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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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"weilen nicht übereinstimmt, ist nicht meine Schuld.
"Der Glauben ist eine Gewissenssache, welche nicht
"kann geboten werden. Jch laße gern einen jeden
"glauben, wovon er überzeugt zu seyn meinet, wa-
"rum wollt ihr mir dieses nicht auch frey lassen?'

,Jch wohl, versetzte der Kaufmann, aber die Do-
"mine schwerlich. Die lassen sich nicht gern wider-
"sprechen. Wenn Jhr einmahl nicht vor rechtsin-
"nig
gehalten werdet, werden sie beständig gegen
"Euch was einzuwenden haben, und wenn ich Euch
"in meinem Hause behalte, auch gegen mich.'

,Und wenn ihr nicht recht lutherisch seyd, rief
"Frau Elsabe, wird's immer heissen, unsern Ehe-
"pakten sey kein Genüge geschehen, nach denen mein
"zweyter Sohn recht lutherisch erzogen werden muß.

,Lutherisch! rief Sebaldus aus. Sind es denn
"etwann lutherische Glaubensartikel, worüber gestrit-
"ten worden, oder wäre nur der geringste Streit ge-
"wesen wenn euer Meester Puistma nicht einen so
"unvernünftigen Lärmen gemacht hätte. Jch son-
"dere mich ja von der lutherischen Kirche noch nicht
"ab. Und wenn ich es auch thäte. Sind denn die
"Menschen jeder Konfession, durchaus auch in eine
"eben so eingeschränkte bürgerliche Gesellschaft einge-
"schlossen. Muß der, der sich von dieser oder jener

Lehr-



„weilen nicht uͤbereinſtimmt, iſt nicht meine Schuld.
„Der Glauben iſt eine Gewiſſensſache, welche nicht
„kann geboten werden. Jch laße gern einen jeden
„glauben, wovon er uͤberzeugt zu ſeyn meinet, wa-
„rum wollt ihr mir dieſes nicht auch frey laſſen?‛

‚Jch wohl, verſetzte der Kaufmann, aber die Do-
„mine ſchwerlich. Die laſſen ſich nicht gern wider-
„ſprechen. Wenn Jhr einmahl nicht vor rechtſin-
„nig
gehalten werdet, werden ſie beſtaͤndig gegen
„Euch was einzuwenden haben, und wenn ich Euch
„in meinem Hauſe behalte, auch gegen mich.‛

‚Und wenn ihr nicht recht lutheriſch ſeyd, rief
„Frau Elſabe, wird’s immer heiſſen, unſern Ehe-
„pakten ſey kein Genuͤge geſchehen, nach denen mein
„zweyter Sohn recht lutheriſch erzogen werden muß.

‚Lutheriſch! rief Sebaldus aus. Sind es denn
„etwann lutheriſche Glaubensartikel, woruͤber geſtrit-
„ten worden, oder waͤre nur der geringſte Streit ge-
„weſen wenn euer Meeſter Puiſtma nicht einen ſo
„unvernuͤnftigen Laͤrmen gemacht haͤtte. Jch ſon-
„dere mich ja von der lutheriſchen Kirche noch nicht
„ab. Und wenn ich es auch thaͤte. Sind denn die
„Menſchen jeder Konfeſſion, durchaus auch in eine
„eben ſo eingeſchraͤnkte buͤrgerliche Geſellſchaft einge-
„ſchloſſen. Muß der, der ſich von dieſer oder jener

Lehr-
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[30[29]/0038] „weilen nicht uͤbereinſtimmt, iſt nicht meine Schuld. „Der Glauben iſt eine Gewiſſensſache, welche nicht „kann geboten werden. Jch laße gern einen jeden „glauben, wovon er uͤberzeugt zu ſeyn meinet, wa- „rum wollt ihr mir dieſes nicht auch frey laſſen?‛ ‚Jch wohl, verſetzte der Kaufmann, aber die Do- „mine ſchwerlich. Die laſſen ſich nicht gern wider- „ſprechen. Wenn Jhr einmahl nicht vor rechtſin- „nig gehalten werdet, werden ſie beſtaͤndig gegen „Euch was einzuwenden haben, und wenn ich Euch „in meinem Hauſe behalte, auch gegen mich.‛ ‚Und wenn ihr nicht recht lutheriſch ſeyd, rief „Frau Elſabe, wird’s immer heiſſen, unſern Ehe- „pakten ſey kein Genuͤge geſchehen, nach denen mein „zweyter Sohn recht lutheriſch erzogen werden muß. ‚Lutheriſch! rief Sebaldus aus. Sind es denn „etwann lutheriſche Glaubensartikel, woruͤber geſtrit- „ten worden, oder waͤre nur der geringſte Streit ge- „weſen wenn euer Meeſter Puiſtma nicht einen ſo „unvernuͤnftigen Laͤrmen gemacht haͤtte. Jch ſon- „dere mich ja von der lutheriſchen Kirche noch nicht „ab. Und wenn ich es auch thaͤte. Sind denn die „Menſchen jeder Konfeſſion, durchaus auch in eine „eben ſo eingeſchraͤnkte buͤrgerliche Geſellſchaft einge- „ſchloſſen. Muß der, der ſich von dieſer oder jener Lehr-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 30[29]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/38>, abgerufen am 21.11.2024.