triciat ist in der historischen Zeit Italien eigenthümlich. Noch mehr der dieser Aristokratie entsprechende Gebrauch der Familiennahmen. Der Rahme eines adlichen Athe- niensers ward, wie es gebräuchlich war einen andern Bürger durch die Beyfügung des Demos in dem er ein- heimisch war, von andern gleichnemigen zu unterscheiden, durch die Hinzufügung des Geschlechtsnahmens ausge- zeichnet: Demosthenes, des Demosthenes Sohn, der Päanier: Lykurgus, des Lykurgus Sohn, der Eteobu- tade. Es läßt sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit darthun, daß die Demi ursprünglich nur die Plebejer in sich faßten; daß ein Eupatride keine demotas sondern gennetas hatte. Aber außer der amtlichen Schreibart ward kein Athenienser mit einem andern Nahmen als dem ihm eigenthümlichen benannt, für dessen Wahl und Bil- dung wie bey den morgenländischen Völkern eine fast un- begränzte Freyheit herrschte. Bey den Italiern waren die Geschlechtsnahmen die Hauptsache, und die eigenthümli- chen ebenfalls nicht der freyen Bildung überlassen, son- dern auf eine gewisse Zahl herkömmlicher, ohne indivi- duelle Bedeutung, eingeschränkt: ein Umstand der um so auffallender ist, da diese Beschränkung den westlichen und nördlichen Völkern ebenfalls unbekannt war; der streng charakteristisch zu seyn scheint; und das Herbe, der Schön- heit Unempfindliche des altitalischen Sinns, verglichen gegen den griechischen, verräth.
Die Apulier, wenn wir aus den Arpanischen Münzen folgern dürfen, stimmten wie ihre vermuthlichen Stammgenossen durch den Gebrauch eines einzigen eigen-
H 2
triciat iſt in der hiſtoriſchen Zeit Italien eigenthuͤmlich. Noch mehr der dieſer Ariſtokratie entſprechende Gebrauch der Familiennahmen. Der Rahme eines adlichen Athe- nienſers ward, wie es gebraͤuchlich war einen andern Buͤrger durch die Beyfuͤgung des Demos in dem er ein- heimiſch war, von andern gleichnemigen zu unterſcheiden, durch die Hinzufuͤgung des Geſchlechtsnahmens ausge- zeichnet: Demoſthenes, des Demoſthenes Sohn, der Paͤanier: Lykurgus, des Lykurgus Sohn, der Eteobu- tade. Es laͤßt ſich mit einer hohen Wahrſcheinlichkeit darthun, daß die Demi urſpruͤnglich nur die Plebejer in ſich faßten; daß ein Eupatride keine δημότας ſondern γεννήτας hatte. Aber außer der amtlichen Schreibart ward kein Athenienſer mit einem andern Nahmen als dem ihm eigenthuͤmlichen benannt, fuͤr deſſen Wahl und Bil- dung wie bey den morgenlaͤndiſchen Voͤlkern eine faſt un- begraͤnzte Freyheit herrſchte. Bey den Italiern waren die Geſchlechtsnahmen die Hauptſache, und die eigenthuͤmli- chen ebenfalls nicht der freyen Bildung uͤberlaſſen, ſon- dern auf eine gewiſſe Zahl herkoͤmmlicher, ohne indivi- duelle Bedeutung, eingeſchraͤnkt: ein Umſtand der um ſo auffallender iſt, da dieſe Beſchraͤnkung den weſtlichen und noͤrdlichen Voͤlkern ebenfalls unbekannt war; der ſtreng charakteriſtiſch zu ſeyn ſcheint; und das Herbe, der Schoͤn- heit Unempfindliche des altitaliſchen Sinns, verglichen gegen den griechiſchen, verraͤth.
Die Apulier, wenn wir aus den Arpaniſchen Muͤnzen folgern duͤrfen, ſtimmten wie ihre vermuthlichen Stammgenoſſen durch den Gebrauch eines einzigen eigen-
H 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0137"n="115"/>
triciat iſt in der hiſtoriſchen Zeit Italien eigenthuͤmlich.<lb/>
Noch mehr der dieſer Ariſtokratie entſprechende Gebrauch<lb/>
der Familiennahmen. Der Rahme eines adlichen Athe-<lb/>
nienſers ward, wie es gebraͤuchlich war einen andern<lb/>
Buͤrger durch die Beyfuͤgung des Demos in dem er ein-<lb/>
heimiſch war, von andern gleichnemigen zu unterſcheiden,<lb/>
durch die Hinzufuͤgung des Geſchlechtsnahmens ausge-<lb/>
zeichnet: Demoſthenes, des Demoſthenes Sohn, der<lb/>
Paͤanier: Lykurgus, des Lykurgus Sohn, der Eteobu-<lb/>
tade. Es laͤßt ſich mit einer hohen Wahrſcheinlichkeit<lb/>
darthun, daß die Demi urſpruͤnglich nur die Plebejer in<lb/>ſich faßten; daß ein Eupatride keine δημόταςſondern<lb/>γεννήτας hatte. Aber außer der amtlichen Schreibart<lb/>
ward kein Athenienſer mit einem andern Nahmen als dem<lb/>
ihm eigenthuͤmlichen benannt, fuͤr deſſen Wahl und Bil-<lb/>
dung wie bey den morgenlaͤndiſchen Voͤlkern eine faſt un-<lb/>
begraͤnzte Freyheit herrſchte. Bey den Italiern waren die<lb/>
Geſchlechtsnahmen die Hauptſache, und die eigenthuͤmli-<lb/>
chen ebenfalls nicht der freyen Bildung uͤberlaſſen, ſon-<lb/>
dern auf eine gewiſſe Zahl herkoͤmmlicher, ohne indivi-<lb/>
duelle Bedeutung, eingeſchraͤnkt: ein Umſtand der um ſo<lb/>
auffallender iſt, da dieſe Beſchraͤnkung den weſtlichen und<lb/>
noͤrdlichen Voͤlkern ebenfalls unbekannt war; der ſtreng<lb/>
charakteriſtiſch zu ſeyn ſcheint; und das Herbe, der Schoͤn-<lb/>
heit Unempfindliche des altitaliſchen Sinns, verglichen<lb/>
gegen den griechiſchen, verraͤth.</p><lb/><p>Die Apulier, wenn wir aus den Arpaniſchen<lb/>
Muͤnzen folgern duͤrfen, ſtimmten wie ihre vermuthlichen<lb/>
Stammgenoſſen durch den Gebrauch eines einzigen eigen-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[115/0137]
triciat iſt in der hiſtoriſchen Zeit Italien eigenthuͤmlich.
Noch mehr der dieſer Ariſtokratie entſprechende Gebrauch
der Familiennahmen. Der Rahme eines adlichen Athe-
nienſers ward, wie es gebraͤuchlich war einen andern
Buͤrger durch die Beyfuͤgung des Demos in dem er ein-
heimiſch war, von andern gleichnemigen zu unterſcheiden,
durch die Hinzufuͤgung des Geſchlechtsnahmens ausge-
zeichnet: Demoſthenes, des Demoſthenes Sohn, der
Paͤanier: Lykurgus, des Lykurgus Sohn, der Eteobu-
tade. Es laͤßt ſich mit einer hohen Wahrſcheinlichkeit
darthun, daß die Demi urſpruͤnglich nur die Plebejer in
ſich faßten; daß ein Eupatride keine δημότας ſondern
γεννήτας hatte. Aber außer der amtlichen Schreibart
ward kein Athenienſer mit einem andern Nahmen als dem
ihm eigenthuͤmlichen benannt, fuͤr deſſen Wahl und Bil-
dung wie bey den morgenlaͤndiſchen Voͤlkern eine faſt un-
begraͤnzte Freyheit herrſchte. Bey den Italiern waren die
Geſchlechtsnahmen die Hauptſache, und die eigenthuͤmli-
chen ebenfalls nicht der freyen Bildung uͤberlaſſen, ſon-
dern auf eine gewiſſe Zahl herkoͤmmlicher, ohne indivi-
duelle Bedeutung, eingeſchraͤnkt: ein Umſtand der um ſo
auffallender iſt, da dieſe Beſchraͤnkung den weſtlichen und
noͤrdlichen Voͤlkern ebenfalls unbekannt war; der ſtreng
charakteriſtiſch zu ſeyn ſcheint; und das Herbe, der Schoͤn-
heit Unempfindliche des altitaliſchen Sinns, verglichen
gegen den griechiſchen, verraͤth.
Die Apulier, wenn wir aus den Arpaniſchen
Muͤnzen folgern duͤrfen, ſtimmten wie ihre vermuthlichen
Stammgenoſſen durch den Gebrauch eines einzigen eigen-
H 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/137>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.