ihnen stelle ich der Plebejer Ruhe, Gelassenheit und Gesetzlichkeit entgegen, die auch nicht durch eine ein- zige Beschuldigung angetastet wird.
Darum halte mich Niemand der lächerlichen Meinung fähig, die Stände Roms, wie sie ver- schiedenes Nationalursprungs waren, wären, der eine ein niederes und gottloses, der andere ein höheres und tugendhaftes Geschlecht gewesen, und ich behauptete diesen Vorrang für die Plebejer. Wohl aber bewährt es sich in dieser Geschichte, wie in der aller späteren, auch der gepriesensten, Aristo- kratieen, daß die Herrschaft eines Standes -- un- ter der Monarchie ist sie unmöglich -- nothwendig argwöhnisch, ungerecht und unedel ist, und ihn selbst, weit mehr als die Unterthanen, verderbt. So wird hingegen auch dieser Geschichte Fortgang be- währen, daß abgesondert bestehende Stände zur Fort- dauer einer Republik, oder einer gemischten Verfas- sung, nothwendig sind: denn nur festgegründete Schranken können, bey der wenigen Fähigkeit welche die Menschen zu allen Zeiten gehabt haben Freyheit zu ertragen, das Zerstörende ihrer Bewegungen aufheben.
ihnen ſtelle ich der Plebejer Ruhe, Gelaſſenheit und Geſetzlichkeit entgegen, die auch nicht durch eine ein- zige Beſchuldigung angetaſtet wird.
Darum halte mich Niemand der laͤcherlichen Meinung faͤhig, die Staͤnde Roms, wie ſie ver- ſchiedenes Nationalurſprungs waren, waͤren, der eine ein niederes und gottloſes, der andere ein hoͤheres und tugendhaftes Geſchlecht geweſen, und ich behauptete dieſen Vorrang fuͤr die Plebejer. Wohl aber bewaͤhrt es ſich in dieſer Geſchichte, wie in der aller ſpaͤteren, auch der geprieſenſten, Ariſto- kratieen, daß die Herrſchaft eines Standes — un- ter der Monarchie iſt ſie unmoͤglich — nothwendig argwoͤhniſch, ungerecht und unedel iſt, und ihn ſelbſt, weit mehr als die Unterthanen, verderbt. So wird hingegen auch dieſer Geſchichte Fortgang be- waͤhren, daß abgeſondert beſtehende Staͤnde zur Fort- dauer einer Republik, oder einer gemiſchten Verfaſ- ſung, nothwendig ſind: denn nur feſtgegruͤndete Schranken koͤnnen, bey der wenigen Faͤhigkeit welche die Menſchen zu allen Zeiten gehabt haben Freyheit zu ertragen, das Zerſtoͤrende ihrer Bewegungen aufheben.
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[VII/0013]
ihnen ſtelle ich der Plebejer Ruhe, Gelaſſenheit und
Geſetzlichkeit entgegen, die auch nicht durch eine ein-
zige Beſchuldigung angetaſtet wird.
Darum halte mich Niemand der laͤcherlichen
Meinung faͤhig, die Staͤnde Roms, wie ſie ver-
ſchiedenes Nationalurſprungs waren, waͤren, der
eine ein niederes und gottloſes, der andere ein
hoͤheres und tugendhaftes Geſchlecht geweſen, und
ich behauptete dieſen Vorrang fuͤr die Plebejer.
Wohl aber bewaͤhrt es ſich in dieſer Geſchichte, wie
in der aller ſpaͤteren, auch der geprieſenſten, Ariſto-
kratieen, daß die Herrſchaft eines Standes — un-
ter der Monarchie iſt ſie unmoͤglich — nothwendig
argwoͤhniſch, ungerecht und unedel iſt, und ihn
ſelbſt, weit mehr als die Unterthanen, verderbt. So
wird hingegen auch dieſer Geſchichte Fortgang be-
waͤhren, daß abgeſondert beſtehende Staͤnde zur Fort-
dauer einer Republik, oder einer gemiſchten Verfaſ-
ſung, nothwendig ſind: denn nur feſtgegruͤndete
Schranken koͤnnen, bey der wenigen Faͤhigkeit welche
die Menſchen zu allen Zeiten gehabt haben Freyheit
zu ertragen, das Zerſtoͤrende ihrer Bewegungen
aufheben.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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