Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Dionysius, um die latinischen Sagen an die Erzählung
des Hellanikus anzuknüpfen, eine Vertreibung jenes Volks
durch Pelasger, eine freywillige Auswandrung der letztge-
nannten, annimmt: und, sehr inconsequent, um den grie-
chischen Ursprung der Römer zu erweisen, die Aboriginer
zu Oenotrern macht, die Siculer zu eingebohrnen Barba-
ren; dennoch sie als das Volk anerkennt welches nach der
Insel zog; also in ihnen und den önotrischen Sikelern ein
Volk. Cato nannte Tibur eine argivische Stadt: Falerii
ebenfalls 44); deswegen, weil argivisch und griechisch
den Römern gleichbedeutende Nahmen waren; die Sike-
ler der Insel in Catos Zeitalter völlige Griechen.

In diesem Volk, von dem wir weiter nichts als die-
ses sagen können, scheint der griechische Grundstamm der
Latiner zu liegen. Einige haben auf sie den Nahmen der
Aboriginer angewandt; und eine uralte Auswanderung
aus Achaia (im römischen Sinn) gemuthmaaßt: so Cato
selbst, und C. Sempronius 45): in diesem Sinn meldete
auch Cato, der größte Theil der Volskerebene habe vor-
mals ihnen gehört 46).

Nach dieser Ansicht, daß Pelasgische Völker in die-
ser Gegend Siculer und den Latinern verwandt waren,
würden auch die Herniker von den umwohnenden ausoni-
schen Stämmen abgesondert werden müssen, wenn die
Autorität welche sie Pelasger nennt ein wenig ach-
tungswerther wäre. Aber das Zeugniß des Julius Hy-

44) Plinius Hist. Nat. III. c. 8.
45) Dionysius I. c. 11.
46) Fragm. Origg. I. bey Cortius, p. 9.

Dionyſius, um die latiniſchen Sagen an die Erzaͤhlung
des Hellanikus anzuknuͤpfen, eine Vertreibung jenes Volks
durch Pelasger, eine freywillige Auswandrung der letztge-
nannten, annimmt: und, ſehr inconſequent, um den grie-
chiſchen Urſprung der Roͤmer zu erweiſen, die Aboriginer
zu Oenotrern macht, die Siculer zu eingebohrnen Barba-
ren; dennoch ſie als das Volk anerkennt welches nach der
Inſel zog; alſo in ihnen und den oͤnotriſchen Sikelern ein
Volk. Cato nannte Tibur eine argiviſche Stadt: Falerii
ebenfalls 44); deswegen, weil argiviſch und griechiſch
den Roͤmern gleichbedeutende Nahmen waren; die Sike-
ler der Inſel in Catos Zeitalter voͤllige Griechen.

In dieſem Volk, von dem wir weiter nichts als die-
ſes ſagen koͤnnen, ſcheint der griechiſche Grundſtamm der
Latiner zu liegen. Einige haben auf ſie den Nahmen der
Aboriginer angewandt; und eine uralte Auswanderung
aus Achaia (im roͤmiſchen Sinn) gemuthmaaßt: ſo Cato
ſelbſt, und C. Sempronius 45): in dieſem Sinn meldete
auch Cato, der groͤßte Theil der Volskerebene habe vor-
mals ihnen gehoͤrt 46).

Nach dieſer Anſicht, daß Pelasgiſche Voͤlker in die-
ſer Gegend Siculer und den Latinern verwandt waren,
wuͤrden auch die Herniker von den umwohnenden auſoni-
ſchen Staͤmmen abgeſondert werden muͤſſen, wenn die
Autoritaͤt welche ſie Pelasger nennt ein wenig ach-
tungswerther waͤre. Aber das Zeugniß des Julius Hy-

44) Plinius Hist. Nat. III. c. 8.
45) Dionyſius I. c. 11.
46) Fragm. Origg. I. bey Cortius, p. 9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="120"/>
Diony&#x017F;ius, um die latini&#x017F;chen Sagen an die Erza&#x0364;hlung<lb/>
des Hellanikus anzuknu&#x0364;pfen, eine Vertreibung jenes Volks<lb/>
durch Pelasger, eine freywillige Auswandrung der letztge-<lb/>
nannten, annimmt: und, &#x017F;ehr incon&#x017F;equent, um den grie-<lb/>
chi&#x017F;chen Ur&#x017F;prung der Ro&#x0364;mer zu erwei&#x017F;en, die Aboriginer<lb/>
zu Oenotrern macht, die Siculer zu eingebohrnen Barba-<lb/>
ren; dennoch <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> als das Volk anerkennt welches nach der<lb/>
In&#x017F;el zog; al&#x017F;o in ihnen und den o&#x0364;notri&#x017F;chen Sikelern ein<lb/>
Volk. Cato nannte Tibur eine argivi&#x017F;che Stadt: Falerii<lb/>
ebenfalls <note place="foot" n="44)">Plinius <hi rendition="#aq">Hist. Nat. III. c.</hi> 8.</note>; deswegen, weil argivi&#x017F;ch und griechi&#x017F;ch<lb/>
den Ro&#x0364;mern gleichbedeutende Nahmen waren; die Sike-<lb/>
ler der In&#x017F;el in Catos Zeitalter vo&#x0364;llige Griechen.</p><lb/>
        <p>In die&#x017F;em Volk, von dem wir weiter nichts als die-<lb/>
&#x017F;es &#x017F;agen ko&#x0364;nnen, &#x017F;cheint der griechi&#x017F;che Grund&#x017F;tamm der<lb/>
Latiner zu liegen. Einige haben auf &#x017F;ie den Nahmen der<lb/>
Aboriginer angewandt; und eine uralte Auswanderung<lb/>
aus Achaia (im ro&#x0364;mi&#x017F;chen Sinn) gemuthmaaßt: &#x017F;o Cato<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, und C. Sempronius <note place="foot" n="45)">Diony&#x017F;ius <hi rendition="#aq">I. c.</hi> 11.</note>: in die&#x017F;em Sinn meldete<lb/>
auch Cato, der gro&#x0364;ßte Theil der Volskerebene habe vor-<lb/>
mals ihnen geho&#x0364;rt <note place="foot" n="46)">Fragm. <hi rendition="#aq">Origg. I.</hi> bey Cortius, <hi rendition="#aq">p.</hi> 9.</note>.</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;er An&#x017F;icht, daß Pelasgi&#x017F;che Vo&#x0364;lker in die-<lb/>
&#x017F;er Gegend Siculer und den Latinern verwandt waren,<lb/>
wu&#x0364;rden auch die Herniker von den umwohnenden au&#x017F;oni-<lb/>
&#x017F;chen Sta&#x0364;mmen abge&#x017F;ondert werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn die<lb/>
Autorita&#x0364;t welche &#x017F;ie Pelasger nennt ein wenig ach-<lb/>
tungswerther wa&#x0364;re. Aber das Zeugniß des Julius Hy-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0142] Dionyſius, um die latiniſchen Sagen an die Erzaͤhlung des Hellanikus anzuknuͤpfen, eine Vertreibung jenes Volks durch Pelasger, eine freywillige Auswandrung der letztge- nannten, annimmt: und, ſehr inconſequent, um den grie- chiſchen Urſprung der Roͤmer zu erweiſen, die Aboriginer zu Oenotrern macht, die Siculer zu eingebohrnen Barba- ren; dennoch ſie als das Volk anerkennt welches nach der Inſel zog; alſo in ihnen und den oͤnotriſchen Sikelern ein Volk. Cato nannte Tibur eine argiviſche Stadt: Falerii ebenfalls 44); deswegen, weil argiviſch und griechiſch den Roͤmern gleichbedeutende Nahmen waren; die Sike- ler der Inſel in Catos Zeitalter voͤllige Griechen. In dieſem Volk, von dem wir weiter nichts als die- ſes ſagen koͤnnen, ſcheint der griechiſche Grundſtamm der Latiner zu liegen. Einige haben auf ſie den Nahmen der Aboriginer angewandt; und eine uralte Auswanderung aus Achaia (im roͤmiſchen Sinn) gemuthmaaßt: ſo Cato ſelbſt, und C. Sempronius 45): in dieſem Sinn meldete auch Cato, der groͤßte Theil der Volskerebene habe vor- mals ihnen gehoͤrt 46). Nach dieſer Anſicht, daß Pelasgiſche Voͤlker in die- ſer Gegend Siculer und den Latinern verwandt waren, wuͤrden auch die Herniker von den umwohnenden auſoni- ſchen Staͤmmen abgeſondert werden muͤſſen, wenn die Autoritaͤt welche ſie Pelasger nennt ein wenig ach- tungswerther waͤre. Aber das Zeugniß des Julius Hy- 44) Plinius Hist. Nat. III. c. 8. 45) Dionyſius I. c. 11. 46) Fragm. Origg. I. bey Cortius, p. 9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/142
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/142>, abgerufen am 21.11.2024.