senken ließ, aus denen nach dem Beyspiel welches er da- mals gab die Beile entfernt wurden so lange der Consul sich in der Stadt befand. Das Andenken der Valerischen Gesetze scheint völlig historisch gewesen zu seyn. Aber daß P. Valerius sie, als alleiniger Consul gab, ist nach dem Karthaginiensischen Bündniß bey Polybius unmöglich; und für eine Theilnahme des Consuls Horatius an dieser Gesetzgebung scheint zu reden daß noch einmal, im Jahr 305, als die Freyheit durch die Tyranney der Decemvirn in die höchste Gefahr gekommen war, ein Valerius und ein Horatius als Erben der Gerechtigkeit und Volksliebe ihrer Ahnherrn, zum Consulat erhoben wurden, und diese Gesetze theils erneuerten, theils erweiterten: denn in Rom wie in allen ächtfreyen Staaten waren politische Grund- sätze ein heiliges Erbstück, welches die Nachkommen so be- wahrten wie große Vorfahren sie festgestellt hatten.
Indessen blieb Valerius und seinem Hause allerdings die vorzüglichste Gunst, und der Beynahme Publicola, den man nicht mit den Griechen Dionysius und Plutarch, als zusammengesetzt, durch demokedes, den Fürsorger des Volks, übersetzen, sondern darin die altlatinische Form des Adjectivs durch eine überflüssige angefügte Endung er- kennen muß, welche zuweilen als Diminutiv, zuweilen als Zusammensetzung täuscht 8). Es ist so viel als pu-
der Nation im engeren Sinn der Plebs (Gellius XV. c. 27.): und er berief sie auf das Forum, wo die Centurien sich nicht versammeln konnten: wenn nicht auch dieses spätere plebeji- sche, oder mit liebendem Sinn für die Plebs gedachte Aus- bildung ist.
8) So ist Scaevola nicht das Diminutiv, sondern gleichbedeu-
ſenken ließ, aus denen nach dem Beyſpiel welches er da- mals gab die Beile entfernt wurden ſo lange der Conſul ſich in der Stadt befand. Das Andenken der Valeriſchen Geſetze ſcheint voͤllig hiſtoriſch geweſen zu ſeyn. Aber daß P. Valerius ſie, als alleiniger Conſul gab, iſt nach dem Karthaginienſiſchen Buͤndniß bey Polybius unmoͤglich; und fuͤr eine Theilnahme des Conſuls Horatius an dieſer Geſetzgebung ſcheint zu reden daß noch einmal, im Jahr 305, als die Freyheit durch die Tyranney der Decemvirn in die hoͤchſte Gefahr gekommen war, ein Valerius und ein Horatius als Erben der Gerechtigkeit und Volksliebe ihrer Ahnherrn, zum Conſulat erhoben wurden, und dieſe Geſetze theils erneuerten, theils erweiterten: denn in Rom wie in allen aͤchtfreyen Staaten waren politiſche Grund- ſaͤtze ein heiliges Erbſtuͤck, welches die Nachkommen ſo be- wahrten wie große Vorfahren ſie feſtgeſtellt hatten.
Indeſſen blieb Valerius und ſeinem Hauſe allerdings die vorzuͤglichſte Gunſt, und der Beynahme Publicola, den man nicht mit den Griechen Dionyſius und Plutarch, als zuſammengeſetzt, durch δημοκηδὴς, den Fuͤrſorger des Volks, uͤberſetzen, ſondern darin die altlatiniſche Form des Adjectivs durch eine uͤberfluͤſſige angefuͤgte Endung er- kennen muß, welche zuweilen als Diminutiv, zuweilen als Zuſammenſetzung taͤuſcht 8). Es iſt ſo viel als pu-
der Nation im engeren Sinn der Plebs (Gellius XV. c. 27.): und er berief ſie auf das Forum, wo die Centurien ſich nicht verſammeln konnten: wenn nicht auch dieſes ſpaͤtere plebeji- ſche, oder mit liebendem Sinn fuͤr die Plebs gedachte Aus- bildung iſt.
8) So iſt Scævola nicht das Diminutiv, ſondern gleichbedeu-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0365"n="343"/>ſenken ließ, aus denen nach dem Beyſpiel welches er da-<lb/>
mals gab die Beile entfernt wurden ſo lange der Conſul<lb/>ſich in der Stadt befand. Das Andenken der Valeriſchen<lb/>
Geſetze ſcheint voͤllig hiſtoriſch geweſen zu ſeyn. Aber daß<lb/>
P. Valerius ſie, als alleiniger Conſul gab, iſt nach dem<lb/>
Karthaginienſiſchen Buͤndniß bey Polybius unmoͤglich;<lb/>
und fuͤr eine Theilnahme des Conſuls Horatius an dieſer<lb/>
Geſetzgebung ſcheint zu reden daß noch einmal, im Jahr<lb/>
305, als die Freyheit durch die Tyranney der Decemvirn<lb/>
in die hoͤchſte Gefahr gekommen war, ein Valerius und<lb/>
ein Horatius als Erben der Gerechtigkeit und Volksliebe<lb/>
ihrer Ahnherrn, zum Conſulat erhoben wurden, und dieſe<lb/>
Geſetze theils erneuerten, theils erweiterten: denn in Rom<lb/>
wie in allen aͤchtfreyen Staaten waren politiſche Grund-<lb/>ſaͤtze ein heiliges Erbſtuͤck, welches die Nachkommen ſo be-<lb/>
wahrten wie große Vorfahren ſie feſtgeſtellt hatten.</p><lb/><p>Indeſſen blieb Valerius und ſeinem Hauſe allerdings<lb/>
die vorzuͤglichſte Gunſt, und der Beynahme Publicola,<lb/>
den man nicht mit den Griechen Dionyſius und Plutarch,<lb/>
als zuſammengeſetzt, durch δημοκηδὴς, den Fuͤrſorger<lb/>
des Volks, uͤberſetzen, ſondern darin die altlatiniſche Form<lb/>
des Adjectivs durch eine uͤberfluͤſſige angefuͤgte Endung er-<lb/>
kennen muß, welche zuweilen als Diminutiv, zuweilen<lb/>
als Zuſammenſetzung taͤuſcht <notexml:id="note-0365a"next="#note-0366"place="foot"n="8)">So iſt <hirendition="#aq">Scævola</hi> nicht das Diminutiv, ſondern gleichbedeu-</note>. Es iſt ſo viel als <hirendition="#aq">pu-</hi><lb/><notexml:id="note-0365"prev="#note-0364"place="foot"n="7)">der Nation im engeren Sinn der Plebs (Gellius <hirendition="#aq">XV. c.</hi> 27.):<lb/>
und er berief ſie auf das Forum, wo die Centurien ſich nicht<lb/>
verſammeln konnten: wenn nicht auch dieſes ſpaͤtere plebeji-<lb/>ſche, oder mit liebendem Sinn fuͤr die Plebs gedachte Aus-<lb/>
bildung iſt.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[343/0365]
ſenken ließ, aus denen nach dem Beyſpiel welches er da-
mals gab die Beile entfernt wurden ſo lange der Conſul
ſich in der Stadt befand. Das Andenken der Valeriſchen
Geſetze ſcheint voͤllig hiſtoriſch geweſen zu ſeyn. Aber daß
P. Valerius ſie, als alleiniger Conſul gab, iſt nach dem
Karthaginienſiſchen Buͤndniß bey Polybius unmoͤglich;
und fuͤr eine Theilnahme des Conſuls Horatius an dieſer
Geſetzgebung ſcheint zu reden daß noch einmal, im Jahr
305, als die Freyheit durch die Tyranney der Decemvirn
in die hoͤchſte Gefahr gekommen war, ein Valerius und
ein Horatius als Erben der Gerechtigkeit und Volksliebe
ihrer Ahnherrn, zum Conſulat erhoben wurden, und dieſe
Geſetze theils erneuerten, theils erweiterten: denn in Rom
wie in allen aͤchtfreyen Staaten waren politiſche Grund-
ſaͤtze ein heiliges Erbſtuͤck, welches die Nachkommen ſo be-
wahrten wie große Vorfahren ſie feſtgeſtellt hatten.
Indeſſen blieb Valerius und ſeinem Hauſe allerdings
die vorzuͤglichſte Gunſt, und der Beynahme Publicola,
den man nicht mit den Griechen Dionyſius und Plutarch,
als zuſammengeſetzt, durch δημοκηδὴς, den Fuͤrſorger
des Volks, uͤberſetzen, ſondern darin die altlatiniſche Form
des Adjectivs durch eine uͤberfluͤſſige angefuͤgte Endung er-
kennen muß, welche zuweilen als Diminutiv, zuweilen
als Zuſammenſetzung taͤuſcht 8). Es iſt ſo viel als pu-
7)
8) So iſt Scævola nicht das Diminutiv, ſondern gleichbedeu-
7) der Nation im engeren Sinn der Plebs (Gellius XV. c. 27.):
und er berief ſie auf das Forum, wo die Centurien ſich nicht
verſammeln konnten: wenn nicht auch dieſes ſpaͤtere plebeji-
ſche, oder mit liebendem Sinn fuͤr die Plebs gedachte Aus-
bildung iſt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/365>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.