Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Jugera angewiesen wurden, das Landmaaß welches nach-
her die Regel allgemeiner Vertheilungen blieb. Das ge-
theilte Land war nun ohne Zweifel das Privatgut der Kö-
nige, wenigstens war dieses darin absorbirt, und dies
war ein unauflösliches Band, nicht der Besitz einiger ge-
raubten Habseligkeiten, welche immer nur wenigen vom
Pöbel zu Theil geworden seyn konnten, also auch nur we-
nige, und die denen die Republik keine Waffen gab, ver-
pflichteten, und leicht veräußert waren. Unsre Geschicht-
schreiber erzählen nur die Heiligung des Felds zwischen
Stadt und Tiber welches von der Zeit an das Marsfeld
geworden sey. Sie fügen hinzu, die Weihung sey zur
Erndtezeit geschehen; und weil es unerlaubt geschienen
das Korn eines geweihten Feldes zu benutzen, habe man
die Garben in Körben in den Strohm geworfen. Hier
hätten die seichten Gründe, -- der Strohm floß schwach
und klein als im hohen Sommer, -- das herabfließende
Stroh aufgehalten, und es habe sich so aufgehäuft daß
daraus der Grund der Tiberinsel entstand.

Aber eben das Marsfeld war kein Eigenthum der
Tarquinier und ward auch nicht damals dem Gott gehei-
ligt. Freylich wie es scheint in sehr alten Zeiten, unter
einem Consul Horatius 96), schenkte dieses Feld dem Rö-
mischen Volk eine Vestalin Tarratia, die zum Dank durch
ein Gesetz mit Vorrechten vor allen Frauen ausgezeich-
net ward.


96) Denn die Geberin ward durch eine Lex Horatia belohnt.
Gellius N. A. VI. c. 7.

Jugera angewieſen wurden, das Landmaaß welches nach-
her die Regel allgemeiner Vertheilungen blieb. Das ge-
theilte Land war nun ohne Zweifel das Privatgut der Koͤ-
nige, wenigſtens war dieſes darin abſorbirt, und dies
war ein unaufloͤsliches Band, nicht der Beſitz einiger ge-
raubten Habſeligkeiten, welche immer nur wenigen vom
Poͤbel zu Theil geworden ſeyn konnten, alſo auch nur we-
nige, und die denen die Republik keine Waffen gab, ver-
pflichteten, und leicht veraͤußert waren. Unſre Geſchicht-
ſchreiber erzaͤhlen nur die Heiligung des Felds zwiſchen
Stadt und Tiber welches von der Zeit an das Marsfeld
geworden ſey. Sie fuͤgen hinzu, die Weihung ſey zur
Erndtezeit geſchehen; und weil es unerlaubt geſchienen
das Korn eines geweihten Feldes zu benutzen, habe man
die Garben in Koͤrben in den Strohm geworfen. Hier
haͤtten die ſeichten Gruͤnde, — der Strohm floß ſchwach
und klein als im hohen Sommer, — das herabfließende
Stroh aufgehalten, und es habe ſich ſo aufgehaͤuft daß
daraus der Grund der Tiberinſel entſtand.

Aber eben das Marsfeld war kein Eigenthum der
Tarquinier und ward auch nicht damals dem Gott gehei-
ligt. Freylich wie es ſcheint in ſehr alten Zeiten, unter
einem Conſul Horatius 96), ſchenkte dieſes Feld dem Roͤ-
miſchen Volk eine Veſtalin Tarratia, die zum Dank durch
ein Geſetz mit Vorrechten vor allen Frauen ausgezeich-
net ward.


96) Denn die Geberin ward durch eine Lex Horatia belohnt.
Gellius N. A. VI. c. 7.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="331"/>
Jugera angewie&#x017F;en wurden, das Landmaaß welches nach-<lb/>
her die Regel allgemeiner Vertheilungen blieb. Das ge-<lb/>
theilte Land war nun ohne Zweifel das Privatgut der Ko&#x0364;-<lb/>
nige, wenig&#x017F;tens war die&#x017F;es darin ab&#x017F;orbirt, und dies<lb/>
war ein unauflo&#x0364;sliches Band, nicht der Be&#x017F;itz einiger ge-<lb/>
raubten Hab&#x017F;eligkeiten, welche immer nur wenigen vom<lb/>
Po&#x0364;bel zu Theil geworden &#x017F;eyn konnten, al&#x017F;o auch nur we-<lb/>
nige, und die denen die Republik keine Waffen gab, ver-<lb/>
pflichteten, und leicht vera&#x0364;ußert waren. Un&#x017F;re Ge&#x017F;chicht-<lb/>
&#x017F;chreiber erza&#x0364;hlen nur die Heiligung des Felds zwi&#x017F;chen<lb/>
Stadt und Tiber welches von der Zeit an das Marsfeld<lb/>
geworden &#x017F;ey. Sie fu&#x0364;gen hinzu, die Weihung &#x017F;ey zur<lb/>
Erndtezeit ge&#x017F;chehen; und weil es unerlaubt ge&#x017F;chienen<lb/>
das Korn eines geweihten Feldes zu benutzen, habe man<lb/>
die Garben in Ko&#x0364;rben in den Strohm geworfen. Hier<lb/>
ha&#x0364;tten die &#x017F;eichten Gru&#x0364;nde, &#x2014; der Strohm floß &#x017F;chwach<lb/>
und klein als im hohen Sommer, &#x2014; das herabfließende<lb/>
Stroh aufgehalten, und es habe &#x017F;ich &#x017F;o aufgeha&#x0364;uft daß<lb/>
daraus der Grund der Tiberin&#x017F;el ent&#x017F;tand.</p><lb/>
          <p>Aber eben das Marsfeld war kein Eigenthum der<lb/>
Tarquinier und ward auch nicht damals dem Gott gehei-<lb/>
ligt. Freylich wie es &#x017F;cheint in &#x017F;ehr alten Zeiten, unter<lb/>
einem Con&#x017F;ul Horatius <note place="foot" n="96)">Denn die Geberin ward durch eine <hi rendition="#aq">Lex Horatia</hi> belohnt.<lb/>
Gellius <hi rendition="#aq">N. A. VI. c.</hi> 7.</note>, &#x017F;chenkte die&#x017F;es Feld dem Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Volk eine Ve&#x017F;talin Tarratia, die zum Dank durch<lb/>
ein Ge&#x017F;etz mit Vorrechten vor allen Frauen ausgezeich-<lb/>
net ward.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0353] Jugera angewieſen wurden, das Landmaaß welches nach- her die Regel allgemeiner Vertheilungen blieb. Das ge- theilte Land war nun ohne Zweifel das Privatgut der Koͤ- nige, wenigſtens war dieſes darin abſorbirt, und dies war ein unaufloͤsliches Band, nicht der Beſitz einiger ge- raubten Habſeligkeiten, welche immer nur wenigen vom Poͤbel zu Theil geworden ſeyn konnten, alſo auch nur we- nige, und die denen die Republik keine Waffen gab, ver- pflichteten, und leicht veraͤußert waren. Unſre Geſchicht- ſchreiber erzaͤhlen nur die Heiligung des Felds zwiſchen Stadt und Tiber welches von der Zeit an das Marsfeld geworden ſey. Sie fuͤgen hinzu, die Weihung ſey zur Erndtezeit geſchehen; und weil es unerlaubt geſchienen das Korn eines geweihten Feldes zu benutzen, habe man die Garben in Koͤrben in den Strohm geworfen. Hier haͤtten die ſeichten Gruͤnde, — der Strohm floß ſchwach und klein als im hohen Sommer, — das herabfließende Stroh aufgehalten, und es habe ſich ſo aufgehaͤuft daß daraus der Grund der Tiberinſel entſtand. Aber eben das Marsfeld war kein Eigenthum der Tarquinier und ward auch nicht damals dem Gott gehei- ligt. Freylich wie es ſcheint in ſehr alten Zeiten, unter einem Conſul Horatius 96), ſchenkte dieſes Feld dem Roͤ- miſchen Volk eine Veſtalin Tarratia, die zum Dank durch ein Geſetz mit Vorrechten vor allen Frauen ausgezeich- net ward. 96) Denn die Geberin ward durch eine Lex Horatia belohnt. Gellius N. A. VI. c. 7.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/353
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/353>, abgerufen am 16.06.2024.