Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.erlöset hatte, in das Haus seines Freundes, mit dem er vorher spazieren gegangen war. Es war ein men- nonistischer Lehrer, ein Mann von Verstande und Redlichkeit, mit den Kollegianten wohl bekannt, der den Sebaldus von der Verfassung dieser friedsa- men Gesellschaft noch näher unterrichtete, und mir ihm und dem lutherischen Prediger in derselben got- tesdienstliche Versammlung gieng; wo sie alle, der Verschiedenheit ihres Lehrbegriffs und aller strei- tigen Fragen vergessend, in gemeinsamer Andacht das Lob Gottes anstimmten, und gemeinsam er- kannte Wahrheit zu ihrer Erbauung anwendeten. Eine Art des Gottesdienstes, die Sebaldus Wünsche ganz befriedigte. Nach der Versammlung giengen sie mit dem Se- Der Kollegiant war ein wohlhabender Mann, zum
erloͤſet hatte, in das Haus ſeines Freundes, mit dem er vorher ſpazieren gegangen war. Es war ein men- noniſtiſcher Lehrer, ein Mann von Verſtande und Redlichkeit, mit den Kollegianten wohl bekannt, der den Sebaldus von der Verfaſſung dieſer friedſa- men Geſellſchaft noch naͤher unterrichtete, und mir ihm und dem lutheriſchen Prediger in derſelben got- tesdienſtliche Verſammlung gieng; wo ſie alle, der Verſchiedenheit ihres Lehrbegriffs und aller ſtrei- tigen Fragen vergeſſend, in gemeinſamer Andacht das Lob Gottes anſtimmten, und gemeinſam er- kannte Wahrheit zu ihrer Erbauung anwendeten. Eine Art des Gottesdienſtes, die Sebaldus Wuͤnſche ganz befriedigte. Nach der Verſammlung giengen ſie mit dem Se- Der Kollegiant war ein wohlhabender Mann, zum
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="52[51]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> erloͤſet hatte, in das Haus ſeines Freundes, mit dem<lb/> er vorher ſpazieren gegangen war. Es war ein men-<lb/> noniſtiſcher Lehrer, ein Mann von Verſtande und<lb/> Redlichkeit, mit den <hi rendition="#fr">Kollegianten</hi> wohl bekannt,<lb/> der den <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> von der Verfaſſung dieſer friedſa-<lb/> men Geſellſchaft noch naͤher unterrichtete, und mir<lb/> ihm und dem lutheriſchen Prediger in derſelben got-<lb/> tesdienſtliche Verſammlung gieng; wo ſie alle, der<lb/> Verſchiedenheit ihres Lehrbegriffs und aller ſtrei-<lb/> tigen Fragen vergeſſend, in gemeinſamer Andacht<lb/> das Lob Gottes anſtimmten, und gemeinſam er-<lb/> kannte Wahrheit zu ihrer Erbauung anwendeten.<lb/> Eine Art des Gottesdienſtes, die <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> Wuͤnſche<lb/> ganz befriedigte.</p><lb/> <p>Nach der Verſammlung giengen ſie mit dem <hi rendition="#fr">Se-<lb/> baldus,</hi> um das Empfehlungsſchreiben aus Rotter-<lb/> dam an den <hi rendition="#fr">Kollegianten,</hi> abzugeben, weil er Un-<lb/> paͤßlichkeitshalber nicht zugegen geweſen war. Er<lb/> nahm den <hi rendition="#fr">Sebaldus,</hi> als ein Vater und als ein<lb/> Freund in ſein Haus auf, ſo daß derſelbe, bey dieſer<lb/> liebreichen Begegnung, in kurzem ſeine vorigen Wi-<lb/> derwaͤrtigkeiten vergaß.</p><lb/> <p>Der Kollegiant war ein wohlhabender Mann,<lb/> aber auch ein Mann von ausgebreiteter Gelehrſam-<lb/> keit, und von edlen Geſinnungen, der ſeine Muße<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52[51]/0060]
erloͤſet hatte, in das Haus ſeines Freundes, mit dem
er vorher ſpazieren gegangen war. Es war ein men-
noniſtiſcher Lehrer, ein Mann von Verſtande und
Redlichkeit, mit den Kollegianten wohl bekannt,
der den Sebaldus von der Verfaſſung dieſer friedſa-
men Geſellſchaft noch naͤher unterrichtete, und mir
ihm und dem lutheriſchen Prediger in derſelben got-
tesdienſtliche Verſammlung gieng; wo ſie alle, der
Verſchiedenheit ihres Lehrbegriffs und aller ſtrei-
tigen Fragen vergeſſend, in gemeinſamer Andacht
das Lob Gottes anſtimmten, und gemeinſam er-
kannte Wahrheit zu ihrer Erbauung anwendeten.
Eine Art des Gottesdienſtes, die Sebaldus Wuͤnſche
ganz befriedigte.
Nach der Verſammlung giengen ſie mit dem Se-
baldus, um das Empfehlungsſchreiben aus Rotter-
dam an den Kollegianten, abzugeben, weil er Un-
paͤßlichkeitshalber nicht zugegen geweſen war. Er
nahm den Sebaldus, als ein Vater und als ein
Freund in ſein Haus auf, ſo daß derſelbe, bey dieſer
liebreichen Begegnung, in kurzem ſeine vorigen Wi-
derwaͤrtigkeiten vergaß.
Der Kollegiant war ein wohlhabender Mann,
aber auch ein Mann von ausgebreiteter Gelehrſam-
keit, und von edlen Geſinnungen, der ſeine Muße
zum
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |