Achäer, Chalkidier, Lokrer und Dorier haben sich an den Küsten Ausoniens und Japygiens niedergelassen, die von Oenotrien ganz eingenommen, und im Umfang Om- brikas eine Stadt gegründet. Ihre Republiken waren mehrere Jahrhunderte lang groß und blühend; aber die Verhältnisse wodurch das Emporwachsen fremder Ansie- delungen an diesen Küsten begünstigt war änderten sich: im Innern kamen große Völker empor, und die vereinzel- ten Küstenstädte erlagen ihnen, eine nach der andern. Das vierte Jahrhundert Roms, die Kriege der sabellischen Nationen und der sicilischen Tyrannen, zerstörten viele der griechischen Städte, und schwächten die übrigen so sehr daß die Griechen Italiens in der römischen Geschichte, wenn auch Veranlassung großer Kriege, doch an sich un- bedeutend sind. Daher und als Fremde, scharf abgeson- dertes Ursprungs, deren Geschichte theils selbstständig ist, theils der allgemeinen ihrer Nation angehört, ist es unnö- thig hier weitläuftig von ihnen zu reden. Von den Städ- ten welche in der Geschichte Roms auftreten ist es Zeit alsdann Nachricht zu geben.
Von einheimischen Italiern, welche ihr Bürgerrecht gewannen oder unter ihnen wohnten, gingen auf diese Griechen, wenigstens auf einige Städte, viele ihrer Ei- genthümlichkeiten über: so das System der Gewichte und das der Feldscheidung; auch viele Worte ihrer Sprachen. Sie aber verbreiteten ihre Künste, ihre Litteratur, und selbst den bürgerlichen Gebrauch ihrer Sprache weit über
Die Griechen in Italien.
Achaͤer, Chalkidier, Lokrer und Dorier haben ſich an den Kuͤſten Auſoniens und Japygiens niedergelaſſen, die von Oenotrien ganz eingenommen, und im Umfang Om- brikas eine Stadt gegruͤndet. Ihre Republiken waren mehrere Jahrhunderte lang groß und bluͤhend; aber die Verhaͤltniſſe wodurch das Emporwachſen fremder Anſie- delungen an dieſen Kuͤſten beguͤnſtigt war aͤnderten ſich: im Innern kamen große Voͤlker empor, und die vereinzel- ten Kuͤſtenſtaͤdte erlagen ihnen, eine nach der andern. Das vierte Jahrhundert Roms, die Kriege der ſabelliſchen Nationen und der ſiciliſchen Tyrannen, zerſtoͤrten viele der griechiſchen Staͤdte, und ſchwaͤchten die uͤbrigen ſo ſehr daß die Griechen Italiens in der roͤmiſchen Geſchichte, wenn auch Veranlaſſung großer Kriege, doch an ſich un- bedeutend ſind. Daher und als Fremde, ſcharf abgeſon- dertes Urſprungs, deren Geſchichte theils ſelbſtſtaͤndig iſt, theils der allgemeinen ihrer Nation angehoͤrt, iſt es unnoͤ- thig hier weitlaͤuftig von ihnen zu reden. Von den Staͤd- ten welche in der Geſchichte Roms auftreten iſt es Zeit alsdann Nachricht zu geben.
Von einheimiſchen Italiern, welche ihr Buͤrgerrecht gewannen oder unter ihnen wohnten, gingen auf dieſe Griechen, wenigſtens auf einige Staͤdte, viele ihrer Ei- genthuͤmlichkeiten uͤber: ſo das Syſtem der Gewichte und das der Feldſcheidung; auch viele Worte ihrer Sprachen. Sie aber verbreiteten ihre Kuͤnſte, ihre Litteratur, und ſelbſt den buͤrgerlichen Gebrauch ihrer Sprache weit uͤber
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="105"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Griechen in Italien</hi>.</hi></head><lb/><p>Achaͤer, Chalkidier, Lokrer und Dorier haben ſich an<lb/>
den Kuͤſten Auſoniens und Japygiens niedergelaſſen, die<lb/>
von Oenotrien ganz eingenommen, und im Umfang Om-<lb/>
brikas eine Stadt gegruͤndet. Ihre Republiken waren<lb/>
mehrere Jahrhunderte lang groß und bluͤhend; aber die<lb/>
Verhaͤltniſſe wodurch das Emporwachſen fremder Anſie-<lb/>
delungen an dieſen Kuͤſten beguͤnſtigt war aͤnderten ſich:<lb/>
im Innern kamen große Voͤlker empor, und die vereinzel-<lb/>
ten Kuͤſtenſtaͤdte erlagen ihnen, eine nach der andern.<lb/>
Das vierte Jahrhundert Roms, die Kriege der ſabelliſchen<lb/>
Nationen und der ſiciliſchen Tyrannen, zerſtoͤrten viele<lb/>
der griechiſchen Staͤdte, und ſchwaͤchten die uͤbrigen ſo<lb/>ſehr daß die Griechen Italiens in der roͤmiſchen Geſchichte,<lb/>
wenn auch Veranlaſſung großer Kriege, doch an ſich un-<lb/>
bedeutend ſind. Daher und als Fremde, ſcharf abgeſon-<lb/>
dertes Urſprungs, deren Geſchichte theils ſelbſtſtaͤndig iſt,<lb/>
theils der allgemeinen ihrer Nation angehoͤrt, iſt es unnoͤ-<lb/>
thig hier weitlaͤuftig von ihnen zu reden. Von den Staͤd-<lb/>
ten welche in der Geſchichte Roms auftreten iſt es Zeit<lb/>
alsdann Nachricht zu geben.</p><lb/><p>Von einheimiſchen Italiern, welche ihr Buͤrgerrecht<lb/>
gewannen oder unter ihnen wohnten, gingen auf dieſe<lb/>
Griechen, wenigſtens auf einige Staͤdte, viele ihrer Ei-<lb/>
genthuͤmlichkeiten uͤber: ſo das Syſtem der Gewichte und<lb/>
das der Feldſcheidung; auch viele Worte ihrer Sprachen.<lb/>
Sie aber verbreiteten ihre Kuͤnſte, ihre Litteratur, und<lb/>ſelbſt den buͤrgerlichen Gebrauch ihrer Sprache weit uͤber<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[105/0127]
Die Griechen in Italien.
Achaͤer, Chalkidier, Lokrer und Dorier haben ſich an
den Kuͤſten Auſoniens und Japygiens niedergelaſſen, die
von Oenotrien ganz eingenommen, und im Umfang Om-
brikas eine Stadt gegruͤndet. Ihre Republiken waren
mehrere Jahrhunderte lang groß und bluͤhend; aber die
Verhaͤltniſſe wodurch das Emporwachſen fremder Anſie-
delungen an dieſen Kuͤſten beguͤnſtigt war aͤnderten ſich:
im Innern kamen große Voͤlker empor, und die vereinzel-
ten Kuͤſtenſtaͤdte erlagen ihnen, eine nach der andern.
Das vierte Jahrhundert Roms, die Kriege der ſabelliſchen
Nationen und der ſiciliſchen Tyrannen, zerſtoͤrten viele
der griechiſchen Staͤdte, und ſchwaͤchten die uͤbrigen ſo
ſehr daß die Griechen Italiens in der roͤmiſchen Geſchichte,
wenn auch Veranlaſſung großer Kriege, doch an ſich un-
bedeutend ſind. Daher und als Fremde, ſcharf abgeſon-
dertes Urſprungs, deren Geſchichte theils ſelbſtſtaͤndig iſt,
theils der allgemeinen ihrer Nation angehoͤrt, iſt es unnoͤ-
thig hier weitlaͤuftig von ihnen zu reden. Von den Staͤd-
ten welche in der Geſchichte Roms auftreten iſt es Zeit
alsdann Nachricht zu geben.
Von einheimiſchen Italiern, welche ihr Buͤrgerrecht
gewannen oder unter ihnen wohnten, gingen auf dieſe
Griechen, wenigſtens auf einige Staͤdte, viele ihrer Ei-
genthuͤmlichkeiten uͤber: ſo das Syſtem der Gewichte und
das der Feldſcheidung; auch viele Worte ihrer Sprachen.
Sie aber verbreiteten ihre Kuͤnſte, ihre Litteratur, und
ſelbſt den buͤrgerlichen Gebrauch ihrer Sprache weit uͤber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/127>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.