil sie verliebt
waren, und weil sie ihrer Liebe, ein beynahe un-
übersteigliches Hinderniß in den Weg gelegt sahen.
Sie beschäftigten sich, jeder besonders, wer weiß
wie viel spanische Schlösser in die Luft zu bauen,
und thaten darüber, bis an den hellen Morgen,
kein Auge zu.

Dritter Abschnitt.

Des folgenden Tages, erschien Säugling der
Sohn, ungerufen, sehr früh beym Theetische
seines Vaters. Seine heftige Leidenschaft hatte
nun einiger Ueberlegung Raum gegeben. Er sahe
ein, daß ohne seines Vaters Einwilligung nichts

aus-



Schuld, daß die Frau Gertrudtinn ſeine Erklaͤ-
rung der dritten Poſaune ſo ſchnoͤde verworfen
hatte. Er fieng an, ſich die Gruͤnde fuͤr ſeine
Meinung ausfuͤhrlich zu wiederholen. Je mehr
er daruͤber nachdachte, deſto richtiger fand er ſeine
Meinung, und deſtomehr beruhigte er ſich uͤber
den Widerſpruch der ungelehrten Frau, ſo daß
er endlich einſchlief.

Der junge Saͤugling und Mariane, hatten
jedes vor ſich eine ſchlafloſe Nacht, und zwar
aus einerley Urſach, nehmlich, weil ſie verliebt
waren, und weil ſie ihrer Liebe, ein beynahe un-
uͤberſteigliches Hinderniß in den Weg gelegt ſahen.
Sie beſchaͤftigten ſich, jeder beſonders, wer weiß
wie viel ſpaniſche Schloͤſſer in die Luft zu bauen,
und thaten daruͤber, bis an den hellen Morgen,
kein Auge zu.

Dritter Abſchnitt.

Des folgenden Tages, erſchien Saͤugling der
Sohn, ungerufen, ſehr fruͤh beym Theetiſche
ſeines Vaters. Seine heftige Leidenſchaft hatte
nun einiger Ueberlegung Raum gegeben. Er ſahe
ein, daß ohne ſeines Vaters Einwilligung nichts

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[148[147]/0162] Schuld, daß die Frau Gertrudtinn ſeine Erklaͤ- rung der dritten Poſaune ſo ſchnoͤde verworfen hatte. Er fieng an, ſich die Gruͤnde fuͤr ſeine Meinung ausfuͤhrlich zu wiederholen. Je mehr er daruͤber nachdachte, deſto richtiger fand er ſeine Meinung, und deſtomehr beruhigte er ſich uͤber den Widerſpruch der ungelehrten Frau, ſo daß er endlich einſchlief. Der junge Saͤugling und Mariane, hatten jedes vor ſich eine ſchlafloſe Nacht, und zwar aus einerley Urſach, nehmlich, weil ſie verliebt waren, und weil ſie ihrer Liebe, ein beynahe un- uͤberſteigliches Hinderniß in den Weg gelegt ſahen. Sie beſchaͤftigten ſich, jeder beſonders, wer weiß wie viel ſpaniſche Schloͤſſer in die Luft zu bauen, und thaten daruͤber, bis an den hellen Morgen, kein Auge zu. Dritter Abſchnitt. Des folgenden Tages, erſchien Saͤugling der Sohn, ungerufen, ſehr fruͤh beym Theetiſche ſeines Vaters. Seine heftige Leidenſchaft hatte nun einiger Ueberlegung Raum gegeben. Er ſahe ein, daß ohne ſeines Vaters Einwilligung nichts aus-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 148[147]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/162>, abgerufen am 21.11.2024.