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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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wie die Gervianische, fordert nichts von dem der im Staat
ganz unbedeutend ist, und sich kümmerlich einen unsichern
Unterhalt erwerben muß. Jene persönliche Steuer mag
vielmehr die fremden Beysassen, und die ihnen gleichge-
achteten getroffen haben welche in keiner Tribus geschätzt
werden konnten.

Sehr ungleich an Zahl mußten die Centurien aller-
dings seyn, da die erste Klasse von ungefähr hundert und
siebzig plebejischen Stimmen deren allein achtzig gab.
Aber willkührlich ist diese Eintheilung anfangs ohne Zwei-
fel nicht gewesen; obgleich sie, sobald die Zahl der Centu-
rien fest stand, und das Verhältniß des Vermögens sich
veränderte, späterhin den Grund der Eintheilung verlohr
und willkührlich scheinen mußte. Dieser Grund ist schon
angegeben worden: nämlich das steuerbare Gesammtver-
mögen der Nation, und das Verhältniß des Gesammtver-
mögens jeder Klasse zu demselben. Drey Individuen der
ersten Klasse kamen durchschnittsmäßig vier der zweyten,
sechs der dritten, zwölf der vierten, vier und zwanzig der
fünften Klasse an Vermögen gleich: also auch an Stimm-
recht: folglich mußten die Centurien in demselben Verhält-
niß in jeder Klasse stärker werden. Ohne Zweifel fand
man das Vermögen bey dem ersten Census so getheilt wie
man es vielleicht allenthalben, wo nicht entweder Lehnver-
hältniß auf dem Lande, oder übermäßiger Fabrikenbetrieb
in den Städten alles verrückt, und keinen Mittelstand
zwischen Reichthum und Armuth zuläßt, finden dürfte:
so nämlich, daß die Masse welche sich im Eigenthum des
vorzüglich Wohlhabenden und Begüterten befindet, we-

wie die Gervianiſche, fordert nichts von dem der im Staat
ganz unbedeutend iſt, und ſich kuͤmmerlich einen unſichern
Unterhalt erwerben muß. Jene perſoͤnliche Steuer mag
vielmehr die fremden Beyſaſſen, und die ihnen gleichge-
achteten getroffen haben welche in keiner Tribus geſchaͤtzt
werden konnten.

Sehr ungleich an Zahl mußten die Centurien aller-
dings ſeyn, da die erſte Klaſſe von ungefaͤhr hundert und
ſiebzig plebejiſchen Stimmen deren allein achtzig gab.
Aber willkuͤhrlich iſt dieſe Eintheilung anfangs ohne Zwei-
fel nicht geweſen; obgleich ſie, ſobald die Zahl der Centu-
rien feſt ſtand, und das Verhaͤltniß des Vermoͤgens ſich
veraͤnderte, ſpaͤterhin den Grund der Eintheilung verlohr
und willkuͤhrlich ſcheinen mußte. Dieſer Grund iſt ſchon
angegeben worden: naͤmlich das ſteuerbare Geſammtver-
moͤgen der Nation, und das Verhaͤltniß des Geſammtver-
moͤgens jeder Klaſſe zu demſelben. Drey Individuen der
erſten Klaſſe kamen durchſchnittsmaͤßig vier der zweyten,
ſechs der dritten, zwoͤlf der vierten, vier und zwanzig der
fuͤnften Klaſſe an Vermoͤgen gleich: alſo auch an Stimm-
recht: folglich mußten die Centurien in demſelben Verhaͤlt-
niß in jeder Klaſſe ſtaͤrker werden. Ohne Zweifel fand
man das Vermoͤgen bey dem erſten Cenſus ſo getheilt wie
man es vielleicht allenthalben, wo nicht entweder Lehnver-
haͤltniß auf dem Lande, oder uͤbermaͤßiger Fabrikenbetrieb
in den Staͤdten alles verruͤckt, und keinen Mittelſtand
zwiſchen Reichthum und Armuth zulaͤßt, finden duͤrfte:
ſo naͤmlich, daß die Maſſe welche ſich im Eigenthum des
vorzuͤglich Wohlhabenden und Beguͤterten befindet, we-

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[281/0303] wie die Gervianiſche, fordert nichts von dem der im Staat ganz unbedeutend iſt, und ſich kuͤmmerlich einen unſichern Unterhalt erwerben muß. Jene perſoͤnliche Steuer mag vielmehr die fremden Beyſaſſen, und die ihnen gleichge- achteten getroffen haben welche in keiner Tribus geſchaͤtzt werden konnten. Sehr ungleich an Zahl mußten die Centurien aller- dings ſeyn, da die erſte Klaſſe von ungefaͤhr hundert und ſiebzig plebejiſchen Stimmen deren allein achtzig gab. Aber willkuͤhrlich iſt dieſe Eintheilung anfangs ohne Zwei- fel nicht geweſen; obgleich ſie, ſobald die Zahl der Centu- rien feſt ſtand, und das Verhaͤltniß des Vermoͤgens ſich veraͤnderte, ſpaͤterhin den Grund der Eintheilung verlohr und willkuͤhrlich ſcheinen mußte. Dieſer Grund iſt ſchon angegeben worden: naͤmlich das ſteuerbare Geſammtver- moͤgen der Nation, und das Verhaͤltniß des Geſammtver- moͤgens jeder Klaſſe zu demſelben. Drey Individuen der erſten Klaſſe kamen durchſchnittsmaͤßig vier der zweyten, ſechs der dritten, zwoͤlf der vierten, vier und zwanzig der fuͤnften Klaſſe an Vermoͤgen gleich: alſo auch an Stimm- recht: folglich mußten die Centurien in demſelben Verhaͤlt- niß in jeder Klaſſe ſtaͤrker werden. Ohne Zweifel fand man das Vermoͤgen bey dem erſten Cenſus ſo getheilt wie man es vielleicht allenthalben, wo nicht entweder Lehnver- haͤltniß auf dem Lande, oder uͤbermaͤßiger Fabrikenbetrieb in den Staͤdten alles verruͤckt, und keinen Mittelſtand zwiſchen Reichthum und Armuth zulaͤßt, finden duͤrfte: ſo naͤmlich, daß die Maſſe welche ſich im Eigenthum des vorzuͤglich Wohlhabenden und Beguͤterten befindet, we-

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/303>, abgerufen am 22.11.2024.