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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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liche Magistratur des Magister equitum, des Obersten der
Ritter, Erneuerung des Tribuns der Celeres unter den
Königen, scheint sich auf diese Vorrechte der Patricier zu
beziehen, und bestimmt gewesen zu seyn ihnen denselben
Schutz zu gewähren welchen die Plebejer unter dem Con-
sulat durch ihre Tribunen genossen.

Das Gesetz welches nur Consulare der Dictatur fähig
machte, entscheidet über das streitige Jahr der Schlacht
am Regillus; denn im Jahr 255 war A. Postumius, den
alle einstimmig den Dictator und Sieger dieses Kriegs nen-
nen, noch nicht Consul gewesen. Er war es im Jahr
258, und da konnte er diese höchste Gewalt empfangen.
Zu diesem Kriege hatten sich alle dreyßig latinische Völker
verschworen, aber Präneste verließ die Verbündeten, und
erwählte Roms Sache. Das Haupt des Bundes war
Mamilius von Tusculum, und bey ihm befanden sich, seit
sie Porsenas Hof verlassen, der König Tarquinius und
Titus, der nur allein ihm von seinen Söhnen geblieben
war: dennoch ist es nicht wahrscheinlich daß die Herstel-
lung des Tarquinischen Hauses Zweck des Bundes gewe-
sen wäre. So bedeutend war der Einfluß des Dictators
von Tusculum wohl nicht, es war aber natürlich daß Tar-
quinius und die Ausgewanderten mit Roms Feinden ins
Feld zogen. Die Latinische Nation war schon aus dem
Verhältniß unterdrückter Periöken zu völliger Unabhän-
gigkeit gelangt: vielleicht forderten sie nur ein ganz glei-
ches Bündniß, wie sie es durch diesen Krieg erhielten;
vielleicht aber auch hatten sie ganz andre Ansprüche erho-
ben. Denn daß Rom am Regillus siegte läßt sich, ohne

liche Magiſtratur des Magiſter equitum, des Oberſten der
Ritter, Erneuerung des Tribuns der Celeres unter den
Koͤnigen, ſcheint ſich auf dieſe Vorrechte der Patricier zu
beziehen, und beſtimmt geweſen zu ſeyn ihnen denſelben
Schutz zu gewaͤhren welchen die Plebejer unter dem Con-
ſulat durch ihre Tribunen genoſſen.

Das Geſetz welches nur Conſulare der Dictatur faͤhig
machte, entſcheidet uͤber das ſtreitige Jahr der Schlacht
am Regillus; denn im Jahr 255 war A. Poſtumius, den
alle einſtimmig den Dictator und Sieger dieſes Kriegs nen-
nen, noch nicht Conſul geweſen. Er war es im Jahr
258, und da konnte er dieſe hoͤchſte Gewalt empfangen.
Zu dieſem Kriege hatten ſich alle dreyßig latiniſche Voͤlker
verſchworen, aber Praͤneſte verließ die Verbuͤndeten, und
erwaͤhlte Roms Sache. Das Haupt des Bundes war
Mamilius von Tuſculum, und bey ihm befanden ſich, ſeit
ſie Porſenas Hof verlaſſen, der Koͤnig Tarquinius und
Titus, der nur allein ihm von ſeinen Soͤhnen geblieben
war: dennoch iſt es nicht wahrſcheinlich daß die Herſtel-
lung des Tarquiniſchen Hauſes Zweck des Bundes gewe-
ſen waͤre. So bedeutend war der Einfluß des Dictators
von Tuſculum wohl nicht, es war aber natuͤrlich daß Tar-
quinius und die Ausgewanderten mit Roms Feinden ins
Feld zogen. Die Latiniſche Nation war ſchon aus dem
Verhaͤltniß unterdruͤckter Perioͤken zu voͤlliger Unabhaͤn-
gigkeit gelangt: vielleicht forderten ſie nur ein ganz glei-
ches Buͤndniß, wie ſie es durch dieſen Krieg erhielten;
vielleicht aber auch hatten ſie ganz andre Anſpruͤche erho-
ben. Denn daß Rom am Regillus ſiegte laͤßt ſich, ohne

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[363/0385] liche Magiſtratur des Magiſter equitum, des Oberſten der Ritter, Erneuerung des Tribuns der Celeres unter den Koͤnigen, ſcheint ſich auf dieſe Vorrechte der Patricier zu beziehen, und beſtimmt geweſen zu ſeyn ihnen denſelben Schutz zu gewaͤhren welchen die Plebejer unter dem Con- ſulat durch ihre Tribunen genoſſen. Das Geſetz welches nur Conſulare der Dictatur faͤhig machte, entſcheidet uͤber das ſtreitige Jahr der Schlacht am Regillus; denn im Jahr 255 war A. Poſtumius, den alle einſtimmig den Dictator und Sieger dieſes Kriegs nen- nen, noch nicht Conſul geweſen. Er war es im Jahr 258, und da konnte er dieſe hoͤchſte Gewalt empfangen. Zu dieſem Kriege hatten ſich alle dreyßig latiniſche Voͤlker verſchworen, aber Praͤneſte verließ die Verbuͤndeten, und erwaͤhlte Roms Sache. Das Haupt des Bundes war Mamilius von Tuſculum, und bey ihm befanden ſich, ſeit ſie Porſenas Hof verlaſſen, der Koͤnig Tarquinius und Titus, der nur allein ihm von ſeinen Soͤhnen geblieben war: dennoch iſt es nicht wahrſcheinlich daß die Herſtel- lung des Tarquiniſchen Hauſes Zweck des Bundes gewe- ſen waͤre. So bedeutend war der Einfluß des Dictators von Tuſculum wohl nicht, es war aber natuͤrlich daß Tar- quinius und die Ausgewanderten mit Roms Feinden ins Feld zogen. Die Latiniſche Nation war ſchon aus dem Verhaͤltniß unterdruͤckter Perioͤken zu voͤlliger Unabhaͤn- gigkeit gelangt: vielleicht forderten ſie nur ein ganz glei- ches Buͤndniß, wie ſie es durch dieſen Krieg erhielten; vielleicht aber auch hatten ſie ganz andre Anſpruͤche erho- ben. Denn daß Rom am Regillus ſiegte laͤßt ſich, ohne

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/385>, abgerufen am 26.11.2024.