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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Diese Vermuthung scheint eine sehr hohe Wahr-
scheinlichkeit zu haben: ich wünschte sie den folgenden
Ansichten nicht weniger geben zu können.

Die Zahl der patricischen Geschlechter welche wir aus
den Fasten kennen ist nicht bedeutend groß: aber das Con-
sulat war zuverlässig auch nur einer kleinen Zahl von ihnen
zugänglich, wenn gleich alle dazu befugt waren. In je-
der Aristocratie glänzen und herrschen nur wenige Fami-
lien, eine ungleich größere Zahl bleibt arm und dunkel:
so in Venedig. Diese sterben unbemerkt aus, oder sie ver-
lieren sich unter dem Volk, wie der Adel in Ditmarschen
und Norwegen: auch freywillig entsagten römische Fami-
lien dem Patriciat und gingen zum Volk über 88): bey
andern geschah es durch Mißheirathen, ehe das Connu-
bium zwischen beyden Ständen durch das Canulejische Ge-
setz bestimmt war. Solche patricische Geschlechter, welche
in den Fasten nie vorkommen, sind die Gens Racilia und
Tarquitia 89). Aus Nahmen der Vestalinnen von Ge-
schlechtern die nicht als patricisch in den Fasten vorkom-
men läßt sich nicht mit gleicher Sicherheit folgern, weil

88) Transitio ad plebem: womit freylich auch in späteren
Zeiten plebejische Eitelkeit viel fabelte, und so muß man
wohl lesen statt a plebe transitiones bey Cicero Brut.
c.
16. Ein Beyspiel von L. Minucius bey Livius IV. c. 16.
und Plinius H. N. XVIII. c. 4.
89) Eine Racilia war die Gattin des großen Cincinnatus vor
dem Canulejischen Gesetz: L. Tarquitius, Oberster der Rit-
ter während seiner Dictatur, war so arm, daß er hatte zu
Fuß dienen müssen.

Dieſe Vermuthung ſcheint eine ſehr hohe Wahr-
ſcheinlichkeit zu haben: ich wuͤnſchte ſie den folgenden
Anſichten nicht weniger geben zu koͤnnen.

Die Zahl der patriciſchen Geſchlechter welche wir aus
den Faſten kennen iſt nicht bedeutend groß: aber das Con-
ſulat war zuverlaͤſſig auch nur einer kleinen Zahl von ihnen
zugaͤnglich, wenn gleich alle dazu befugt waren. In je-
der Ariſtocratie glaͤnzen und herrſchen nur wenige Fami-
lien, eine ungleich groͤßere Zahl bleibt arm und dunkel:
ſo in Venedig. Dieſe ſterben unbemerkt aus, oder ſie ver-
lieren ſich unter dem Volk, wie der Adel in Ditmarſchen
und Norwegen: auch freywillig entſagten roͤmiſche Fami-
lien dem Patriciat und gingen zum Volk uͤber 88): bey
andern geſchah es durch Mißheirathen, ehe das Connu-
bium zwiſchen beyden Staͤnden durch das Canulejiſche Ge-
ſetz beſtimmt war. Solche patriciſche Geſchlechter, welche
in den Faſten nie vorkommen, ſind die Gens Racilia und
Tarquitia 89). Aus Nahmen der Veſtalinnen von Ge-
ſchlechtern die nicht als patriciſch in den Faſten vorkom-
men laͤßt ſich nicht mit gleicher Sicherheit folgern, weil

88) Transitio ad plebem: womit freylich auch in ſpaͤteren
Zeiten plebejiſche Eitelkeit viel fabelte, und ſo muß man
wohl leſen ſtatt a plebe transitiones bey Cicero Brut.
c.
16. Ein Beyſpiel von L. Minucius bey Livius IV. c. 16.
und Plinius H. N. XVIII. c. 4.
89) Eine Racilia war die Gattin des großen Cincinnatus vor
dem Canulejiſchen Geſetz: L. Tarquitius, Oberſter der Rit-
ter waͤhrend ſeiner Dictatur, war ſo arm, daß er hatte zu
Fuß dienen muͤſſen.
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[228/0250] Dieſe Vermuthung ſcheint eine ſehr hohe Wahr- ſcheinlichkeit zu haben: ich wuͤnſchte ſie den folgenden Anſichten nicht weniger geben zu koͤnnen. Die Zahl der patriciſchen Geſchlechter welche wir aus den Faſten kennen iſt nicht bedeutend groß: aber das Con- ſulat war zuverlaͤſſig auch nur einer kleinen Zahl von ihnen zugaͤnglich, wenn gleich alle dazu befugt waren. In je- der Ariſtocratie glaͤnzen und herrſchen nur wenige Fami- lien, eine ungleich groͤßere Zahl bleibt arm und dunkel: ſo in Venedig. Dieſe ſterben unbemerkt aus, oder ſie ver- lieren ſich unter dem Volk, wie der Adel in Ditmarſchen und Norwegen: auch freywillig entſagten roͤmiſche Fami- lien dem Patriciat und gingen zum Volk uͤber 88): bey andern geſchah es durch Mißheirathen, ehe das Connu- bium zwiſchen beyden Staͤnden durch das Canulejiſche Ge- ſetz beſtimmt war. Solche patriciſche Geſchlechter, welche in den Faſten nie vorkommen, ſind die Gens Racilia und Tarquitia 89). Aus Nahmen der Veſtalinnen von Ge- ſchlechtern die nicht als patriciſch in den Faſten vorkom- men laͤßt ſich nicht mit gleicher Sicherheit folgern, weil 88) Transitio ad plebem: womit freylich auch in ſpaͤteren Zeiten plebejiſche Eitelkeit viel fabelte, und ſo muß man wohl leſen ſtatt a plebe transitiones bey Cicero Brut. c. 16. Ein Beyſpiel von L. Minucius bey Livius IV. c. 16. und Plinius H. N. XVIII. c. 4. 89) Eine Racilia war die Gattin des großen Cincinnatus vor dem Canulejiſchen Geſetz: L. Tarquitius, Oberſter der Rit- ter waͤhrend ſeiner Dictatur, war ſo arm, daß er hatte zu Fuß dienen muͤſſen.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/250>, abgerufen am 21.11.2024.