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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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die Minderung der ihm von der Nation übertragnen
Macht zu bezeugen. Das erhellt klar aus vielen Erwäh-
nungen bey den ältesten Dictaturen 21): die Verände-
rung aber muß älter seyn als das Jahr 398 22). Mit
großer Wahrscheinlichkeit erzählten die Annalen als Ver-
anlassung die Dictatur einzuführen, eine unglückliche
Wahl habe die Republik in die Gewalt zweyer Consuln
von der Tarquinischen Faction gebracht gehabt. Scho-
nung oder Gehässigkeit hat ihre Rahmen zweifelhaft ge-
macht. Hier nun ist es klar daß der Senat keinem von
ihnen anvertrauen konnte seinem gleichverdächtigen Colle-
gen eine weit größere Macht zu verleihen als die war
welche er getheilt in beyder Händen mit Argwohn sah.
Ungewiß war auch der Rahme des ersten Dictators: aber
diese Ungewißheit hatte wohl nur die Eitelkeit der Valeri-
schen Familie hervorgebracht.

Auch die dictatorische Gewalt erstreckte sich sichtbar
nicht über die Patricier, nur dem Volk konnten sie unbe-
schränkt gebieten, hier nur konnten sie unbeschränkt züchti-
gen und strafen 23). Die von der Dictatur unzertrenn-

21) Unter vielen Beyspielen nur einige: alle aus Livius:
II. c. 30. Manium Valerium dictatorem creant (Consules,
Senioresque Patrum.) III. c. 26. Cum dictatorem dici pla-
ceret -- L. Quinctius Cincinnatus consensu omnium di-
citur. IV. c. 17. Senatus dictatorem dici Mam. Aemilium
jussit. IV. c. 21. Dictatorem dici A. Servilium placet
.
22) Weil in diesem Jahr der plebejische Consul Pontelius zu-
erst einen plebejischen Dictator ernannte: eine Wahl welche
der Senat mit großem Unwillen aufnahm.
23) Creato dictatore -- magnus plebem metus incessit. Li-
vius II. c. 18.

die Minderung der ihm von der Nation uͤbertragnen
Macht zu bezeugen. Das erhellt klar aus vielen Erwaͤh-
nungen bey den aͤlteſten Dictaturen 21): die Veraͤnde-
rung aber muß aͤlter ſeyn als das Jahr 398 22). Mit
großer Wahrſcheinlichkeit erzaͤhlten die Annalen als Ver-
anlaſſung die Dictatur einzufuͤhren, eine ungluͤckliche
Wahl habe die Republik in die Gewalt zweyer Conſuln
von der Tarquiniſchen Faction gebracht gehabt. Scho-
nung oder Gehaͤſſigkeit hat ihre Rahmen zweifelhaft ge-
macht. Hier nun iſt es klar daß der Senat keinem von
ihnen anvertrauen konnte ſeinem gleichverdaͤchtigen Colle-
gen eine weit groͤßere Macht zu verleihen als die war
welche er getheilt in beyder Haͤnden mit Argwohn ſah.
Ungewiß war auch der Rahme des erſten Dictators: aber
dieſe Ungewißheit hatte wohl nur die Eitelkeit der Valeri-
ſchen Familie hervorgebracht.

Auch die dictatoriſche Gewalt erſtreckte ſich ſichtbar
nicht uͤber die Patricier, nur dem Volk konnten ſie unbe-
ſchraͤnkt gebieten, hier nur konnten ſie unbeſchraͤnkt zuͤchti-
gen und ſtrafen 23). Die von der Dictatur unzertrenn-

21) Unter vielen Beyſpielen nur einige: alle aus Livius:
II. c. 30. Manium Valerium dictatorem creant (Consules,
Senioresque Patrum.) III. c. 26. Cum dictatorem dici pla-
ceret — L. Quinctius Cincinnatus consensu omnium di-
citur. IV. c. 17. Senatus dictatorem dici Mam. Aemilium
jussit. IV. c. 21. Dictatorem dici A. Servilium placet
.
22) Weil in dieſem Jahr der plebejiſche Conſul Pontelius zu-
erſt einen plebejiſchen Dictator ernannte: eine Wahl welche
der Senat mit großem Unwillen aufnahm.
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vius II. c. 18.
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[362/0384] die Minderung der ihm von der Nation uͤbertragnen Macht zu bezeugen. Das erhellt klar aus vielen Erwaͤh- nungen bey den aͤlteſten Dictaturen 21): die Veraͤnde- rung aber muß aͤlter ſeyn als das Jahr 398 22). Mit großer Wahrſcheinlichkeit erzaͤhlten die Annalen als Ver- anlaſſung die Dictatur einzufuͤhren, eine ungluͤckliche Wahl habe die Republik in die Gewalt zweyer Conſuln von der Tarquiniſchen Faction gebracht gehabt. Scho- nung oder Gehaͤſſigkeit hat ihre Rahmen zweifelhaft ge- macht. Hier nun iſt es klar daß der Senat keinem von ihnen anvertrauen konnte ſeinem gleichverdaͤchtigen Colle- gen eine weit groͤßere Macht zu verleihen als die war welche er getheilt in beyder Haͤnden mit Argwohn ſah. Ungewiß war auch der Rahme des erſten Dictators: aber dieſe Ungewißheit hatte wohl nur die Eitelkeit der Valeri- ſchen Familie hervorgebracht. Auch die dictatoriſche Gewalt erſtreckte ſich ſichtbar nicht uͤber die Patricier, nur dem Volk konnten ſie unbe- ſchraͤnkt gebieten, hier nur konnten ſie unbeſchraͤnkt zuͤchti- gen und ſtrafen 23). Die von der Dictatur unzertrenn- 21) Unter vielen Beyſpielen nur einige: alle aus Livius: II. c. 30. Manium Valerium dictatorem creant (Consules, Senioresque Patrum.) III. c. 26. Cum dictatorem dici pla- ceret — L. Quinctius Cincinnatus consensu omnium di- citur. IV. c. 17. Senatus dictatorem dici Mam. Aemilium jussit. IV. c. 21. Dictatorem dici A. Servilium placet. 22) Weil in dieſem Jahr der plebejiſche Conſul Pontelius zu- erſt einen plebejiſchen Dictator ernannte: eine Wahl welche der Senat mit großem Unwillen aufnahm. 23) Creato dictatore — magnus plebem metus incessit. Li- vius II. c. 18.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/384>, abgerufen am 26.11.2024.