Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Gestalt vermählt war, und ihn in die Versammlungen
ihrer Schwestern in den heiligen Hain führte, ordnete
er den gesammten Gottesdienst an; die Pontifices wel-
che über die Erhaltung des Religionsgesetzes, bey Ein-
zelnen und bey dem Staat, belehrend und ahndend
wachten; die Flamines welche den mächtigsten Göttern
im Tempel dienten; die keuschen Jungfrauen der Besta;
die Salier welche die Götter mit Waffentanz feierten:
er schrieb dem Volk die Gebräuche vor mit denen es
den Göttern seinen Dienst und sein Gebet wohlgefäl-
lig darbringen konnte. Ihm waren die Beschwörungen
offenbart den höchsten Jupiter zu bannen daß er seinen
Willen durch Blitze und Vogelflug kund thue: Wun-
derzeichen die andere von der Gunst des Gottes erwar-
ten mußten, der oft dem schwieg der verderben sollte.
Diesen Bann hatten ihn Faunus und Silvanus, die
Waldgötter, gelehrt, welche er nach Egerias Eingebung
gelockt und gefesselt hatte. Von dem Frommen duldete
der Gott die Kühnheit: er erließ durch Numa bewo-
gen dem Volk die schreckliche Pflicht der Menschenopfer:
den trotzenden Tullus der jenem verwegen nachahmte
erschlug ein Blitzstrahl unter diesen Beschwörungen im
Tempel des Jupiter Elicius. Unter Numa war tiefer
Friede um Rom; der Tempel des Janus, sein Werk,
blieb stets geschlossen, und in einer vierzigjährigen Re-
gierung führte er nie Krieg. Er starb wie die Lieblinge
der Götter im goldnen Weltalter, hochbetagt, und ein-
schlummernd.


Geſtalt vermaͤhlt war, und ihn in die Verſammlungen
ihrer Schweſtern in den heiligen Hain fuͤhrte, ordnete
er den geſammten Gottesdienſt an; die Pontifices wel-
che uͤber die Erhaltung des Religionsgeſetzes, bey Ein-
zelnen und bey dem Staat, belehrend und ahndend
wachten; die Flamines welche den maͤchtigſten Goͤttern
im Tempel dienten; die keuſchen Jungfrauen der Beſta;
die Salier welche die Goͤtter mit Waffentanz feierten:
er ſchrieb dem Volk die Gebraͤuche vor mit denen es
den Goͤttern ſeinen Dienſt und ſein Gebet wohlgefaͤl-
lig darbringen konnte. Ihm waren die Beſchwoͤrungen
offenbart den hoͤchſten Jupiter zu bannen daß er ſeinen
Willen durch Blitze und Vogelflug kund thue: Wun-
derzeichen die andere von der Gunſt des Gottes erwar-
ten mußten, der oft dem ſchwieg der verderben ſollte.
Dieſen Bann hatten ihn Faunus und Silvanus, die
Waldgoͤtter, gelehrt, welche er nach Egerias Eingebung
gelockt und gefeſſelt hatte. Von dem Frommen duldete
der Gott die Kuͤhnheit: er erließ durch Numa bewo-
gen dem Volk die ſchreckliche Pflicht der Menſchenopfer:
den trotzenden Tullus der jenem verwegen nachahmte
erſchlug ein Blitzſtrahl unter dieſen Beſchwoͤrungen im
Tempel des Jupiter Elicius. Unter Numa war tiefer
Friede um Rom; der Tempel des Janus, ſein Werk,
blieb ſtets geſchloſſen, und in einer vierzigjaͤhrigen Re-
gierung fuͤhrte er nie Krieg. Er ſtarb wie die Lieblinge
der Goͤtter im goldnen Weltalter, hochbetagt, und ein-
ſchlummernd.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0189" n="167"/>
Ge&#x017F;talt verma&#x0364;hlt war, und ihn in die Ver&#x017F;ammlungen<lb/>
ihrer Schwe&#x017F;tern in den heiligen Hain fu&#x0364;hrte, ordnete<lb/>
er den ge&#x017F;ammten Gottesdien&#x017F;t an; die Pontifices wel-<lb/>
che u&#x0364;ber die Erhaltung des Religionsge&#x017F;etzes, bey Ein-<lb/>
zelnen und bey dem Staat, belehrend und ahndend<lb/>
wachten; die Flamines welche den ma&#x0364;chtig&#x017F;ten Go&#x0364;ttern<lb/>
im Tempel dienten; die keu&#x017F;chen Jungfrauen der Be&#x017F;ta;<lb/>
die Salier welche die Go&#x0364;tter mit Waffentanz feierten:<lb/>
er &#x017F;chrieb dem Volk die Gebra&#x0364;uche vor mit denen es<lb/>
den Go&#x0364;ttern &#x017F;einen Dien&#x017F;t und &#x017F;ein Gebet wohlgefa&#x0364;l-<lb/>
lig darbringen konnte. Ihm waren die Be&#x017F;chwo&#x0364;rungen<lb/>
offenbart den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Jupiter zu bannen daß er &#x017F;einen<lb/>
Willen durch Blitze und Vogelflug kund thue: Wun-<lb/>
derzeichen die andere von der Gun&#x017F;t des Gottes erwar-<lb/>
ten mußten, der oft dem &#x017F;chwieg der verderben &#x017F;ollte.<lb/>
Die&#x017F;en Bann hatten ihn Faunus und Silvanus, die<lb/>
Waldgo&#x0364;tter, gelehrt, welche er nach Egerias Eingebung<lb/>
gelockt und gefe&#x017F;&#x017F;elt hatte. Von dem Frommen duldete<lb/>
der Gott die Ku&#x0364;hnheit: er erließ durch Numa bewo-<lb/>
gen dem Volk die &#x017F;chreckliche Pflicht der Men&#x017F;chenopfer:<lb/>
den trotzenden Tullus der jenem verwegen nachahmte<lb/>
er&#x017F;chlug ein Blitz&#x017F;trahl unter die&#x017F;en Be&#x017F;chwo&#x0364;rungen im<lb/>
Tempel des Jupiter Elicius. Unter Numa war tiefer<lb/>
Friede um Rom; der Tempel des Janus, &#x017F;ein Werk,<lb/>
blieb &#x017F;tets ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und in einer vierzigja&#x0364;hrigen Re-<lb/>
gierung fu&#x0364;hrte er nie Krieg. Er &#x017F;tarb wie die Lieblinge<lb/>
der Go&#x0364;tter im goldnen Weltalter, hochbetagt, und ein-<lb/>
&#x017F;chlummernd.</p>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0189] Geſtalt vermaͤhlt war, und ihn in die Verſammlungen ihrer Schweſtern in den heiligen Hain fuͤhrte, ordnete er den geſammten Gottesdienſt an; die Pontifices wel- che uͤber die Erhaltung des Religionsgeſetzes, bey Ein- zelnen und bey dem Staat, belehrend und ahndend wachten; die Flamines welche den maͤchtigſten Goͤttern im Tempel dienten; die keuſchen Jungfrauen der Beſta; die Salier welche die Goͤtter mit Waffentanz feierten: er ſchrieb dem Volk die Gebraͤuche vor mit denen es den Goͤttern ſeinen Dienſt und ſein Gebet wohlgefaͤl- lig darbringen konnte. Ihm waren die Beſchwoͤrungen offenbart den hoͤchſten Jupiter zu bannen daß er ſeinen Willen durch Blitze und Vogelflug kund thue: Wun- derzeichen die andere von der Gunſt des Gottes erwar- ten mußten, der oft dem ſchwieg der verderben ſollte. Dieſen Bann hatten ihn Faunus und Silvanus, die Waldgoͤtter, gelehrt, welche er nach Egerias Eingebung gelockt und gefeſſelt hatte. Von dem Frommen duldete der Gott die Kuͤhnheit: er erließ durch Numa bewo- gen dem Volk die ſchreckliche Pflicht der Menſchenopfer: den trotzenden Tullus der jenem verwegen nachahmte erſchlug ein Blitzſtrahl unter dieſen Beſchwoͤrungen im Tempel des Jupiter Elicius. Unter Numa war tiefer Friede um Rom; der Tempel des Janus, ſein Werk, blieb ſtets geſchloſſen, und in einer vierzigjaͤhrigen Re- gierung fuͤhrte er nie Krieg. Er ſtarb wie die Lieblinge der Goͤtter im goldnen Weltalter, hochbetagt, und ein- ſchlummernd.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/189
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/189>, abgerufen am 21.11.2024.