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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Es ist schon bemerkt worden daß in dem karthaginien-
sischen Bündniß Latium, in einem weiten Umfang ausge-
dehnt, die volskischen Seestädte Antium, Circeji und
Terracina in sich faßt: daß Aurunker und nicht Volsker
das pomptinische Feld, selbst nach der Könige Verban-
nung bewohnen. Sehr möglich allerdings daß diese bey-
den Nationen, einem Stamm angehörend, identisch ge-
wesen wären, und die westlichen Volsker der Ebne nur
früher den Nahmen Aurunker getragen hätten, der später
einem kleinen Stamm am Liris ausschließlich blieb. Aber
eine Ausbreitung der Volsker und Einengung des latini-
schen Stamms beweist unwidersprechlich Dionysius Ver-
zeichniß der dreyßig Städte. Unter diesen wird auch Ve-
liträ genannt, später unläugbar Volskisch; und daher,
weil ihre latinische Zeit vergessen war, ist die ganz wider-
sinnige Erzählung entstanden, die volskische Stadt habe
im Jahr 262, erschöpft durch Pest, römische, oder viel-
mehr gesammtlatinische Ansiedler erbeten; eine Verstär-
kung welche um den Preis eigenthümliches Landbesitzes
die zahlreiche Volskische Nation ohne Schwierigkeit ge-
währt haben würde. Aber in demselben Jahr ward eine
andre Colonie nach dem latinischen Norba auf das Ge-
bürge am Saum der pomptinischen Ebene gesandt: na-
mentlich zu ihrer Vertheidigung. Denselben Zweck mußte
die Colonie nach Veliträ haben; denn die ausgesandten
Bürger gingen ungern und gezwungen. Die eigentliche
Heimath der Volsker scheint das Gebürge um den Liris
und bis gegen den Vulturnus gewesen zu seyn: die aurun-
kischen Kriege um Pometia und Cora mögen mit ihrem

Es iſt ſchon bemerkt worden daß in dem karthaginien-
ſiſchen Buͤndniß Latium, in einem weiten Umfang ausge-
dehnt, die volskiſchen Seeſtaͤdte Antium, Circeji und
Terracina in ſich faßt: daß Aurunker und nicht Volsker
das pomptiniſche Feld, ſelbſt nach der Koͤnige Verban-
nung bewohnen. Sehr moͤglich allerdings daß dieſe bey-
den Nationen, einem Stamm angehoͤrend, identiſch ge-
weſen waͤren, und die weſtlichen Volsker der Ebne nur
fruͤher den Nahmen Aurunker getragen haͤtten, der ſpaͤter
einem kleinen Stamm am Liris ausſchließlich blieb. Aber
eine Ausbreitung der Volsker und Einengung des latini-
ſchen Stamms beweiſt unwiderſprechlich Dionyſius Ver-
zeichniß der dreyßig Staͤdte. Unter dieſen wird auch Ve-
litraͤ genannt, ſpaͤter unlaͤugbar Volskiſch; und daher,
weil ihre latiniſche Zeit vergeſſen war, iſt die ganz wider-
ſinnige Erzaͤhlung entſtanden, die volskiſche Stadt habe
im Jahr 262, erſchoͤpft durch Peſt, roͤmiſche, oder viel-
mehr geſammtlatiniſche Anſiedler erbeten; eine Verſtaͤr-
kung welche um den Preis eigenthuͤmliches Landbeſitzes
die zahlreiche Volskiſche Nation ohne Schwierigkeit ge-
waͤhrt haben wuͤrde. Aber in demſelben Jahr ward eine
andre Colonie nach dem latiniſchen Norba auf das Ge-
buͤrge am Saum der pomptiniſchen Ebene geſandt: na-
mentlich zu ihrer Vertheidigung. Denſelben Zweck mußte
die Colonie nach Velitraͤ haben; denn die ausgeſandten
Buͤrger gingen ungern und gezwungen. Die eigentliche
Heimath der Volsker ſcheint das Gebuͤrge um den Liris
und bis gegen den Vulturnus geweſen zu ſeyn: die aurun-
kiſchen Kriege um Pometia und Cora moͤgen mit ihrem

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[442/0464] Es iſt ſchon bemerkt worden daß in dem karthaginien- ſiſchen Buͤndniß Latium, in einem weiten Umfang ausge- dehnt, die volskiſchen Seeſtaͤdte Antium, Circeji und Terracina in ſich faßt: daß Aurunker und nicht Volsker das pomptiniſche Feld, ſelbſt nach der Koͤnige Verban- nung bewohnen. Sehr moͤglich allerdings daß dieſe bey- den Nationen, einem Stamm angehoͤrend, identiſch ge- weſen waͤren, und die weſtlichen Volsker der Ebne nur fruͤher den Nahmen Aurunker getragen haͤtten, der ſpaͤter einem kleinen Stamm am Liris ausſchließlich blieb. Aber eine Ausbreitung der Volsker und Einengung des latini- ſchen Stamms beweiſt unwiderſprechlich Dionyſius Ver- zeichniß der dreyßig Staͤdte. Unter dieſen wird auch Ve- litraͤ genannt, ſpaͤter unlaͤugbar Volskiſch; und daher, weil ihre latiniſche Zeit vergeſſen war, iſt die ganz wider- ſinnige Erzaͤhlung entſtanden, die volskiſche Stadt habe im Jahr 262, erſchoͤpft durch Peſt, roͤmiſche, oder viel- mehr geſammtlatiniſche Anſiedler erbeten; eine Verſtaͤr- kung welche um den Preis eigenthuͤmliches Landbeſitzes die zahlreiche Volskiſche Nation ohne Schwierigkeit ge- waͤhrt haben wuͤrde. Aber in demſelben Jahr ward eine andre Colonie nach dem latiniſchen Norba auf das Ge- buͤrge am Saum der pomptiniſchen Ebene geſandt: na- mentlich zu ihrer Vertheidigung. Denſelben Zweck mußte die Colonie nach Velitraͤ haben; denn die ausgeſandten Buͤrger gingen ungern und gezwungen. Die eigentliche Heimath der Volsker ſcheint das Gebuͤrge um den Liris und bis gegen den Vulturnus geweſen zu ſeyn: die aurun- kiſchen Kriege um Pometia und Cora moͤgen mit ihrem

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/464>, abgerufen am 21.11.2024.