Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.dienen könnte, und that als ob die Leute, die er zu nichts zu nutzen wußte, ja selbst, als ob die Bücher die er nicht hatte, nicht in der Welt wären. Sein Hauptgrundsatz war, was er selbst brauchen könnte, müsse ein anderer nicht haben. Hiezu wußte er, oft durch die vierte Hand, Maschinen in Bewegung zu setzen, und konnte nachher ganz unbefangen dabey aussehen, als ob ihm die Sachen so ganz natürli- cherweise in die Hände gelaufen wären. Es ist wahr, er handelte dabey nicht allemahl ganz genau nach den gewöhnlichen Grundsätzen der Ehrlichkeit und der Menschenliebe. Er hatte aber seine Partie dergestalt genommen, daß er, wo es hingehörte, von Ehr- lichkeit und Menschenliebe ganz fein zu reden wuste, und da man ihm weder die Ehrlichkeit absprechen konnte, daß er seine Schulden richtig bezahlte, und auch eben so pünktlich eintrieb, noch die Menschen- liebe, daß er keinen Bedürftigen ohne Allmosenweg- gehen ließ, wenn jemand zugegen war, und keinen Schuldner verklagte, von dem er vorher sahe, daß er nicht würde bezahlen können; so war keinesweges zu beweisen, daß er, mit seiner Schlangenklugheit, nicht auch die Falschlosigkeit einer Taube verbinde. Dieser Mann hatte es lange mit einer Art von so
dienen koͤnnte, und that als ob die Leute, die er zu nichts zu nutzen wußte, ja ſelbſt, als ob die Buͤcher die er nicht hatte, nicht in der Welt waͤren. Sein Hauptgrundſatz war, was er ſelbſt brauchen koͤnnte, muͤſſe ein anderer nicht haben. Hiezu wußte er, oft durch die vierte Hand, Maſchinen in Bewegung zu ſetzen, und konnte nachher ganz unbefangen dabey ausſehen, als ob ihm die Sachen ſo ganz natuͤrli- cherweiſe in die Haͤnde gelaufen waͤren. Es iſt wahr, er handelte dabey nicht allemahl ganz genau nach den gewoͤhnlichen Grundſaͤtzen der Ehrlichkeit und der Menſchenliebe. Er hatte aber ſeine Partie dergeſtalt genommen, daß er, wo es hingehoͤrte, von Ehr- lichkeit und Menſchenliebe ganz fein zu reden wuſte, und da man ihm weder die Ehrlichkeit abſprechen konnte, daß er ſeine Schulden richtig bezahlte, und auch eben ſo puͤnktlich eintrieb, noch die Menſchen- liebe, daß er keinen Beduͤrftigen ohne Allmoſenweg- gehen ließ, wenn jemand zugegen war, und keinen Schuldner verklagte, von dem er vorher ſahe, daß er nicht wuͤrde bezahlen koͤnnen; ſo war keinesweges zu beweiſen, daß er, mit ſeiner Schlangenklugheit, nicht auch die Falſchloſigkeit einer Taube verbinde. Dieſer Mann hatte es lange mit einer Art von ſo
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dienen koͤnnte, und that als ob die Leute, die er zu
nichts zu nutzen wußte, ja ſelbſt, als ob die Buͤcher
die er nicht hatte, nicht in der Welt waͤren. Sein
Hauptgrundſatz war, was er ſelbſt brauchen koͤnnte,
muͤſſe ein anderer nicht haben. Hiezu wußte er, oft
durch die vierte Hand, Maſchinen in Bewegung zu
ſetzen, und konnte nachher ganz unbefangen dabey
ausſehen, als ob ihm die Sachen ſo ganz natuͤrli-
cherweiſe in die Haͤnde gelaufen waͤren. Es iſt wahr,
er handelte dabey nicht allemahl ganz genau nach den
gewoͤhnlichen Grundſaͤtzen der Ehrlichkeit und der
Menſchenliebe. Er hatte aber ſeine Partie dergeſtalt
genommen, daß er, wo es hingehoͤrte, von Ehr-
lichkeit und Menſchenliebe ganz fein zu reden wuſte,
und da man ihm weder die Ehrlichkeit abſprechen
konnte, daß er ſeine Schulden richtig bezahlte, und
auch eben ſo puͤnktlich eintrieb, noch die Menſchen-
liebe, daß er keinen Beduͤrftigen ohne Allmoſenweg-
gehen ließ, wenn jemand zugegen war, und keinen
Schuldner verklagte, von dem er vorher ſahe, daß
er nicht wuͤrde bezahlen koͤnnen; ſo war keinesweges
zu beweiſen, daß er, mit ſeiner Schlangenklugheit,
nicht auch die Falſchloſigkeit einer Taube verbinde.
Dieſer Mann hatte es lange mit einer Art von
Widerwillen angeſehen, daß er bey dem Drucke, der
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