Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.Elende errettet hatte, wieder in einer andern Noth erblickte. Er war jetzt zu seiner abermaligen Erret- tung nicht minder thätig als vorher. Es währte nicht eine Stunde, so hatte er schon bey dem Hoofd- Officier Anzeige gethan, und kam, in Begleitung eines Gerichtsdieners, in des Seelenverkäufers Haus, den Sebaldus zu fodern. Er hätte nur wenig Mi- nuten später kommen dürfen, so wäre seine men- schenfreundliche Vorsorge vergeblich gewesen. Denn da die Knechte, aller Vorsicht ungeachtet, wohl merkten, daß ihnen die beiden Geistlichen nicht ohne Ursach nachfolgten; so war der Seelenverkäufer, eben im Begriffe, zu thun, was er sonst that, wenn er eine Entdeckung befürchtete, nämlich den Sebaldus in das Haus eines seiner Mitgenossen zu schicken, um den- selben den Nachforschungen der Obrigkeit zu entziehen. Man wollte ihn auch jetzt verläugnen, aber der Ge- richtsdiener, der dieses Haus der Tyranney schon kannte, wollte sich durch keine Einwendungen ab- weisen lassen. Der Seelenverkäufer hatte daher kaum Zeit, in der größten Verwirrung, in den Keller zu laufen, dem Sebaldus seinen Reisesack wiederzuge- ben und denselben auf die kriechendeste Weise fast fuß- fällig zu bitten, ihn nicht unglücklich zu machen; als ihm schon der Gerichtsdiener mit dem Geistlichen folgte.
Elende errettet hatte, wieder in einer andern Noth erblickte. Er war jetzt zu ſeiner abermaligen Erret- tung nicht minder thaͤtig als vorher. Es waͤhrte nicht eine Stunde, ſo hatte er ſchon bey dem Hoofd- Officier Anzeige gethan, und kam, in Begleitung eines Gerichtsdieners, in des Seelenverkaͤufers Haus, den Sebaldus zu fodern. Er haͤtte nur wenig Mi- nuten ſpaͤter kommen duͤrfen, ſo waͤre ſeine men- ſchenfreundliche Vorſorge vergeblich geweſen. Denn da die Knechte, aller Vorſicht ungeachtet, wohl merkten, daß ihnen die beiden Geiſtlichen nicht ohne Urſach nachfolgten; ſo war der Seelenverkaͤufer, eben im Begriffe, zu thun, was er ſonſt that, wenn er eine Entdeckung befuͤrchtete, naͤmlich den Sebaldus in das Haus eines ſeiner Mitgenoſſen zu ſchicken, um den- ſelben den Nachforſchungen der Obrigkeit zu entziehen. Man wollte ihn auch jetzt verlaͤugnen, aber der Ge- richtsdiener, der dieſes Haus der Tyranney ſchon kannte, wollte ſich durch keine Einwendungen ab- weiſen laſſen. Der Seelenverkaͤufer hatte daher kaum Zeit, in der groͤßten Verwirrung, in den Keller zu laufen, dem Sebaldus ſeinen Reiſeſack wiederzuge- ben und denſelben auf die kriechendeſte Weiſe faſt fuß- faͤllig zu bitten, ihn nicht ungluͤcklich zu machen; als ihm ſchon der Gerichtsdiener mit dem Geiſtlichen folgte.
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Elende errettet hatte, wieder in einer andern Noth
erblickte. Er war jetzt zu ſeiner abermaligen Erret-
tung nicht minder thaͤtig als vorher. Es waͤhrte
nicht eine Stunde, ſo hatte er ſchon bey dem Hoofd-
Officier Anzeige gethan, und kam, in Begleitung
eines Gerichtsdieners, in des Seelenverkaͤufers Haus,
den Sebaldus zu fodern. Er haͤtte nur wenig Mi-
nuten ſpaͤter kommen duͤrfen, ſo waͤre ſeine men-
ſchenfreundliche Vorſorge vergeblich geweſen. Denn
da die Knechte, aller Vorſicht ungeachtet, wohl
merkten, daß ihnen die beiden Geiſtlichen nicht ohne
Urſach nachfolgten; ſo war der Seelenverkaͤufer, eben
im Begriffe, zu thun, was er ſonſt that, wenn er
eine Entdeckung befuͤrchtete, naͤmlich den Sebaldus in
das Haus eines ſeiner Mitgenoſſen zu ſchicken, um den-
ſelben den Nachforſchungen der Obrigkeit zu entziehen.
Man wollte ihn auch jetzt verlaͤugnen, aber der Ge-
richtsdiener, der dieſes Haus der Tyranney ſchon
kannte, wollte ſich durch keine Einwendungen ab-
weiſen laſſen. Der Seelenverkaͤufer hatte daher kaum
Zeit, in der groͤßten Verwirrung, in den Keller zu
laufen, dem Sebaldus ſeinen Reiſeſack wiederzuge-
ben und denſelben auf die kriechendeſte Weiſe faſt fuß-
faͤllig zu bitten, ihn nicht ungluͤcklich zu machen; als
ihm ſchon der Gerichtsdiener mit dem Geiſtlichen
folgte.
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