Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.bindungen ein Greuel seyn, wenn auch nicht bey den alten 300) Daraus ist es klar daß die älteste Sage Rom gar nicht als
eine eigentliche Colonie Albas und eine latinische Stadt be- trachtete: am wenigsten kann sie von der Auswandrung edler Geschlechter geredet haben. Als Colonie hätte Rom mit allen Latinern Connubium für alle Bürger gehabt. Ich rede hier immer nur von der Consequenz, welche alten Dichtungen keineswegs fehlt, nicht als von historischen Vorfällen. bindungen ein Greuel ſeyn, wenn auch nicht bey den alten 300) Daraus iſt es klar daß die aͤlteſte Sage Rom gar nicht als
eine eigentliche Colonie Albas und eine latiniſche Stadt be- trachtete: am wenigſten kann ſie von der Auswandrung edler Geſchlechter geredet haben. Als Colonie haͤtte Rom mit allen Latinern Connubium fuͤr alle Buͤrger gehabt. Ich rede hier immer nur von der Conſequenz, welche alten Dichtungen keineswegs fehlt, nicht als von hiſtoriſchen Vorfaͤllen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0181" n="159"/> bindungen ein Greuel ſeyn, wenn auch nicht bey den alten<lb/> Voͤlkern Italiens wie in Griechenland rechtmaͤßige Ehen<lb/> wie rechtmaͤßiger Guͤtererwerb, nur auf Mitbuͤrger oder<lb/> Verbuͤndete eingeſchraͤnkt geweſen waͤren. Die rohen<lb/> Freyer mißfielen den benachbarten nicht weniger als die<lb/> gefaͤhrliche Horde der ſie angehoͤrten ſie beunruhigte.<lb/> Sie verweigerten das Anſinnen gegenſeitiges Eherecht zu<lb/> ſchließen, mit Hohn: aber ſie glaubten, wie es der ſich<lb/> vornehmer duͤnkende immer waͤhnt, daß der Niedrigere<lb/> fuͤhlen ſolle er ſey mit Recht fuͤr Unbeſcheidenheit gedemuͤ-<lb/> thigt <note place="foot" n="300)">Daraus iſt es klar daß die aͤlteſte Sage Rom gar nicht als<lb/> eine eigentliche Colonie Albas und eine latiniſche Stadt be-<lb/> trachtete: am wenigſten kann ſie von der Auswandrung edler<lb/> Geſchlechter geredet haben. Als Colonie haͤtte Rom mit allen<lb/> Latinern Connubium fuͤr alle Buͤrger gehabt. Ich rede hier<lb/> immer nur von der Conſequenz, welche alten Dichtungen<lb/> keineswegs fehlt, nicht als von hiſtoriſchen Vorfaͤllen.</note>. Den vierten Monat nach der Gruͤndung der<lb/> Stadt, und dieſe iſt von der Inauguration der Mauern<lb/> zu verſtehen, gab die alte Sage einſtimmig als die Zeit<lb/> des Maͤdchenraubs an: Cn. Gellius allein, dem nur die<lb/> Zeit unglaublich vorgekommen iſt, verfaͤlſchte ſie zum vier-<lb/> ten Jahr. Romulus kuͤndigte die Feyer feſtlicher Aufzuͤge<lb/> und Wettkaͤmpfe, zum Feſt der Conſualien an. Dazu<lb/> lud er die benachbarten, theils Latiner, theils Sabiner,<lb/> denn Rom lag in der Graͤnze wo beyde Voͤlker in gemiſch-<lb/> ten Marken wohnten. Es fanden ſich viele ein, unein-<lb/> gedenk der Beleidigung und wem ſie ſich vertrauten, muͤ-<lb/> ßige Neugierige, wie zu einem Markt; auch waren ſolche<lb/> Feſte immer Maͤrkte, und in Italien wie in Griechenland<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0181]
bindungen ein Greuel ſeyn, wenn auch nicht bey den alten
Voͤlkern Italiens wie in Griechenland rechtmaͤßige Ehen
wie rechtmaͤßiger Guͤtererwerb, nur auf Mitbuͤrger oder
Verbuͤndete eingeſchraͤnkt geweſen waͤren. Die rohen
Freyer mißfielen den benachbarten nicht weniger als die
gefaͤhrliche Horde der ſie angehoͤrten ſie beunruhigte.
Sie verweigerten das Anſinnen gegenſeitiges Eherecht zu
ſchließen, mit Hohn: aber ſie glaubten, wie es der ſich
vornehmer duͤnkende immer waͤhnt, daß der Niedrigere
fuͤhlen ſolle er ſey mit Recht fuͤr Unbeſcheidenheit gedemuͤ-
thigt 300). Den vierten Monat nach der Gruͤndung der
Stadt, und dieſe iſt von der Inauguration der Mauern
zu verſtehen, gab die alte Sage einſtimmig als die Zeit
des Maͤdchenraubs an: Cn. Gellius allein, dem nur die
Zeit unglaublich vorgekommen iſt, verfaͤlſchte ſie zum vier-
ten Jahr. Romulus kuͤndigte die Feyer feſtlicher Aufzuͤge
und Wettkaͤmpfe, zum Feſt der Conſualien an. Dazu
lud er die benachbarten, theils Latiner, theils Sabiner,
denn Rom lag in der Graͤnze wo beyde Voͤlker in gemiſch-
ten Marken wohnten. Es fanden ſich viele ein, unein-
gedenk der Beleidigung und wem ſie ſich vertrauten, muͤ-
ßige Neugierige, wie zu einem Markt; auch waren ſolche
Feſte immer Maͤrkte, und in Italien wie in Griechenland
300) Daraus iſt es klar daß die aͤlteſte Sage Rom gar nicht als
eine eigentliche Colonie Albas und eine latiniſche Stadt be-
trachtete: am wenigſten kann ſie von der Auswandrung edler
Geſchlechter geredet haben. Als Colonie haͤtte Rom mit allen
Latinern Connubium fuͤr alle Buͤrger gehabt. Ich rede hier
immer nur von der Conſequenz, welche alten Dichtungen
keineswegs fehlt, nicht als von hiſtoriſchen Vorfaͤllen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |