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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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oder unterzeichneten 11) mündlichen Angabe die Schä-
zung des Vermögens berechnet ward. Dieses war ein
wesentlicher Grund die Einheit der assignirten plebeji-
schen Hufen zu erhalten: wenn diese nur im Ganzen
oder im Unzialverhältniß veräußert werden konnten, so
erhielt sich die Ordnung der Kataster weit leichter als
wenn einzelne Felder von unregelmäßigem Inhalt ab-
gerissen wären. Die Calculatur, und alle eigentliche
Büreaugeschäfte, welche in einigen Staaten als eine
nothwendige Vorschule der höheren Geschäfte betrachtet
werden, wurden zu Rom wie zu Athen, gleich Hand-
werksarbeiten, von Sklaven geführt 12), die auf Ko-
sten des Staats gekauft und darin unterrichtet waren.

Man mag immer so idealisch von der bürgerlichen
Tugend der ältesten Römer denken: obwohl im allge-
meinen Redlichkeit und Treue bey ihnen Natur waren,
so konnten doch die Ausnahmen nicht fehlen; und um
zu verhüten daß nicht viel steuerbares Eigenthum ver-
schwiegen ward, bedurfte es, außer der Angabe unter
dem Nahmen eines jeden, einer andern nach den Orten
der zu versteuernden Gegenstände geordneten: eines Re-
gisters nach den Tribus als Volkseintheilung, und eines
andern nach den Tribus als Regionen 13). Hätten
Grundstücke Steuerfreyheit erhalten wenn sie an einen
Latiner übergingen, wie es bey einer eigentlichen Ver-
mögenssteuer hätte geschehen müssen, so würden Schein-

11) Cicero pro Flacco c. 32. subsignari apud aerarium.
12) Livius XLIII. c. 16.
13) Cicero a. a. O. In qua tribu ista praedia censuisti?

oder unterzeichneten 11) muͤndlichen Angabe die Schaͤ-
zung des Vermoͤgens berechnet ward. Dieſes war ein
weſentlicher Grund die Einheit der aſſignirten plebeji-
ſchen Hufen zu erhalten: wenn dieſe nur im Ganzen
oder im Unzialverhaͤltniß veraͤußert werden konnten, ſo
erhielt ſich die Ordnung der Kataſter weit leichter als
wenn einzelne Felder von unregelmaͤßigem Inhalt ab-
geriſſen waͤren. Die Calculatur, und alle eigentliche
Buͤreaugeſchaͤfte, welche in einigen Staaten als eine
nothwendige Vorſchule der hoͤheren Geſchaͤfte betrachtet
werden, wurden zu Rom wie zu Athen, gleich Hand-
werksarbeiten, von Sklaven gefuͤhrt 12), die auf Ko-
ſten des Staats gekauft und darin unterrichtet waren.

Man mag immer ſo idealiſch von der buͤrgerlichen
Tugend der aͤlteſten Roͤmer denken: obwohl im allge-
meinen Redlichkeit und Treue bey ihnen Natur waren,
ſo konnten doch die Ausnahmen nicht fehlen; und um
zu verhuͤten daß nicht viel ſteuerbares Eigenthum ver-
ſchwiegen ward, bedurfte es, außer der Angabe unter
dem Nahmen eines jeden, einer andern nach den Orten
der zu verſteuernden Gegenſtaͤnde geordneten: eines Re-
giſters nach den Tribus als Volkseintheilung, und eines
andern nach den Tribus als Regionen 13). Haͤtten
Grundſtuͤcke Steuerfreyheit erhalten wenn ſie an einen
Latiner uͤbergingen, wie es bey einer eigentlichen Ver-
moͤgensſteuer haͤtte geſchehen muͤſſen, ſo wuͤrden Schein-

11) Cicero pro Flacco c. 32. subsignari apud ærarium.
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[185/0201] oder unterzeichneten 11) muͤndlichen Angabe die Schaͤ- zung des Vermoͤgens berechnet ward. Dieſes war ein weſentlicher Grund die Einheit der aſſignirten plebeji- ſchen Hufen zu erhalten: wenn dieſe nur im Ganzen oder im Unzialverhaͤltniß veraͤußert werden konnten, ſo erhielt ſich die Ordnung der Kataſter weit leichter als wenn einzelne Felder von unregelmaͤßigem Inhalt ab- geriſſen waͤren. Die Calculatur, und alle eigentliche Buͤreaugeſchaͤfte, welche in einigen Staaten als eine nothwendige Vorſchule der hoͤheren Geſchaͤfte betrachtet werden, wurden zu Rom wie zu Athen, gleich Hand- werksarbeiten, von Sklaven gefuͤhrt 12), die auf Ko- ſten des Staats gekauft und darin unterrichtet waren. Man mag immer ſo idealiſch von der buͤrgerlichen Tugend der aͤlteſten Roͤmer denken: obwohl im allge- meinen Redlichkeit und Treue bey ihnen Natur waren, ſo konnten doch die Ausnahmen nicht fehlen; und um zu verhuͤten daß nicht viel ſteuerbares Eigenthum ver- ſchwiegen ward, bedurfte es, außer der Angabe unter dem Nahmen eines jeden, einer andern nach den Orten der zu verſteuernden Gegenſtaͤnde geordneten: eines Re- giſters nach den Tribus als Volkseintheilung, und eines andern nach den Tribus als Regionen 13). Haͤtten Grundſtuͤcke Steuerfreyheit erhalten wenn ſie an einen Latiner uͤbergingen, wie es bey einer eigentlichen Ver- moͤgensſteuer haͤtte geſchehen muͤſſen, ſo wuͤrden Schein- 11) Cicero pro Flacco c. 32. subsignari apud ærarium. 12) Livius XLIII. c. 16. 13) Cicero a. a. O. In qua tribu ista prædia censuisti?

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/201>, abgerufen am 23.11.2024.