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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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äußerste fürchterliche Mittel noch immer weniger schädlich
sey als die Lähmung der höchsten Gewalt.

Sonst ward Gehorsam gegen die Befehle der Consuln
durch ein andres Gesetz eingeschärft welches gegen den
Widerspenstigen eine Mulct von fünf Rindern und zwey
Schafen verfügte. Ein drittes erklärte jeden der eine ihm
nicht vom Volk aufgetragene Macht ausübte, den Göt-
tern mit seiner gesammten Habe als Opfer geweiht. Dies
war eine Achtserklärung, und gab dem Consul das Recht
den Schuldigen in einem solchen Fall ungeahndet hinrich-
ten zu lassen, wie jedem einzelnen ihn zu tödten. Die
Formel, das Haupt des Schuldigen den Göttern zu wei-
hen, hergenommen von den Menschenopfern, deren Sitte
zu Rom in den ältesten Zeiten sich schlechterdings nicht
läugnen läßt, war, vermuthlich weil auch dort, wie bey
andern Völkern bey denen dieses Opfer geblieben ist, vor-
züglich Verbrecher zu Schlachtopfern gewählt wurden,
der Ausdruck der angedrohten Todesstrafe. Patrone oder
Clienten welche gegen die Pflichten ihres Verhältnisses
gesündigt hatten waren dem Dis zum Opfer geweiht 4):
wer einen Volksmagistrat gefährdete, dem Jupiter 5): wer
ein Erndtefeld diebisch abmähte oder abhütete, der Ce-
res 6). Diese Gesetze zum Vortheil des Volks, begleitete
der Consul mit äußerer Anerkennung der Majestät der
Volksgemeinde 7), vor der er zuerst die Steckenbündel

4) Dionysius II. c. 10.
5) Livius III. c. 55.
6) Plinius H. N. XVIII. c. 3.
7) Der Versammlung der Tribus. Denn er berief ein Con-
cilium (Livius II. c. 7.), oder Versammlung eines Theils

aͤußerſte fuͤrchterliche Mittel noch immer weniger ſchaͤdlich
ſey als die Laͤhmung der hoͤchſten Gewalt.

Sonſt ward Gehorſam gegen die Befehle der Conſuln
durch ein andres Geſetz eingeſchaͤrft welches gegen den
Widerſpenſtigen eine Mulct von fuͤnf Rindern und zwey
Schafen verfuͤgte. Ein drittes erklaͤrte jeden der eine ihm
nicht vom Volk aufgetragene Macht ausuͤbte, den Goͤt-
tern mit ſeiner geſammten Habe als Opfer geweiht. Dies
war eine Achtserklaͤrung, und gab dem Conſul das Recht
den Schuldigen in einem ſolchen Fall ungeahndet hinrich-
ten zu laſſen, wie jedem einzelnen ihn zu toͤdten. Die
Formel, das Haupt des Schuldigen den Goͤttern zu wei-
hen, hergenommen von den Menſchenopfern, deren Sitte
zu Rom in den aͤlteſten Zeiten ſich ſchlechterdings nicht
laͤugnen laͤßt, war, vermuthlich weil auch dort, wie bey
andern Voͤlkern bey denen dieſes Opfer geblieben iſt, vor-
zuͤglich Verbrecher zu Schlachtopfern gewaͤhlt wurden,
der Ausdruck der angedrohten Todesſtrafe. Patrone oder
Clienten welche gegen die Pflichten ihres Verhaͤltniſſes
geſuͤndigt hatten waren dem Dis zum Opfer geweiht 4):
wer einen Volksmagiſtrat gefaͤhrdete, dem Jupiter 5): wer
ein Erndtefeld diebiſch abmaͤhte oder abhuͤtete, der Ce-
res 6). Dieſe Geſetze zum Vortheil des Volks, begleitete
der Conſul mit aͤußerer Anerkennung der Majeſtaͤt der
Volksgemeinde 7), vor der er zuerſt die Steckenbuͤndel

4) Dionyſius II. c. 10.
5) Livius III. c. 55.
6) Plinius H. N. XVIII. c. 3.
7) Der Verſammlung der Tribus. Denn er berief ein Con-
cilium (Livius II. c. 7.), oder Verſammlung eines Theils
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[342/0364] aͤußerſte fuͤrchterliche Mittel noch immer weniger ſchaͤdlich ſey als die Laͤhmung der hoͤchſten Gewalt. Sonſt ward Gehorſam gegen die Befehle der Conſuln durch ein andres Geſetz eingeſchaͤrft welches gegen den Widerſpenſtigen eine Mulct von fuͤnf Rindern und zwey Schafen verfuͤgte. Ein drittes erklaͤrte jeden der eine ihm nicht vom Volk aufgetragene Macht ausuͤbte, den Goͤt- tern mit ſeiner geſammten Habe als Opfer geweiht. Dies war eine Achtserklaͤrung, und gab dem Conſul das Recht den Schuldigen in einem ſolchen Fall ungeahndet hinrich- ten zu laſſen, wie jedem einzelnen ihn zu toͤdten. Die Formel, das Haupt des Schuldigen den Goͤttern zu wei- hen, hergenommen von den Menſchenopfern, deren Sitte zu Rom in den aͤlteſten Zeiten ſich ſchlechterdings nicht laͤugnen laͤßt, war, vermuthlich weil auch dort, wie bey andern Voͤlkern bey denen dieſes Opfer geblieben iſt, vor- zuͤglich Verbrecher zu Schlachtopfern gewaͤhlt wurden, der Ausdruck der angedrohten Todesſtrafe. Patrone oder Clienten welche gegen die Pflichten ihres Verhaͤltniſſes geſuͤndigt hatten waren dem Dis zum Opfer geweiht 4): wer einen Volksmagiſtrat gefaͤhrdete, dem Jupiter 5): wer ein Erndtefeld diebiſch abmaͤhte oder abhuͤtete, der Ce- res 6). Dieſe Geſetze zum Vortheil des Volks, begleitete der Conſul mit aͤußerer Anerkennung der Majeſtaͤt der Volksgemeinde 7), vor der er zuerſt die Steckenbuͤndel 4) Dionyſius II. c. 10. 5) Livius III. c. 55. 6) Plinius H. N. XVIII. c. 3. 7) Der Verſammlung der Tribus. Denn er berief ein Con- cilium (Livius II. c. 7.), oder Verſammlung eines Theils

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/364>, abgerufen am 24.11.2024.