der sich eine Nachricht erhalten hat: Appius anstößige Veränderung der Senatsliste gehört noch zu der alten Willkühr.
Anstatt der Curien welche über die erwählten Con- suln stimmten, ward die Wahl der Censoren durch die Centurien bestätigt 6) welches offenbar, wenigstens ur- sprünglich, auf andre Comitien deutet: aber nicht ganz ohne Zweifel die Folgerung berechtigt daß es die Tri- bus waren welche sie erwählten.
Die Dauer der censorischen Macht war ursprüng- lich ein ganzes Lustrum, oder fünf bürgerliche Jahre. Denn daß man sich nicht wie es schon Glareanus er- gangen ist durch Censorinus irre machen lassen darf, den die griechische Pentaeteris, und die Epochen der capitolinischen Spiele verleiteten, bedarf eigentlich kei- nes Beweises bey der Uebersicht der Lustern die uns die Fasten aus ungestörten Zeiten gewähren.
Unwiderleglich aber ist daß Appius Claudius der Blinde nach vollendeten achtzehn Monaten die Censur nicht niederlegen, sondern sie noch drey und ein halbes Jahr behaupten wollte, weil ihre Dauer fünfjährig sey 7). Der Dictator Mamercus Aemilius beschränkte sie schon im Jahr 321 auf jene achtzehn Monate, welche die Dauer ihrer eigentlichen hohen Gewalt waren. Andere achtzehn Monate wurden ihnen freylich in späteren Zei- ten vom Senat prorogirt, um die verdungenen Bauten vollendet zu sehen und anzunehmen; darin aber darf man
6) Cicero adv. Rullum. II. c. 11.
7) Livius IX. c. 33.
der ſich eine Nachricht erhalten hat: Appius anſtoͤßige Veraͤnderung der Senatsliſte gehoͤrt noch zu der alten Willkuͤhr.
Anſtatt der Curien welche uͤber die erwaͤhlten Con- ſuln ſtimmten, ward die Wahl der Cenſoren durch die Centurien beſtaͤtigt 6) welches offenbar, wenigſtens ur- ſpruͤnglich, auf andre Comitien deutet: aber nicht ganz ohne Zweifel die Folgerung berechtigt daß es die Tri- bus waren welche ſie erwaͤhlten.
Die Dauer der cenſoriſchen Macht war urſpruͤng- lich ein ganzes Luſtrum, oder fuͤnf buͤrgerliche Jahre. Denn daß man ſich nicht wie es ſchon Glareanus er- gangen iſt durch Cenſorinus irre machen laſſen darf, den die griechiſche Pentaeteris, und die Epochen der capitoliniſchen Spiele verleiteten, bedarf eigentlich kei- nes Beweiſes bey der Ueberſicht der Luſtern die uns die Faſten aus ungeſtoͤrten Zeiten gewaͤhren.
Unwiderleglich aber iſt daß Appius Claudius der Blinde nach vollendeten achtzehn Monaten die Cenſur nicht niederlegen, ſondern ſie noch drey und ein halbes Jahr behaupten wollte, weil ihre Dauer fuͤnfjaͤhrig ſey 7). Der Dictator Mamercus Aemilius beſchraͤnkte ſie ſchon im Jahr 321 auf jene achtzehn Monate, welche die Dauer ihrer eigentlichen hohen Gewalt waren. Andere achtzehn Monate wurden ihnen freylich in ſpaͤteren Zei- ten vom Senat prorogirt, um die verdungenen Bauten vollendet zu ſehen und anzunehmen; darin aber darf man
6) Cicero adv. Rullum. II. c. 11.
7) Livius IX. c. 33.
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der ſich eine Nachricht erhalten hat: Appius anſtoͤßige
Veraͤnderung der Senatsliſte gehoͤrt noch zu der alten
Willkuͤhr.
Anſtatt der Curien welche uͤber die erwaͤhlten Con-
ſuln ſtimmten, ward die Wahl der Cenſoren durch die
Centurien beſtaͤtigt 6) welches offenbar, wenigſtens ur-
ſpruͤnglich, auf andre Comitien deutet: aber nicht ganz
ohne Zweifel die Folgerung berechtigt daß es die Tri-
bus waren welche ſie erwaͤhlten.
Die Dauer der cenſoriſchen Macht war urſpruͤng-
lich ein ganzes Luſtrum, oder fuͤnf buͤrgerliche Jahre.
Denn daß man ſich nicht wie es ſchon Glareanus er-
gangen iſt durch Cenſorinus irre machen laſſen darf,
den die griechiſche Pentaeteris, und die Epochen der
capitoliniſchen Spiele verleiteten, bedarf eigentlich kei-
nes Beweiſes bey der Ueberſicht der Luſtern die uns die
Faſten aus ungeſtoͤrten Zeiten gewaͤhren.
Unwiderleglich aber iſt daß Appius Claudius der
Blinde nach vollendeten achtzehn Monaten die Cenſur
nicht niederlegen, ſondern ſie noch drey und ein halbes
Jahr behaupten wollte, weil ihre Dauer fuͤnfjaͤhrig ſey 7).
Der Dictator Mamercus Aemilius beſchraͤnkte ſie ſchon
im Jahr 321 auf jene achtzehn Monate, welche die
Dauer ihrer eigentlichen hohen Gewalt waren. Andere
achtzehn Monate wurden ihnen freylich in ſpaͤteren Zei-
ten vom Senat prorogirt, um die verdungenen Bauten
vollendet zu ſehen und anzunehmen; darin aber darf man
6) Cicero adv. Rullum. II. c. 11.
7) Livius IX. c. 33.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/199>, abgerufen am 23.11.2024.
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