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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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sprungen wären, und daß unter dem Gabinischen alles
Latinische Gebiet zu verstehen und dem Römischen, als wo
etruskische Riten galten, entgegengesetzt sey. Der Römi-
sche König suchte durch die Waffen zu erhalten was Un-
terhandlungen nicht bewürken konnten, aber auch seine
Waffen hatten keinen glücklichen Erfolg, und keine bessere
Hoffnungen: die nämliche List die um eben diese Zeit Da-
rius die Herrschaft über das abgefallne Babylon wieder
verschafft hatte, eine List bey der Selbstaufopferung wie
man sie nur an der Tugend liebt den Feind hintergeht,
überlieferte ihm die feindselige Stadt. Sextus, sein
Sohn, ertrug es, unter dem Schein einer zuerkannten
Strafe, sich stäupen zu lassen, und entfloh mit den bluti-
gen Zeichen der Schmach bedeckt nach Gabii, als nur bey
den unversöhnlichsten Feinden seines Vaters gegen die äu-
ßersten Ausbrüche der Tyranney geschützt. Er fand diesen
Schutz, Mitleiden und Glauben: seine hohe Geburt, seine
Kenntniß des feindlichen Heers, Tapferkeit in den Gefech-
ten die er mit ihnen theilte, bewogen die Gabiner ihn zum
Anführer bey ihren Streifzügen zu ernennen, und diese
wurden um so glänzender weil Tarquinius ihm absichtlich
Beute und Truppen an verabredeten Orten aufopferte.
So ward er den Gabinern stets werther; je mehr er ihre
Vorliebe gewann, um so mehr entzogen sie ihr Vertrauen
den alten Anführern, deren Kälte und Mißtrauen ver-
dächtige Abgunst hieß. Ohne den Nahmen des Dictators
besaß er schon die Gewalt, und war seinem Zweck nahe
gekommen das betrogene Volk zu überliefern. An diesem
letzten Schritt konnte alles scheitern. Er sandte einen

ſprungen waͤren, und daß unter dem Gabiniſchen alles
Latiniſche Gebiet zu verſtehen und dem Roͤmiſchen, als wo
etruskiſche Riten galten, entgegengeſetzt ſey. Der Roͤmi-
ſche Koͤnig ſuchte durch die Waffen zu erhalten was Un-
terhandlungen nicht bewuͤrken konnten, aber auch ſeine
Waffen hatten keinen gluͤcklichen Erfolg, und keine beſſere
Hoffnungen: die naͤmliche Liſt die um eben dieſe Zeit Da-
rius die Herrſchaft uͤber das abgefallne Babylon wieder
verſchafft hatte, eine Liſt bey der Selbſtaufopferung wie
man ſie nur an der Tugend liebt den Feind hintergeht,
uͤberlieferte ihm die feindſelige Stadt. Sextus, ſein
Sohn, ertrug es, unter dem Schein einer zuerkannten
Strafe, ſich ſtaͤupen zu laſſen, und entfloh mit den bluti-
gen Zeichen der Schmach bedeckt nach Gabii, als nur bey
den unverſoͤhnlichſten Feinden ſeines Vaters gegen die aͤu-
ßerſten Ausbruͤche der Tyranney geſchuͤtzt. Er fand dieſen
Schutz, Mitleiden und Glauben: ſeine hohe Geburt, ſeine
Kenntniß des feindlichen Heers, Tapferkeit in den Gefech-
ten die er mit ihnen theilte, bewogen die Gabiner ihn zum
Anfuͤhrer bey ihren Streifzuͤgen zu ernennen, und dieſe
wurden um ſo glaͤnzender weil Tarquinius ihm abſichtlich
Beute und Truppen an verabredeten Orten aufopferte.
So ward er den Gabinern ſtets werther; je mehr er ihre
Vorliebe gewann, um ſo mehr entzogen ſie ihr Vertrauen
den alten Anfuͤhrern, deren Kaͤlte und Mißtrauen ver-
daͤchtige Abgunſt hieß. Ohne den Nahmen des Dictators
beſaß er ſchon die Gewalt, und war ſeinem Zweck nahe
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letzten Schritt konnte alles ſcheitern. Er ſandte einen

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[300/0322] ſprungen waͤren, und daß unter dem Gabiniſchen alles Latiniſche Gebiet zu verſtehen und dem Roͤmiſchen, als wo etruskiſche Riten galten, entgegengeſetzt ſey. Der Roͤmi- ſche Koͤnig ſuchte durch die Waffen zu erhalten was Un- terhandlungen nicht bewuͤrken konnten, aber auch ſeine Waffen hatten keinen gluͤcklichen Erfolg, und keine beſſere Hoffnungen: die naͤmliche Liſt die um eben dieſe Zeit Da- rius die Herrſchaft uͤber das abgefallne Babylon wieder verſchafft hatte, eine Liſt bey der Selbſtaufopferung wie man ſie nur an der Tugend liebt den Feind hintergeht, uͤberlieferte ihm die feindſelige Stadt. Sextus, ſein Sohn, ertrug es, unter dem Schein einer zuerkannten Strafe, ſich ſtaͤupen zu laſſen, und entfloh mit den bluti- gen Zeichen der Schmach bedeckt nach Gabii, als nur bey den unverſoͤhnlichſten Feinden ſeines Vaters gegen die aͤu- ßerſten Ausbruͤche der Tyranney geſchuͤtzt. Er fand dieſen Schutz, Mitleiden und Glauben: ſeine hohe Geburt, ſeine Kenntniß des feindlichen Heers, Tapferkeit in den Gefech- ten die er mit ihnen theilte, bewogen die Gabiner ihn zum Anfuͤhrer bey ihren Streifzuͤgen zu ernennen, und dieſe wurden um ſo glaͤnzender weil Tarquinius ihm abſichtlich Beute und Truppen an verabredeten Orten aufopferte. So ward er den Gabinern ſtets werther; je mehr er ihre Vorliebe gewann, um ſo mehr entzogen ſie ihr Vertrauen den alten Anfuͤhrern, deren Kaͤlte und Mißtrauen ver- daͤchtige Abgunſt hieß. Ohne den Nahmen des Dictators beſaß er ſchon die Gewalt, und war ſeinem Zweck nahe gekommen das betrogene Volk zu uͤberliefern. An dieſem letzten Schritt konnte alles ſcheitern. Er ſandte einen

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/322>, abgerufen am 22.11.2024.