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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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hätte, ob er wahrlich als Richter gegen den Besitz der
Freyheit erkannt; welches todeswürdig war, indem es
die Person eines freyen Bürgers in die Knechtschaft
brachte 60). Im Fall der Weigerung werde er ihn in
Ketten legen lassen. Nahm Appius die Sponsion an,
so entging er ebenfalls dem Kerker nicht, indem die
Thatsache des Verbrechens alsdann rechtlich entschieden
war, und dem Gericht nur der Ausspruch der Strafe
übrig blieb. Also beantwortete er diese Aufforderung
nicht, sondern rief die Hülfe der Tribunen an, die für
einen solchen Verbrecher nicht geschaffen war, und
schweigend verweigert ward. Bis zu dem Gerichtstage
ward er in den Kerker geworfen den er scherzend das
Quartier der Plebejer zu nennen gewohnt gewesen war 61),
Ehe dieser Tag kam suchte sein Oheim C. Claudius die
Begnadigung des Schuldigen vom Volk zu erbitten;
selbst unverdächtig der Mitschuld, weil er, nachdem es
ihm fehlgeschlagen war die Decemvirn zu bewegen ihre
Macht vor dem Senat niederzulegen, die Stadt ver-
lassen und in der alten Heimath zu Regillus gelebt
hatte. Er und alle Claudier mit ihren Clienten misch-

60) Livius III. c. 56. wo die Lesart zweifelhaft und dunkel
ist: u. c. 57. Proinde, ut ille iterum ac saepius provocet,
sic se iterum atque saepius judicem illi ferre, ni vindi-
cias ab libertate in servitutem dederit: si ad judicem non
eat pro damnato in vincula duci jubere.
61) Livius a. a. O. Quod domicilium plebis Romanae vo-
care sit solitus.
Das ist wohl ein alter patricischer Spaß,
aus Zeiten in denen die Patricier von Standeswegen völ-
lig befreyt von Einkerkerung waren.

haͤtte, ob er wahrlich als Richter gegen den Beſitz der
Freyheit erkannt; welches todeswuͤrdig war, indem es
die Perſon eines freyen Buͤrgers in die Knechtſchaft
brachte 60). Im Fall der Weigerung werde er ihn in
Ketten legen laſſen. Nahm Appius die Sponſion an,
ſo entging er ebenfalls dem Kerker nicht, indem die
Thatſache des Verbrechens alsdann rechtlich entſchieden
war, und dem Gericht nur der Ausſpruch der Strafe
uͤbrig blieb. Alſo beantwortete er dieſe Aufforderung
nicht, ſondern rief die Huͤlfe der Tribunen an, die fuͤr
einen ſolchen Verbrecher nicht geſchaffen war, und
ſchweigend verweigert ward. Bis zu dem Gerichtstage
ward er in den Kerker geworfen den er ſcherzend das
Quartier der Plebejer zu nennen gewohnt geweſen war 61),
Ehe dieſer Tag kam ſuchte ſein Oheim C. Claudius die
Begnadigung des Schuldigen vom Volk zu erbitten;
ſelbſt unverdaͤchtig der Mitſchuld, weil er, nachdem es
ihm fehlgeſchlagen war die Decemvirn zu bewegen ihre
Macht vor dem Senat niederzulegen, die Stadt ver-
laſſen und in der alten Heimath zu Regillus gelebt
hatte. Er und alle Claudier mit ihren Clienten miſch-

60) Livius III. c. 56. wo die Lesart zweifelhaft und dunkel
iſt: u. c. 57. Proinde, ut ille iterum ac sæpius provocet,
sic se iterum atque sæpius judicem illi ferre, ni vindi-
cias ab libertate in servitutem dederit: si ad judicem non
eat pro damnato in vincula duci jubere.
61) Livius a. a. O. Quod domicilium plebis Romanæ vo-
care sit solitus.
Das iſt wohl ein alter patriciſcher Spaß,
aus Zeiten in denen die Patricier von Standeswegen voͤl-
lig befreyt von Einkerkerung waren.
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[155/0171] haͤtte, ob er wahrlich als Richter gegen den Beſitz der Freyheit erkannt; welches todeswuͤrdig war, indem es die Perſon eines freyen Buͤrgers in die Knechtſchaft brachte 60). Im Fall der Weigerung werde er ihn in Ketten legen laſſen. Nahm Appius die Sponſion an, ſo entging er ebenfalls dem Kerker nicht, indem die Thatſache des Verbrechens alsdann rechtlich entſchieden war, und dem Gericht nur der Ausſpruch der Strafe uͤbrig blieb. Alſo beantwortete er dieſe Aufforderung nicht, ſondern rief die Huͤlfe der Tribunen an, die fuͤr einen ſolchen Verbrecher nicht geſchaffen war, und ſchweigend verweigert ward. Bis zu dem Gerichtstage ward er in den Kerker geworfen den er ſcherzend das Quartier der Plebejer zu nennen gewohnt geweſen war 61), Ehe dieſer Tag kam ſuchte ſein Oheim C. Claudius die Begnadigung des Schuldigen vom Volk zu erbitten; ſelbſt unverdaͤchtig der Mitſchuld, weil er, nachdem es ihm fehlgeſchlagen war die Decemvirn zu bewegen ihre Macht vor dem Senat niederzulegen, die Stadt ver- laſſen und in der alten Heimath zu Regillus gelebt hatte. Er und alle Claudier mit ihren Clienten miſch- 60) Livius III. c. 56. wo die Lesart zweifelhaft und dunkel iſt: u. c. 57. Proinde, ut ille iterum ac sæpius provocet, sic se iterum atque sæpius judicem illi ferre, ni vindi- cias ab libertate in servitutem dederit: si ad judicem non eat pro damnato in vincula duci jubere. 61) Livius a. a. O. Quod domicilium plebis Romanæ vo- care sit solitus. Das iſt wohl ein alter patriciſcher Spaß, aus Zeiten in denen die Patricier von Standeswegen voͤl- lig befreyt von Einkerkerung waren.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/171>, abgerufen am 26.11.2024.