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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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ses wesentlich wie rechtskräftig galten. Niemand kann
nach diesen in dem Verhältniß der Latiner bis zum Consu-
lat des P. Decius vollkommne Unabhängigkeit verkennen.
Aber ganz bestimmt lehrt ein äußerst wichtiges Fragment
des L. Cincius bey Festus 31) daß dieses Verhältniß während
des erwähnten Zeitraums so bestand: daß die Römer den
Bundestagen am Quell der Ferentina beywohnten: daß
die hier gefaßten Beschlüsse sie verpflichteten; und daß der
Oberbefehl über das Bundesheer nur abwechselnd ihnen
zustand. Von diesem entscheidenden Umstand nun ist frey-
lich jede Erwähnung in der Geschichte so sorgfältig ausge-
tilgt daß wir ihn schwerlich ohne Cincius ahnden würden.
Aber die Gewißheit einer solchen Verfälschung berechtigt
uns zu größerer Kühnheit bey andern Fällen wo ähnliche
Beweggründe der Eitelkeit der Nation oder eines Standes
sichtbar ähnliche Verderbnisse in der Geschichte veran-
laßt haben.

Das Connubium oder das Recht wonach Kinder aus
der Ehe mit einer fremden Bürgerin in den Stand des
Vaters traten, und als Bürger erbten, bestand wenig-
stens in späteren Zeiten zwischen Rom und Latium. Ueber
das Handelsrecht verfügte, nach Dionysius, dieser Vertrag,
daß der Ort wo ein Contract geschlossen worden das Forum
des Fremden seyn, und die Processe in zehn Tagen geen-
digt werden sollten. Ließen sich Dionysius Worte nach
dem vollen Gewicht deuten welches ein gewissenhafter
Schriftsteller nicht verkennen darf, so würde der Ausdruck
sehr wichtig seyn den er bey verschiednen Gelegenheiten

31) Festus s. v. Praetor ad portam.
A a 2

ſes weſentlich wie rechtskraͤftig galten. Niemand kann
nach dieſen in dem Verhaͤltniß der Latiner bis zum Conſu-
lat des P. Decius vollkommne Unabhaͤngigkeit verkennen.
Aber ganz beſtimmt lehrt ein aͤußerſt wichtiges Fragment
des L. Cincius bey Feſtus 31) daß dieſes Verhaͤltniß waͤhrend
des erwaͤhnten Zeitraums ſo beſtand: daß die Roͤmer den
Bundestagen am Quell der Ferentina beywohnten: daß
die hier gefaßten Beſchluͤſſe ſie verpflichteten; und daß der
Oberbefehl uͤber das Bundesheer nur abwechſelnd ihnen
zuſtand. Von dieſem entſcheidenden Umſtand nun iſt frey-
lich jede Erwaͤhnung in der Geſchichte ſo ſorgfaͤltig ausge-
tilgt daß wir ihn ſchwerlich ohne Cincius ahnden wuͤrden.
Aber die Gewißheit einer ſolchen Verfaͤlſchung berechtigt
uns zu groͤßerer Kuͤhnheit bey andern Faͤllen wo aͤhnliche
Beweggruͤnde der Eitelkeit der Nation oder eines Standes
ſichtbar aͤhnliche Verderbniſſe in der Geſchichte veran-
laßt haben.

Das Connubium oder das Recht wonach Kinder aus
der Ehe mit einer fremden Buͤrgerin in den Stand des
Vaters traten, und als Buͤrger erbten, beſtand wenig-
ſtens in ſpaͤteren Zeiten zwiſchen Rom und Latium. Ueber
das Handelsrecht verfuͤgte, nach Dionyſius, dieſer Vertrag,
daß der Ort wo ein Contract geſchloſſen worden das Forum
des Fremden ſeyn, und die Proceſſe in zehn Tagen geen-
digt werden ſollten. Ließen ſich Dionyſius Worte nach
dem vollen Gewicht deuten welches ein gewiſſenhafter
Schriftſteller nicht verkennen darf, ſo wuͤrde der Ausdruck
ſehr wichtig ſeyn den er bey verſchiednen Gelegenheiten

31) Feſtus s. v. Prætor ad portam.
A a 2
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[371/0393] ſes weſentlich wie rechtskraͤftig galten. Niemand kann nach dieſen in dem Verhaͤltniß der Latiner bis zum Conſu- lat des P. Decius vollkommne Unabhaͤngigkeit verkennen. Aber ganz beſtimmt lehrt ein aͤußerſt wichtiges Fragment des L. Cincius bey Feſtus 31) daß dieſes Verhaͤltniß waͤhrend des erwaͤhnten Zeitraums ſo beſtand: daß die Roͤmer den Bundestagen am Quell der Ferentina beywohnten: daß die hier gefaßten Beſchluͤſſe ſie verpflichteten; und daß der Oberbefehl uͤber das Bundesheer nur abwechſelnd ihnen zuſtand. Von dieſem entſcheidenden Umſtand nun iſt frey- lich jede Erwaͤhnung in der Geſchichte ſo ſorgfaͤltig ausge- tilgt daß wir ihn ſchwerlich ohne Cincius ahnden wuͤrden. Aber die Gewißheit einer ſolchen Verfaͤlſchung berechtigt uns zu groͤßerer Kuͤhnheit bey andern Faͤllen wo aͤhnliche Beweggruͤnde der Eitelkeit der Nation oder eines Standes ſichtbar aͤhnliche Verderbniſſe in der Geſchichte veran- laßt haben. Das Connubium oder das Recht wonach Kinder aus der Ehe mit einer fremden Buͤrgerin in den Stand des Vaters traten, und als Buͤrger erbten, beſtand wenig- ſtens in ſpaͤteren Zeiten zwiſchen Rom und Latium. Ueber das Handelsrecht verfuͤgte, nach Dionyſius, dieſer Vertrag, daß der Ort wo ein Contract geſchloſſen worden das Forum des Fremden ſeyn, und die Proceſſe in zehn Tagen geen- digt werden ſollten. Ließen ſich Dionyſius Worte nach dem vollen Gewicht deuten welches ein gewiſſenhafter Schriftſteller nicht verkennen darf, ſo wuͤrde der Ausdruck ſehr wichtig ſeyn den er bey verſchiednen Gelegenheiten 31) Feſtus s. v. Prætor ad portam. A a 2

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/393>, abgerufen am 25.11.2024.