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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Jahre ein Lustrum, so bildeten fünf dieser Perioden ein
Säculum von 110 Jahren 49).

Es vernichtet den Wahn daß Italien in Barba-
rey lag, und Roms Beziehungen zu Griechenland dort
Wissenschaft stifteten, wenn man sieht wie vielmehr diese
leichte und regelmäßige Zeitrechnung gerade von jener Zeit
an so in Vergessenheit gerathen war, daß Cäsar eine
schlechtere Reformation des Kalenders aus fremder Wis-
senschaft erborgen mußte, und daß das Jahr damals um
67 Tage voraus von der wahren Zeit abweichen konnte.
Gänzliche Unwissenheit in der Mathematik und Astrono-
mie, deren Resultate, aber nicht ihre Wissenschaft die
Etrusker den Römern mitgetheilt hatten, mag die Verwir-
rung schon früh erregt haben: aber eine schändliche Unred-
lichkeit, wodurch die Pontifices, seitdem sie sich eine will-
kührliche Einschaltung angemaaßt, bald Consuln, bald
Generalpächter durch Verlängerung des Jahrs begünstig-
ten, oder durch Abkürzung desselben drückten, benutzte
und verschlimmerte sie.

Es ist allgemein bekannt, daß nach einer einstimmi-
gen Nachricht der glaubwürdigsten alten römischen Ar-
chäologen das romulische Jahr nur aus zehn Monaten
oder 304 Tagen bestanden hat. Unter der großen Menge
der Zeugen ist es hinreichend hierüber auf Censorinus,
welcher die Zahl der Monatstage angiebt, zu verwei-
sen 50). Dieses Jahr, welches einzeln genommen weder
mit dem Mond noch mit der Sonne übereinstimmt, schien

49) De emendat. temporum, p. 180 u. ff.
50) De die natali, c. 20.
Erster Theil. N

Jahre ein Luſtrum, ſo bildeten fuͤnf dieſer Perioden ein
Saͤculum von 110 Jahren 49).

Es vernichtet den Wahn daß Italien in Barba-
rey lag, und Roms Beziehungen zu Griechenland dort
Wiſſenſchaft ſtifteten, wenn man ſieht wie vielmehr dieſe
leichte und regelmaͤßige Zeitrechnung gerade von jener Zeit
an ſo in Vergeſſenheit gerathen war, daß Caͤſar eine
ſchlechtere Reformation des Kalenders aus fremder Wiſ-
ſenſchaft erborgen mußte, und daß das Jahr damals um
67 Tage voraus von der wahren Zeit abweichen konnte.
Gaͤnzliche Unwiſſenheit in der Mathematik und Aſtrono-
mie, deren Reſultate, aber nicht ihre Wiſſenſchaft die
Etrusker den Roͤmern mitgetheilt hatten, mag die Verwir-
rung ſchon fruͤh erregt haben: aber eine ſchaͤndliche Unred-
lichkeit, wodurch die Pontifices, ſeitdem ſie ſich eine will-
kuͤhrliche Einſchaltung angemaaßt, bald Conſuln, bald
Generalpaͤchter durch Verlaͤngerung des Jahrs beguͤnſtig-
ten, oder durch Abkuͤrzung deſſelben druͤckten, benutzte
und verſchlimmerte ſie.

Es iſt allgemein bekannt, daß nach einer einſtimmi-
gen Nachricht der glaubwuͤrdigſten alten roͤmiſchen Ar-
chaͤologen das romuliſche Jahr nur aus zehn Monaten
oder 304 Tagen beſtanden hat. Unter der großen Menge
der Zeugen iſt es hinreichend hieruͤber auf Cenſorinus,
welcher die Zahl der Monatstage angiebt, zu verwei-
ſen 50). Dieſes Jahr, welches einzeln genommen weder
mit dem Mond noch mit der Sonne uͤbereinſtimmt, ſchien

49) De emendat. temporum, p. 180 u. ff.
50) De die natali, c. 20.
Erſter Theil. N
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[193/0215] Jahre ein Luſtrum, ſo bildeten fuͤnf dieſer Perioden ein Saͤculum von 110 Jahren 49). Es vernichtet den Wahn daß Italien in Barba- rey lag, und Roms Beziehungen zu Griechenland dort Wiſſenſchaft ſtifteten, wenn man ſieht wie vielmehr dieſe leichte und regelmaͤßige Zeitrechnung gerade von jener Zeit an ſo in Vergeſſenheit gerathen war, daß Caͤſar eine ſchlechtere Reformation des Kalenders aus fremder Wiſ- ſenſchaft erborgen mußte, und daß das Jahr damals um 67 Tage voraus von der wahren Zeit abweichen konnte. Gaͤnzliche Unwiſſenheit in der Mathematik und Aſtrono- mie, deren Reſultate, aber nicht ihre Wiſſenſchaft die Etrusker den Roͤmern mitgetheilt hatten, mag die Verwir- rung ſchon fruͤh erregt haben: aber eine ſchaͤndliche Unred- lichkeit, wodurch die Pontifices, ſeitdem ſie ſich eine will- kuͤhrliche Einſchaltung angemaaßt, bald Conſuln, bald Generalpaͤchter durch Verlaͤngerung des Jahrs beguͤnſtig- ten, oder durch Abkuͤrzung deſſelben druͤckten, benutzte und verſchlimmerte ſie. Es iſt allgemein bekannt, daß nach einer einſtimmi- gen Nachricht der glaubwuͤrdigſten alten roͤmiſchen Ar- chaͤologen das romuliſche Jahr nur aus zehn Monaten oder 304 Tagen beſtanden hat. Unter der großen Menge der Zeugen iſt es hinreichend hieruͤber auf Cenſorinus, welcher die Zahl der Monatstage angiebt, zu verwei- ſen 50). Dieſes Jahr, welches einzeln genommen weder mit dem Mond noch mit der Sonne uͤbereinſtimmt, ſchien 49) De emendat. temporum, p. 180 u. ff. 50) De die natali, c. 20. Erſter Theil. N

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/215>, abgerufen am 21.11.2024.