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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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nen, Veji sey nach der damaligen Belagerungskunst ein-
genommen, wo das Untergraben der Mauern eines der
bedeutendsten Angriffsmittel war: die Erwähnung des
Cuniculus sey dichterisch so umgestaltet. Weit wahrschein-
licher ist es aber daß hier eine ganz freye Dichtung
herrscht. Veji ist das von alter römischer Dichtkunst
nachgebildete Ilion: daher die zehnjährige Belagerung;
gegen Annalen und Möglichkeit: daher der in die Burg
geführte Gang voll Bewaffneter: das Roß des Epeus,
auf Trojas Pergamum hinaufgebracht.

Der Triumph des Dictators übertraf die herkömm-
liche Sitte an Glanz so weit wie die Wichtigkeit der Ero-
berung die gewohnten Siege. Doch soll sein Stolz die
Gemüther des Volks von ihm abgewandt haben: denn in-
dem er mit dem Gespann Jupiters oder Sols durch die
Stadt auf das Capitolium zog war er des demüthigen Ge-
bets nicht mehr eingedenk womit er, im Anschauen seines
Siegs, um schonende Züchtigung wegen übermäßiges Glücks
für die Republik und sich gefleht hatte. Abhold ward ihm
das Volk noch mehr, weil er, was vor der Eroberung
verschwiegen war, auch noch eine Zeit nachher Geheimniß
blieb, spät, und da die Beute nicht nur vertheilt, sondern
zum Theil schon verthan war, erklärte, er habe dem pythi-
schen Apollo den Zehenten gelobt. Dieses Gelübde, wie
es von der persischen Beute verheissen ward, ist in der
griechischen Geschichte häufig; in der römischen einzig in
diesem Beyspiel. Zeitig verkündigt, und vor der Ver-
theilung ausgeführt, würde es den religiösen Gemüthern
der Römer ehrwürdig gewesen seyn, ohne den einzelnen

nen, Veji ſey nach der damaligen Belagerungskunſt ein-
genommen, wo das Untergraben der Mauern eines der
bedeutendſten Angriffsmittel war: die Erwaͤhnung des
Cuniculus ſey dichteriſch ſo umgeſtaltet. Weit wahrſchein-
licher iſt es aber daß hier eine ganz freye Dichtung
herrſcht. Veji iſt das von alter roͤmiſcher Dichtkunſt
nachgebildete Ilion: daher die zehnjaͤhrige Belagerung;
gegen Annalen und Moͤglichkeit: daher der in die Burg
gefuͤhrte Gang voll Bewaffneter: das Roß des Epeus,
auf Trojas Pergamum hinaufgebracht.

Der Triumph des Dictators uͤbertraf die herkoͤmm-
liche Sitte an Glanz ſo weit wie die Wichtigkeit der Ero-
berung die gewohnten Siege. Doch ſoll ſein Stolz die
Gemuͤther des Volks von ihm abgewandt haben: denn in-
dem er mit dem Geſpann Jupiters oder Sols durch die
Stadt auf das Capitolium zog war er des demuͤthigen Ge-
bets nicht mehr eingedenk womit er, im Anſchauen ſeines
Siegs, um ſchonende Zuͤchtigung wegen uͤbermaͤßiges Gluͤcks
fuͤr die Republik und ſich gefleht hatte. Abhold ward ihm
das Volk noch mehr, weil er, was vor der Eroberung
verſchwiegen war, auch noch eine Zeit nachher Geheimniß
blieb, ſpaͤt, und da die Beute nicht nur vertheilt, ſondern
zum Theil ſchon verthan war, erklaͤrte, er habe dem pythi-
ſchen Apollo den Zehenten gelobt. Dieſes Geluͤbde, wie
es von der perſiſchen Beute verheiſſen ward, iſt in der
griechiſchen Geſchichte haͤufig; in der roͤmiſchen einzig in
dieſem Beyſpiel. Zeitig verkuͤndigt, und vor der Ver-
theilung ausgefuͤhrt, wuͤrde es den religioͤſen Gemuͤthern
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[237/0253] nen, Veji ſey nach der damaligen Belagerungskunſt ein- genommen, wo das Untergraben der Mauern eines der bedeutendſten Angriffsmittel war: die Erwaͤhnung des Cuniculus ſey dichteriſch ſo umgeſtaltet. Weit wahrſchein- licher iſt es aber daß hier eine ganz freye Dichtung herrſcht. Veji iſt das von alter roͤmiſcher Dichtkunſt nachgebildete Ilion: daher die zehnjaͤhrige Belagerung; gegen Annalen und Moͤglichkeit: daher der in die Burg gefuͤhrte Gang voll Bewaffneter: das Roß des Epeus, auf Trojas Pergamum hinaufgebracht. Der Triumph des Dictators uͤbertraf die herkoͤmm- liche Sitte an Glanz ſo weit wie die Wichtigkeit der Ero- berung die gewohnten Siege. Doch ſoll ſein Stolz die Gemuͤther des Volks von ihm abgewandt haben: denn in- dem er mit dem Geſpann Jupiters oder Sols durch die Stadt auf das Capitolium zog war er des demuͤthigen Ge- bets nicht mehr eingedenk womit er, im Anſchauen ſeines Siegs, um ſchonende Zuͤchtigung wegen uͤbermaͤßiges Gluͤcks fuͤr die Republik und ſich gefleht hatte. Abhold ward ihm das Volk noch mehr, weil er, was vor der Eroberung verſchwiegen war, auch noch eine Zeit nachher Geheimniß blieb, ſpaͤt, und da die Beute nicht nur vertheilt, ſondern zum Theil ſchon verthan war, erklaͤrte, er habe dem pythi- ſchen Apollo den Zehenten gelobt. Dieſes Geluͤbde, wie es von der perſiſchen Beute verheiſſen ward, iſt in der griechiſchen Geſchichte haͤufig; in der roͤmiſchen einzig in dieſem Beyſpiel. Zeitig verkuͤndigt, und vor der Ver- theilung ausgefuͤhrt, wuͤrde es den religioͤſen Gemuͤthern der Roͤmer ehrwuͤrdig geweſen ſeyn, ohne den einzelnen

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/253>, abgerufen am 24.11.2024.