die Länder ihrer unmittelbaren Gränznachbaren hinaus in Italien.
Ligurer und Veneter.
Zwey Völker welche innerhalb der Alpen wohnten, ge- hören eigentlicher zu der Geographie als der Geschichte des alten Italiens. Anders wäre es allerdings wenn wir auf Philistus Meldung 25) annehmen könnten, daß die Si- keler der Insel, ein Volk mit den Siculern Latiums, und von Umbrern 26) vertriebene Ligyer gewesen wären. Dann müßten diese einst die ganze Küste des untern Meers bewohnt haben. Aber was allein dieser Nachricht einiges Gewicht geben könnte, wird durch gleiche Gründe ent- kräftet: es scheint Philistus müsse aus der Sprache über ihre Richtigkeit urtheilen gekonnt haben: aber es ist höchst zweifelhaft daß die Sikeler damals noch die ihrer Vor- fahren redeten, und die alten Sikelioten, von denen die Sage des önotrischen Ursprungs überliefert ward, konn- ten viel sichrer auf diesem Grund urtheilen: eben so die Italioten der Oenotrer pelasgische Abstammung, ihre Verwandtschaft mit den Epiroten, bezeugen. Nur eine Hälfte von Ligystika war in Italien begriffen. Nach einer griechischen Sage über den Ursprung der Sikaner, hatten die Ligyer diese, ein iberisches Volk, aus ihrem Lande von einem uns unbekannten Strohm Sikanus vertrieben 27); es scheint daß die Iberer anfänglich bis an den Rhodanus
25) Dionysius I. c. 22.
26) Er mischt auch die Pelasger ein, aus Hellanikus.
27) Thukydides VI. c. 2.
die Laͤnder ihrer unmittelbaren Graͤnznachbaren hinaus in Italien.
Ligurer und Veneter.
Zwey Voͤlker welche innerhalb der Alpen wohnten, ge- hoͤren eigentlicher zu der Geographie als der Geſchichte des alten Italiens. Anders waͤre es allerdings wenn wir auf Philiſtus Meldung 25) annehmen koͤnnten, daß die Si- keler der Inſel, ein Volk mit den Siculern Latiums, und von Umbrern 26) vertriebene Ligyer geweſen waͤren. Dann muͤßten dieſe einſt die ganze Kuͤſte des untern Meers bewohnt haben. Aber was allein dieſer Nachricht einiges Gewicht geben koͤnnte, wird durch gleiche Gruͤnde ent- kraͤftet: es ſcheint Philiſtus muͤſſe aus der Sprache uͤber ihre Richtigkeit urtheilen gekonnt haben: aber es iſt hoͤchſt zweifelhaft daß die Sikeler damals noch die ihrer Vor- fahren redeten, und die alten Sikelioten, von denen die Sage des oͤnotriſchen Urſprungs uͤberliefert ward, konn- ten viel ſichrer auf dieſem Grund urtheilen: eben ſo die Italioten der Oenotrer pelasgiſche Abſtammung, ihre Verwandtſchaft mit den Epiroten, bezeugen. Nur eine Haͤlfte von Ligyſtika war in Italien begriffen. Nach einer griechiſchen Sage uͤber den Urſprung der Sikaner, hatten die Ligyer dieſe, ein iberiſches Volk, aus ihrem Lande von einem uns unbekannten Strohm Sikanus vertrieben 27); es ſcheint daß die Iberer anfaͤnglich bis an den Rhodanus
25) Dionyſius I. c. 22.
26) Er miſcht auch die Pelasger ein, aus Hellanikus.
27) Thukydides VI. c. 2.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0128"n="106"/>
die Laͤnder ihrer unmittelbaren Graͤnznachbaren hinaus<lb/>
in Italien.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Ligurer und Veneter</hi>.</hi></head><lb/><p>Zwey Voͤlker welche innerhalb der Alpen wohnten, ge-<lb/>
hoͤren eigentlicher zu der Geographie als der Geſchichte des<lb/>
alten Italiens. Anders waͤre es allerdings wenn wir auf<lb/>
Philiſtus Meldung <noteplace="foot"n="25)">Dionyſius <hirendition="#aq">I. c.</hi> 22.</note> annehmen koͤnnten, daß die Si-<lb/>
keler der Inſel, <hirendition="#g">ein</hi> Volk mit den Siculern Latiums,<lb/>
und von Umbrern <noteplace="foot"n="26)">Er miſcht auch die Pelasger ein, aus Hellanikus.</note> vertriebene Ligyer geweſen waͤren.<lb/>
Dann muͤßten dieſe einſt die ganze Kuͤſte des untern Meers<lb/>
bewohnt haben. Aber was allein dieſer Nachricht einiges<lb/>
Gewicht geben koͤnnte, wird durch gleiche Gruͤnde ent-<lb/>
kraͤftet: es ſcheint Philiſtus muͤſſe aus der Sprache uͤber<lb/>
ihre Richtigkeit urtheilen gekonnt haben: aber es iſt hoͤchſt<lb/>
zweifelhaft daß die Sikeler damals noch die ihrer Vor-<lb/>
fahren redeten, und die alten Sikelioten, von denen die<lb/>
Sage des oͤnotriſchen Urſprungs uͤberliefert ward, konn-<lb/>
ten viel ſichrer auf dieſem Grund urtheilen: eben ſo die<lb/>
Italioten der Oenotrer pelasgiſche Abſtammung, ihre<lb/>
Verwandtſchaft mit den Epiroten, bezeugen. Nur eine<lb/>
Haͤlfte von Ligyſtika war in Italien begriffen. Nach einer<lb/>
griechiſchen Sage uͤber den Urſprung der Sikaner, hatten<lb/>
die Ligyer dieſe, ein iberiſches Volk, aus ihrem Lande von<lb/>
einem uns unbekannten Strohm Sikanus vertrieben <noteplace="foot"n="27)">Thukydides <hirendition="#aq">VI. c.</hi> 2.</note>;<lb/>
es ſcheint daß die Iberer anfaͤnglich bis an den Rhodanus<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[106/0128]
die Laͤnder ihrer unmittelbaren Graͤnznachbaren hinaus
in Italien.
Ligurer und Veneter.
Zwey Voͤlker welche innerhalb der Alpen wohnten, ge-
hoͤren eigentlicher zu der Geographie als der Geſchichte des
alten Italiens. Anders waͤre es allerdings wenn wir auf
Philiſtus Meldung 25) annehmen koͤnnten, daß die Si-
keler der Inſel, ein Volk mit den Siculern Latiums,
und von Umbrern 26) vertriebene Ligyer geweſen waͤren.
Dann muͤßten dieſe einſt die ganze Kuͤſte des untern Meers
bewohnt haben. Aber was allein dieſer Nachricht einiges
Gewicht geben koͤnnte, wird durch gleiche Gruͤnde ent-
kraͤftet: es ſcheint Philiſtus muͤſſe aus der Sprache uͤber
ihre Richtigkeit urtheilen gekonnt haben: aber es iſt hoͤchſt
zweifelhaft daß die Sikeler damals noch die ihrer Vor-
fahren redeten, und die alten Sikelioten, von denen die
Sage des oͤnotriſchen Urſprungs uͤberliefert ward, konn-
ten viel ſichrer auf dieſem Grund urtheilen: eben ſo die
Italioten der Oenotrer pelasgiſche Abſtammung, ihre
Verwandtſchaft mit den Epiroten, bezeugen. Nur eine
Haͤlfte von Ligyſtika war in Italien begriffen. Nach einer
griechiſchen Sage uͤber den Urſprung der Sikaner, hatten
die Ligyer dieſe, ein iberiſches Volk, aus ihrem Lande von
einem uns unbekannten Strohm Sikanus vertrieben 27);
es ſcheint daß die Iberer anfaͤnglich bis an den Rhodanus
25) Dionyſius I. c. 22.
26) Er miſcht auch die Pelasger ein, aus Hellanikus.
27) Thukydides VI. c. 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/128>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.