Colonie neu gegründet ward 28), eine latinische Colonie, welche damals so wenig als die übrigen gleiches Rechts bis auf das Jahr 414 einseitig von Rom abhängig gewe- sen seyn kann. Das Bündniß des Cassius verpflichtete Römer und Latiner mit völliger Gleichheit zur Vertheidi- gung und Abwehr, und berechtigte daher Rom und die ge- sammten latinischen Völker zu einer Hälfte der Eroberun- gen und Beute 29). Als nachher, im Jahr 268, Einheit der natürlichen Feinde auch die Herniker den Römern und Latinern zuwandte, ward eine dreyfache Theilung festge- setzt; und daher sagt Plinius, den alten Latinern habe bis zum Consulat des C. Mänius (416) der dritte Theil der Beute gebührt 30). Rom stand folglich den gesammten latinischen Städten gegenüber, nicht als eine einzelne un- ter ihnen, sondern in dem Verhältniß wie Theben zu den übrigen böotischen Städten bis es die Ernennung der Böotarchen sich allein anmaaßte, und die Landsgemein- den nicht länger duldete. Zwar erkennen die römischen Annalen diese Gleichheit nicht an, sie reden sogar von den Schwierigkeiten, welche der Senat unter dringenden Um- ständen gemacht habe, den Latinern, wenn es nicht mög- lich war Hülfe zu senden, wenigstens zu erlauben sich selbst zu vertheidigen; aber sie haben bestimmte Spuren nicht auszutilgen vermocht daß die Gesetze jenes Bündnis-
28) Livius II. c. 21.
29) Eine, aber offenbar nicht genaue, Nachricht vom Inhalt dieses Bündnisses findet sich bey Dionysius VI. c. 95.
30) Plinius XXXIV. c. 11.
Colonie neu gegruͤndet ward 28), eine latiniſche Colonie, welche damals ſo wenig als die uͤbrigen gleiches Rechts bis auf das Jahr 414 einſeitig von Rom abhaͤngig gewe- ſen ſeyn kann. Das Buͤndniß des Caſſius verpflichtete Roͤmer und Latiner mit voͤlliger Gleichheit zur Vertheidi- gung und Abwehr, und berechtigte daher Rom und die ge- ſammten latiniſchen Voͤlker zu einer Haͤlfte der Eroberun- gen und Beute 29). Als nachher, im Jahr 268, Einheit der natuͤrlichen Feinde auch die Herniker den Roͤmern und Latinern zuwandte, ward eine dreyfache Theilung feſtge- ſetzt; und daher ſagt Plinius, den alten Latinern habe bis zum Conſulat des C. Maͤnius (416) der dritte Theil der Beute gebuͤhrt 30). Rom ſtand folglich den geſammten latiniſchen Staͤdten gegenuͤber, nicht als eine einzelne un- ter ihnen, ſondern in dem Verhaͤltniß wie Theben zu den uͤbrigen boͤotiſchen Staͤdten bis es die Ernennung der Boͤotarchen ſich allein anmaaßte, und die Landsgemein- den nicht laͤnger duldete. Zwar erkennen die roͤmiſchen Annalen dieſe Gleichheit nicht an, ſie reden ſogar von den Schwierigkeiten, welche der Senat unter dringenden Um- ſtaͤnden gemacht habe, den Latinern, wenn es nicht moͤg- lich war Huͤlfe zu ſenden, wenigſtens zu erlauben ſich ſelbſt zu vertheidigen; aber ſie haben beſtimmte Spuren nicht auszutilgen vermocht daß die Geſetze jenes Buͤndniſ-
28) Livius II. c. 21.
29) Eine, aber offenbar nicht genaue, Nachricht vom Inhalt dieſes Buͤndniſſes findet ſich bey Dionyſius VI. c. 95.
30) Plinius XXXIV. c. 11.
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Colonie neu gegruͤndet ward 28), eine latiniſche Colonie,
welche damals ſo wenig als die uͤbrigen gleiches Rechts
bis auf das Jahr 414 einſeitig von Rom abhaͤngig gewe-
ſen ſeyn kann. Das Buͤndniß des Caſſius verpflichtete
Roͤmer und Latiner mit voͤlliger Gleichheit zur Vertheidi-
gung und Abwehr, und berechtigte daher Rom und die ge-
ſammten latiniſchen Voͤlker zu einer Haͤlfte der Eroberun-
gen und Beute 29). Als nachher, im Jahr 268, Einheit
der natuͤrlichen Feinde auch die Herniker den Roͤmern und
Latinern zuwandte, ward eine dreyfache Theilung feſtge-
ſetzt; und daher ſagt Plinius, den alten Latinern habe bis
zum Conſulat des C. Maͤnius (416) der dritte Theil der
Beute gebuͤhrt 30). Rom ſtand folglich den geſammten
latiniſchen Staͤdten gegenuͤber, nicht als eine einzelne un-
ter ihnen, ſondern in dem Verhaͤltniß wie Theben zu den
uͤbrigen boͤotiſchen Staͤdten bis es die Ernennung der
Boͤotarchen ſich allein anmaaßte, und die Landsgemein-
den nicht laͤnger duldete. Zwar erkennen die roͤmiſchen
Annalen dieſe Gleichheit nicht an, ſie reden ſogar von den
Schwierigkeiten, welche der Senat unter dringenden Um-
ſtaͤnden gemacht habe, den Latinern, wenn es nicht moͤg-
lich war Huͤlfe zu ſenden, wenigſtens zu erlauben ſich
ſelbſt zu vertheidigen; aber ſie haben beſtimmte Spuren
nicht auszutilgen vermocht daß die Geſetze jenes Buͤndniſ-
28) Livius II. c. 21.
29) Eine, aber offenbar nicht genaue, Nachricht vom Inhalt
dieſes Buͤndniſſes findet ſich bey Dionyſius VI. c. 95.
30) Plinius XXXIV. c. 11.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/392>, abgerufen am 25.11.2024.
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